Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
Volker von Alzei ihn in hohen Ehren halten. Krimhild hat er noch nicht gesehen; aber sie hat ihn heimlich gar oft im Hofe beim Waffenspiel betrachtet und seitdem wohl nicht mehr Mannesliebe und Ehe verschworen wie vordem; sie hatte einmal im Traum einen edeln Falken, den sie manchen Tag gezogen, von zwei Aaren zerkrallt gesehen, was ihr Frau Ute auf einen geliebten Gatten gedeutet hatte. Nachdem Siegfried einen Sachsen- und einen Dänenkönig, welche das Burgundenreich bedroht, besiegt und gefangen, wird ihm bei dem Siegesfeste zuerst der schönen Krimhild Anblick gewährt, der ihn sofort mit tiefster Liebe erfüllt. Da begehrte Gunther die gewaltige Jungfrau Brünhild, die jenseits der See auf dem Eisenstein auf Island gebot, zum Weibe; die hielt mit jedem Freier drei Kampfspiele, und wer in einem unterlag, verlor das Haupt; noch nie war sie besiegt worden. Siegfried erbot sich, mitzuziehen und die Unbezwungene zu bezwingen, wenn er Krimhilds Hand zum Lohn erhalte. Diese ward ihm zugesagt, und nun bezwang Siegfried, in der Tarnkappe unsichtbar hinter Gunther stehend und schwebend, die getäuschte Jungfrau, welche nun König Gunther als Braut folgen musste. Alsbald wurden die beiden Paare zu Worms mit grosser Pracht getraut; aber noch einmal musste Siegfried an Gunthers Stelle in dunklem Gemach Brünhilds Widerstand brechen, bevor sie des Königs Kuss und Umarmung sich fügte. Dabei streifte Siegfried ihr einen Ring vom Finger und nahm ihren Gürtel mit; beide schenkte er Krimhild, ihr das Geheimnis jener Nacht anvertrauend. Siegfried und Krimhild ziehen darauf nach Niederland, wo sie zehn Jahre herrlich herrschen; ihr Söhnlein heisst Gunther. Gunthers und Brünhilds Knabe wird Siegfried genannt. Brünhild grollt nun – sehr wenig motiviert! – darüber, dass Siegfried, der sich auf Island bei ihr als Gunthers Dienstmann ausgegeben, so herrlich über Niederland und das Nibelungenreich herrsche, und setzt es durch, – denn sie will Siegfried "dienen" sehen – dass er und Krimhild nach Worms geladen werden. Bei diesem Besuche rühmt nun – wieder sehr ungenügend begründet! – Krimhild, ihr Mann sei der herrlichste Held. Brünhild stellt Gunther höher, da Siegfried nur dessen Dienstmann sei, und wie sie darauf nach heftigem Streit beide zum Münster gehn, verlangt sie vor allem Volk offen als Königin den Vortritt vor Krimhild, des Dienstmanns Weib. Krimhild antwortet, Brünhild sei ja nicht durch Gunther, sondern durch Siegfried zur Frau gemacht worden in jenem nächtlichen Ringen, und zum Beweise weist sie Brünhilds eignen Gürtel dar. Darauf schwört zwar Siegfried, dass er in jener Nacht nur für Gunther Brünhild bezwungen habe. Aber diese versinkt – man weiss wieder nicht, weshalb; da sie Siegfried nie geliebt hat! – trotzdem in tiefste Trauer. Hagen von Tronje gelobt ihr, sie durch Siegfrieds Tod zu rächen und reizt auch Gunther zu dem Mord, indem er ihn auf den Hort und die Reiche Siegfrieds verweist, die dann den Burgunden untertan würden. Gunther willigt endlich ein; es wird ein neuer Angriff der Dänen und Sachsen vorgegeben; Siegfried erbietet sich sofort, wider sie zu ziehen. Krimhild bittet Hagen, über sein Leben zu wachen und verrät die eine Stelle, wo die "hörnerne Haut" nicht schirmt, weil während des Badens im Drachenblut ein Lindenblatt darauf gefallen war, und sie näht mit Seide fein ein Kreuzlein auf die Stelle im Nacken, zwischen den Schultern. Alsbald wirft Hagen Siegfried, als dieser auf der Jagd im Odenwald niederkniet, aus einem Quell zu trinken, den Speer in den Nacken und tötet ihn. Zwar will Gunther die Tat leugnen und auf Schächer im Walde schieben; aber Krimhild verlangt das Gottesurteil des Bahrgerichts, d. h. sie fordert, die von ihr Beschuldigten sollen an die Leiche treten; als Hagen herantritt, bricht die Wunde wieder auf und blutet aufs neue, die Schuld des Mörders erwahrend. Brünhild triumphiert. Hagen beredet Gunther, Krimhilds Verzeihung zu gewinnen, um durch sie den Nibelungenhort in das Land zu schaffen. Krimhild lässt sich auch wirklich mit Gunther versöhnen, nur nicht mit Hagen, und schafft den Nibelungenhort, den ihr Siegfried zur Morgengabe geschenkt, nach Worms. Dadurch gewinnt sie so viele Freunde und Dienstmannen, dass Hagen Gunther beredet, um ihrer Rache vorzubeugen, ihr den Hort zu rauben. Das geschieht mit abermaliger Täuschung; aber alsbald bemächtigt sich Hagen allein des Hortes und senkt ihn zu Lochheim in den Rhein, auf dass er
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