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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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Da kam Ermenrich zu der Einsamen, und als sie ihn von sich wies, kränkte er gewaltsam ihre Ehre. Dem bald darauf heimkehrenden Sibich trat Odilia weinend unter der Haustür entgegen und klagte ihm das Geschehene. Ergrimmt antwortete Sibich: "Sei ruhig, Weib, und stelle dich, als sei nichts geschehen; bisher hiess ich der getreue Sibich, nun will ich ein ungetreuer Sibich werden; – ich räche die Schmach."
    Sibich war ein mittelgrosser, starker Mann; rot waren ihm das Haar und der lange Bart, sein lichtfarbiges Antlitz voll roter Flecken. Er änderte nun seine Gemütsart, rachgierig, hinterlistig, treulos und harten Herzens führte er seine furchtbare Rache aus.
    Vor König Ermenrich neigte er sich und diente ihm scheinbar treu wie zuvor. Bald riet er seinem Herrn, von König Oserich, der damals noch lebte, Schatzung zu heischen, und deshalb sollte er seinen Sohn Friedrich in geringer Begleitung, wie es einem Boten zieme, nach Wilkinenland senden. Als der Königssohn nun in eine Wilkinenburg einritt, wurde er von dem Burggrafen, einem Blutsfreunde Sibichs, erschlagen. Heimlich hatte Sibich den Grafen dazu aufgefordert. Ermenrich aber glaubte, der Mord sei auf Oserichs Befehl geschehen. Noch bevor Friedrichs Tod in Romaburg bekannt wurde, entsandte Ermenrich – wiederum auf Sibichs Rat – einen andern Sohn, Reginbald, zu Schiff nach England; der sollte dort Schatzung fordern. Sibich wies ihm ein altes, gebrechliches Fahrzeug an, das sank, sobald es auf offene See kam, und Reginbald ertrank mit allen seinen Mannen. Wohl betrübte den König der Verlust seiner Söhne, aber sein gieriger Sinn folgte immer wieder den Ratschlägen Sibichs.
5. Von den Harlungen.
    König Ermenrichs Bruder, Harlung, der auf der Fritilaburg gebot, war gestorben. Um seine Witwe, die schöne Bolfriana, warb Dietrich für Wittig. "Ich will ihm Frau und Burg geben," entschied Ermenrich, "wenn Wittig fortan mir so treu dienen wird wie bisher dir." Und so ward es vereinbart und ward Wittig Ermenrichs Graf. Auch Heime trat in Ermenrichs Dienst.
    Die verwaisten Harlunge Fritila und Imbreke lebten zu Breisach in der Hut ihres Pflegers, des getreuen Ekkehart. Ihres Schatzes und Landes war nicht wenig, und leicht gelang es Sibich, Ermenrich danach begierig zu machen; durch verleumderische Beschuldigungen reizte er den König gegen seine eignen Neffen auf. Das geschah in des Königs Halle, als Ekkehart zufällig dort war.
    "Friedlos sollen die Harlunge vor mir sein," sprach Ermenrich, "und das schwör’ ich; ich will sie hängen so hoch, wie nie vorher eines Menschen Kind gehangen hat."
    "Wehe!" rief Ekkehart, "ehe das geschieht, muss erst mancher Helm gespalten werden; und der Kopf folgt nach!"
    "Dein übermütig Reden frommt ihnen nichts; lieber häng’ ich sie noch höher."
    "Das sollst du nicht, solange ich noch aufrecht stehen kann," antwortete Ekkehart, ging fort, schwang sich aufs Ross und ritt nach Breisach, so schnell er konnte. Und als er an den Rhein kam, sass er ab und schwamm durch den Strom, das Ross folgte. Nun standen die Harlunge gerade auf der Zinne ihrer Burg und sahen einen Mann in den Fluss springen und durchschwimmen. Fritila erkannte ihn zuerst und sprach zu Imbreke: "Dort schwimmt Ekkehart, unser Pfleger; er muss vielwichtige Botschaft haben, weil er nicht auf den Fährmann wartete. Lass uns hinabgehen."
    Wie Ekkehart ans Ufer kam, gingen die Brüder ihm entgegen und befragten ihn, warum er so eilte.
    "Grosse Not treibt mich dazu; König Ermenrich ist auf der Fahrt hierher mit einer Heerschar, euch zu ermorden; eilt und rettet euch."
    "Wir werden schon versöhnt werden mit ihm," entgegneten die Brüder, "warum sollten wir unsern Oheim fürchten?"
    Ekkehart erzählte nun, was in der Königshalle geschehen war, aber die Harlunge wollten nicht fliehen und zogen die Brücke über dem Graben auf, sich in der Burg zu verteidigen. Bald langte Ermenrich mit seinem Heere vor derselben an; er ritt, so nah er konnte, an den Graben und schoss seinen Speer hinüber und in die Burg. Fritila trat auf die Mauer und fragte: "Herr, wessen klagst du uns an, dass du unsre Burg nehmen willst und unsern Tod heischest?"
    "Nicht euch Rede zu stehn kam ich her," antwortete Ermenrich. "Heute noch sollt ihr hängen, an dem höchsten Baum, den ich finde."
    Der Sturm begann, aber lange trotzten die festen Mauern. Da wusste Sibich Rat; aus grossen Wurfschleudern liess er Feuer in die Feste schiessen, dass Stadt und Schloss aufloderten.
    Nun war der treue

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