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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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entstand an Stelle des weggepflückten Landstückes ein See, Lögr, dessen Buchten daher den vorspringenden Küstenspitzen von Seeland entsprechen, wie die Scheide dem Schwert. Gefion vermählte sich zu Lethra, der dänischen Königsburg, auf Seeland, mit Skiold und ward so der Skiöldunge Stammutter.
    Frigg, Odins rechtmässige Gemahlin, der Hera-Juno entsprechend, ist die Göttin der Ehe, des heiligen Herdes, des ehelichen Hauses, der ehehäuslichen Wirtschaft; sie ist das Urbild der germanischen Hausfrau, mit deren ernsten Pflichten und stolzen Rechten. Daher ist sie die Lehrerin und Beschirmerin des Spinnens, daher führt sie am Gürtel die Schlüssel als Zeichen ihrer Schlüsselgewalt, d. h. der Leitung des Hausstandes. Wie Hera-Juno ist sie – freilich nicht immer ohne Grund; der wärmste Freund Odin-Wotans muss ihr das einräumen! – oft recht eifersüchtig auf ihren Gemahl. Dass er vermöge seiner Naturgrundlage und vermöge seiner verschiedenen geistigen Aufgaben von der Göttersage gar manche Frau und Freundin ausser Frigga zugedichtet erhalten muss; – diese Notwendigkeit einzusehen hat Frau Frigga niemals über ihr Frauenherz gebracht.
    Friggs Vater heisst Fiörgyn, weil sie ursprünglich mit der Erdgöttin Jörd, dessen Tochter, identisch war; ihre Halle heisst Fensal, was auf Sumpf und Meer deutet [Fußnote: Die hierfür versuchten Erklärungen sind wenig befriedigend.] .
    Als Spinnerin lebt Frigg bis heute im Glauben des Volkes fort; die drei Sterne, welche den Gürtel des Sternbildes Orion bilden, heissen "Friggs Rocken". Bei den Bayern und Schwaben geht sie heute noch um als Berchtfrau, Frau Bercht, d. h. Berahta, die Glänzende, wie die Sage die Mutter Karls des Grossen Bertha die Spinnerin [Fußnote: Übrigens heisst diese sagenhafte Königin auch "la reine pédauque", Königin Gänsefuss; dieselbe sollte Füsse wie die Schwimmvögel haben; man hat das darauf zurückgeführt, dass Freya als Walküre im Schwanenhemd erscheint, oder geradezu als Schwan; aber nicht Freya, Frigg ist die spinnende Göttin.] nannte und wie die verlorene goldene Zeit, da diese Göttin des Segens herrschte, beklagt wird mit dem Seufzer: "Die Zeit ist hin, da Bertha spann [Fußnote: Auch italienisch; non è piú il tempo, che Berta filava.] ". Daher geht noch heute nach dem Glauben des oberdeutschen Landvolkes um die Zeit, da die Spinnarbeit vollendet sein, jede Dirne mit dem zugeteilten Masse Flachs fertig sein muss – bis zu Lichtmess (zweiten Februar) – eine hehre Gestalt in dem Dorf um; nach dem Gebetläuten in der Dämmerstunde wandelt durch die verschneiten Gassen und Gangsteige eine hohe Frau, ganz in weisses Linnen gehüllt, vom Haupte, von welchem sich manchmal eine goldene Locke durch des Schleiers Falten stiehlt, bis zu den Riemenschuhen; sie lugt durch die Butzen-Scheiben der niederen Fenster in die erleuchteten Stuben und prüft, ob die Spinnarbeit sauber vollendet; die fleissige, reinliche Magd belohnt sie, aber wehe der trägen, unsauberen! Sie tritt nachts an deren Bett und schneidet ihr mit dem langen Krumm-Messer den Leib auf, den noch nicht abgesponnenen Flachs und den etwa nachlässig in der Stube gelassenen Kehricht hineinstopfend, mit der Pflugschar statt mit der Nadel und mit einer Eisenkette statt des Zwirns näht sie die Öffnung zu. Doch gibt es ein Mittel, sich zu schützen; wenn die Magd fleissig von den fetten Kücheln gegessen hat, welche um diese Zeit gebacken werden, so glitscht das Messer unschädlich ab; die Schuldige hat die Göttin wieder versöhnt durch eifrige Teilnahme an dem Opferschmaus, der dieser zu Ehren gehalten ward. Auch findet um Fastnacht in vielen Gauen das "Berchtenlaufen" statt, d. h. die Frau Berahta, eine in Weiss gekleidete Gestalt, hält ihren Umzug mit allerlei Gefolgschaft, in welcher auch Wotan und andre Götter, freilich fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt, auftreten. Sie sammeln von jedem Hause Gaben [Fußnote: Dies Gabenheischen heisst "zampern"; man hat hieraus einen Sondernamen unsrer Göttin Zampe erschlossen; der fragliche Tag heisst; Zimbertstag, was bald auf die Göttin Zimpe (Zampe), bald auf Sint Berth (Sankta Bertha) zurückgeführt wird. – Auch an die von Tacitus erwähnte Göttin Tanfana hat man dabei gedacht, welche im Lande der Marsen (bei Dortmund?) ein von den Römern zerstörtes Weihtum hatte; Tanfana wird von "Dampf" abgeleitet, der heilige Rauch des Herdfeuers, so dass sie eine Herdgöttin gewesen wäre, was gut zu der göttlichen

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