Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
Drachen, der das Land verwüstet und ausraubt, sinkt aber selbst, auf den Tod verwundet, zusammen; es sind die Herbsthochfluten, welche die Ernte, den Reichtum des Landes, rauben wollen; Beowulf, alt geworden, stirbt, nachdem er auch diesem Feinde gewehrt. Ursprünglich war es der Sonnengott Freyr, der, im Frühling jung, im Spätherbst gealtert, jene Unholde bekämpft; erst später ward aus dem göttlichen Helden der halb-göttliche Beowulf.
Grosse Helden und Königsgeschlechter stammen oft von Meer-Riesen oder Meer-Elben ab, welche die am Strande wandelnden Königstöchter mit Gewalt sich zum Weibe genommen; wie Ortnit und Dietrich von Bern wird auch das geschichtliche Königshaus der salfränkischen Mero-vinge auf einen solchen Meer-wicht zurückgeleitet. Wieland der Schmied (s. diesen unten) war ein Sohn Wates, der im Gudrun-Lied als Heermeister der Hegelinge auftritt, ursprünglich aber ein Wasserriese war, durch dessen "Waten" die Wiederkehr von Flut und Ebbe bewirkt ward; er gilt als Sohn der Wasser-Minne (d. h. Elbin) Wâchilt; später ward er mit Christophorus, dem watenden Träger Christi, zusammengebracht. Ein andrer Meer-Riese ist der Gebieter der Walfische, welche er, als seine Eber, in das hohe Meer führt.
Wasser-Riesen, aber nicht Meer-Riesen, sondern Vertreter verderblicher Bergströme, welche in reissenden Wirbeln mit mehrfachen (z. B. acht) Armen Bauland, Gehöfte, Herden, Menschen verschlingen, sind Hergrim und Starkadr. Letzterer, "achthändig", besiegt den schwächeren Giessbach Hergrim im Kampf um ein Mädchen, Alfa-sprengi, das Starkadr verlobt, aber von Hergrim mit ihrem Willen entführt war; nachdem Hergrim gefallen, tötete sie sich selbst, um nicht Starkadr anzugehören: "ein schimmernder Staubbach, um den sich zwei benachbarte Stromriesen zu streiten scheinen". Starkadr riss alle fahrende Habe Hergrims an sich: "der mächtigere Strom reisst die Wasserschätze des Besiegten an sich". – Auch den Sohn Hergrims und Alfasprengis nimmt er nun in seine Erziehung; einen aus der Vereinigung der beiden entsprungenen Bach reisst der stärkere Strom an sich. Starkadr raubte nun Alf-hild, die Tochter Königs Alfs von Alfheim (natürlich eine Elbin; abermals ein Gewässer? oder eine fruchtbare Flur?), ward aber von Thor getötet, indem ihn der Gott von einem Felsen stürzte; der dem Ackerbau höchst verderbliche Bergstrom wird durch den mittels Wasserbauten das Bauland schützenden Gott des Ackerbaues über einen Fels hinabgeleitet.
Winter-Riesen gar mannigfaltiger Art und Benennung zeigen uns recht deutlich, wie stark der im hohen Norden dem Menschen und seinem Leben und Wirtschaften so machtvoll widerstreitende Winter, dessen Besiegung durch den lichten warmen Frühlingsgott den Inhalt so vieler und der bedeutsamsten Sagen ausmacht, die Vorstellungen der Germanen, zumal eben der Nordgermanen, beschäftigte. Die Winter-Riesen sind Reif-Riesen, Hrim-thursen, wobei "Reif" für "Kälte", "Frost" überhaupt steht; Ymir, der älteste aller Riesen, war ja aus Eisströmen erwachsen, er ist besonders der Reif-Riesen Ahnherr. Gar mancher Riesen Namen sind daher mit "Hrim", Reif, zusammengesetzt. Gletscher dröhnen, wann der Winterriese Hymir eintritt; sein Kinnwald ist gefroren, der Pfeiler zerspringt vor seinem Blick, d. h. "die Kälte sprengt das Holz der Bäume" (Uhland).
Wie der Feuer-Riese und der Meer-Riese ist auch der Luft-Riese Kari ein Sohn des Alt-Riesen Forn-jotr. Die Luft, sofern sie den Menschen und ihrer Wirtschaft feindlich, ist riesisch; – sofern wohltätig und Ausdruck des Geistes, ist sie asisch und in Odin dargestellt. Die feindliche Luft erscheint aber einmal als Sturm (daher die zahlreichen Sturm-Riesen: Hräswelgr, Thiassi, Thrym, Beli); dann als Kälte, Winterluft; daher stammen von Kari als Winterluft Frosti, Jökull (Eisberg), Snôr (Schnee), Fönn (dichter Schnee), Drîfa (Schneegestöber), Miöll (feinster, glänzendster Schnee). Manche dieser Gestalten sind wohl blosse Gebilde der Skalden und ohne Wurzeln im Leben des Volks. Doch werden von einigen einzelne anmutige Sagen erzählt: König Snio (Schnee) von Dänemark wirbt um die junge Schwedenkönigin; heimlich flüstert sie mit seinem Boten, auf Wintersanfang verabreden sie geheime Begegnung. Frosti entführt Miöll, die "lichtgelockte" Tochter des Finnenkönigs Snär; er fasst sie unter dem Gürtel, rasch fahren sie im Winde dahin.
Thiassi war der Sohn Äl-waldis, des "Bier-Bringers". Als dieser starb, teilten sich
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