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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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sich, dass auch später noch die beiden nahe verwandten und stabreimenden Göttinnen Frigg und Freya miteinander oft verwechselt werden, was freilich nicht ausschliesst, dass die jugendlich-feurige Freya als Göttin der Liebe zu Frigga, der gestrengen und eifersüchtig das Recht der Ehe wahrenden Hausmutter, auch wohl einmal in Gegensatz tritt.
    Sehr bezeichnend für die Doppelart der Hel; die finstere, Grab und Tod bedeutende und zugleich die leben-nährende und für das Wiederemporsteigen des geschützten Keimes unentbehrliche, ist es nun, dass Hel selbst oder die bei ihr weilenden Jungfrauen halb schwarze und halb weisse Haut- und Gewandfarbe tragen. Die in die Unterwelt verwünschte, zum Aufenthalt in der Grabestiefe für bestimmte Zeit verdammte Maid ist schwarz, sofern sie der Tiefe verfallen, aber weiss, sofern sie der Erlösung, der Befreiung, d. h. durch den sieghaft einbringenden lichten Ritter fähig ist (den Sonnenstrahl; s. Skirnisfahrt).
    Daher in vielen Sagen und Märchen auch wohl darauf geachtet wird, ob der kühne Befreier die zu Rettende schon ganz schwarz geworden antrifft; – dann ist sie verloren – oder ob noch Weisses an ihr haftet; dann ist sie noch zu erlösen. Das ward dann in Kirchensagen auch wohl auf die im Fegefeuer harrenden Seelen übertragen.
    Als Königin der schaurigen Tiefe, als Beherrscherin der Schrecken, als Fürstin der finsteren Unterwelt erscheint Hel auch als Gebietigerin der Straforte für Frevler, welche nach dem Tode die Schuld ihres Lebens zu büssen haben; so ward die persönlich gedachte Göttin Hel der Heiden zu der räumlich gedachten Hölle des christlichen Mittelalters. Aber erst das Christentum hat uns die Hölle heiss gemacht; nach germanischer Anschauung ist der Strafort der abgeschiedenen Seelen eine kalte Wasserhölle; Ströme [Fußnote: Die Seherin schildert Hel und die Straforte so; ein Saal steht, der Sonne unerreichbar, an den Leichenstränden; nordwärts wendet sich die Tür. Gifttropfen fallen herein durch die Lichtlöcher. Geflochten ist der Saal aus Schlangenrücken. Da durchwaten reissende Ströme meineidige Männer und Mörder, da saugt Nid-höggr die Leichen der Abgeschiedenen. Es zerreisst der Böse (Friedlose, Frevler) die Männer.] unter der Erde, eben im Reiche Hels, welche Schwerter, Schlangen und Leichen dahinwälzen; mitten in diesem Gewoge treiben die Verstorbenen dahin, welche auf Erden die Schuld des Meineids, des Mordes an Gesippen und Ähnliches verübt haben; aber die Qualen dieser germanischen Hölle sind nicht ewige (s. unten: Götterdämmerung).
    Die Brücke, welche nach der Unterwelt führt durch Steinklüfte, wird von der Riesin Môdgudr (Seelenstreit) bewacht. Sie ist eine Anklägerin; als Brunhild den Ritt nach Hel tut, wehrt ihr die Riesin den Weg, indem sie ihr die während ihres Lebens auf der Erde begangene Schuld vorhält.
    Eine Göttin der Schrecken, die Riesin der grausigen Tiefe, welche alles Leben hinabschlürfen will, ähnlich wie die Wasserriesin Ran die Ertrinkenden, wurde Hel wohl erst später, nachdem ihre wohltätigen Seiten in der Erbgöttin Nerthus oder Jörd sowie in Frigg besonderen Ausdruck gefunden hatten. Als böse Unholdin schildert sie eine offenbar jüngere Darstellung; ihr Saal heisst Elend, Hunger ihre Schüssel, ihr Messer Gier, ihr Knecht Gangträge, ihre Magd Ganglässig, ihre Schwelle Einsturz, ihr Bett Kummer, ihr Vorhang drohendes Verderben; sie ist nur zur Hälfte menschenfarb, zur andern Hälfte schwarz (schwarzblau, blâ); also kenntlich genug durch ihr furchtbares Aussehen [Fußnote: Mit Hel, Holle zusammengesetzte Ortsbezeichnungen sind in Skandinavien, Deutschland, England sehr häufig.] .
    Vielleicht aber waren früher neben jenen Straforten in Hels Reich auch Räume seligen Aufenthalts gedacht, welche erst später ausschliessend nach Asgard verlegt wurden, wobei dann das Fortleben in Hel auch für Schuldlose nurmehr als ein freudloses, schattenhaftes gedacht wurde, nachdem der vergeistigte Odin und sein Walhall in den Vordergrund getreten waren. Wenigstens würde jene Annahme am besten erklären, dass Sagen und Märchen im Reiche der Unterwelt, im Schoss der Berge, in Höhlen, unterhalb der Seen und Teiche anmutreiche Gärten, blumige Wiesen, goldene Säle kennen, in welchen die Seelen der schuldlosen Abgeschiedenen ein frohes Dasein führen; wird doch auch für Baldur festlicher Empfang in Hels geschmücktem Saal bereitet.
    Die segensreiche Wirkung Hels allein wird hervorgehoben, wenn

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