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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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("Marspforten") stand.
    Leider ist in der nur so trümmerhaft auf uns gelangten Überlieferung Genaueres über diesen Gott – offenbar einen der allerwichtigsten – nicht erhalten. Eine Geschichte nur kann von ihm erzählt werden.
    Der böse Loki hatte von einem Riesenweib, Angur-boda (der "Angst-Botin"), drei Kinder; Hel, die Midgardschlange und den Fenriswolf; diese drei furchtbaren Geschwister wurden in Riesenheim erzogen. Die Götter, zumal Odin, ahnten und erkannten, dass von diesen drei Unholden Verrat und Verderben drohe; – der Mutter und des Vaters Art konnten ja nur Böses auf sie vererben. So schickte Odin die Götter aus, ihm die dreifache Riesenbrut zu bringen. Als er sie vor sich hatte, warf er die Schlange in das tiefste Meer, das den Erdkreis umschliesst, Hel nach Niflheim, auf dass sie die an Alter oder Siechtum Sterbenden aufnehme (unten Buch III, II), der Wolf aber ward nun bei den Göttern untergebracht. Er war jedoch schon von Anfang so furchtbar, dass nur Tyr es wagte, zu ihm zu gehen und ihm das Futter zu bringen. Allein er wurde von Tag zu Tag immer schrecklicher, und alle Weissagungen verkündeten, er werde dereinst der Asen Verderben. Da beschlossen sie, ihn an eine recht starke Fessel zu binden (weshalb sie ihn nicht töten, wird nicht gesagt; freilich war dieser Ausweg abgeschnitten durch die unabänderlich feststehende Vorbestimmung der Götterdämmerung), und um ihn zu bewegen, sich die Kette gutwillig anlegen zu lassen, stellten sie ihm das listig als Beweis seines Selbstvertrauens in seine Kraft dar; der Wolf blickte geringschätzig auf die Fessel, liess sich binden, und sowie er sich nur einmal streckte, lag sie zerrissen. Da schmiedeten die Götter eine Kette, die war noch einmal so stark als die erste, und reizten den Wolf, sich auch diese anlegen zu lassen, indem sie ihm vorhielten, wie berühmt er werden würde, wenn auch so starke Bande ihn nicht zwängen. Zwar sah das Untier, dass diese zweite Fessel viel stärker sei; aber er tröstete sich, dass ja auch seine Kraft inzwischen gewachsen sei, "und ohne Gefahr zu bestehen, wird man freilich nicht berühmt", dachte der Wolf bei sich. So liess er sich denn abermals binden; als aber die Asen sagten, nun sei es geschehen, da schüttelte er sich nur, schleuderte die Kette zu Boden; – weit davon flogen die zerbrochenen Stücke, – und Lokis Sohn war auch von diesem Bande frei. Da fürchteten die Götter, sie würden das Ungetüm gar nicht binden können. Odin aber schickte Freyrs Diener Skirnir (s. unten Freyr) zu Zwergen in Svartalfaheim, welche als die kundigsten Zauberschmiede galten. Diese schufen denn nun eine Fessel, genannt Gleipnir; die war gemacht aus sechserlei Sachen: aus dem Schall des Katzentritts, aus dem Bart der Weiber, aus den Wurzeln der Berge, aus den Sehnen des Bären, aus der Stimme der Fische und aus dem Speichel der Vögel. "Diese Kette war so weich wie ein Seidenband"; die Götter dankten Skirnir, dass er den Auftrag so gut ausgerichtet habe; denn sie alle vermochten nicht, es zu zerreissen. Sie forderten nun den Wolf auf, es sich wie die beiden früheren anlegen zu lassen. Der aber antwortete sehr richtig: "Ist diese dünne Schnur ein gewöhnliches Band, ohne Trug und Zauberwerk gefertigt, so werd’ ich keinen Ruhm dabei haben, sie zu zerreissen. Ist es aber Zauberwerk, so werde ich nicht so töricht sein, es mir anlegen zu lassen." Arglistig erwiderten die Götter: "Sei unbesorgt! Kannst du nicht einmal ein so dünnes Band zerreissen, sehen wir ja, dass du so schwach bist, dass du uns gewiss nicht schaden kannst, und dann lassen wir dich, als ungefährlich, gleich wieder los." Der Wolf aber meint ahnungsvoll: "Bin ich erst einmal so fest gebunden, dass ich mich selbst nicht befreien kann, dann wird Spott und Hohn mein Teil, und ich werde wohl lange zu warten haben, bis ihr mir helft. Jedoch, damit ihr mich nicht feig schelten könnt; – wohlan, ich will mir die Fessel anlegen lassen. Aber einer von euch muss mir die Hand in den Rachen stecken, zum Pfande dafür, dass nicht List und Zaubertrug dabei im Spiele ist." Da sah ein Ase scheu auf den andern; alle wussten ja, das Band sei kein natürliches, und keiner wollte seine Hand daran wagen. Da bot Tyr, der Beherzte, die Hand dar und hielt sie dem Ungetüm in den Rachen. Die Fessel ward dem Wolf nun angelegt und siehe: – sie erhärtete sofort, die seidenweiche, sowie sie den Wolf erfasst hatte und erwies sich als unzerreissbar; ja, je mehr der Wolf

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