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Walküre

Walküre

Titel: Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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den Kopf. »Manchmal könnte ich verzweifeln. Behaltet sie hier und überprüft ihr Alibi für die letzte Woche bei ihrem Mann. Und versucht ... wie soll ich es ausdrücken ... diplomatisch zu sein.«
    »Na klar«, spottete Anna. »Vielleicht sollte ich ihn fragen, ob er Catherine Deneuve in Belle de Jour gesehen hat. Das ist kein Witz, Chef, denn wie soll man jemandem auf diplomatische Art mitteilen, dass seine Frau als Nutte schwarzgearbeitet hat? Und übrigens, keine Sorge, es liegt nicht daran, dass sie mit ihrem Haushaltsgeld nicht auskommt. Sie macht es nur, weil sie Schwänze liebt.«
    »Anna hat nicht ganz unrecht«, meinte Werner. »Diese Pille lässt sich nicht versüßen.«
    »Konzentriert euch einfach auf die Tatsache, dass sie bei einem Schwerverbrechen als Verdächtige gilt und dass ihr Verbleib an dem betreffenden Abend geklärt werden muss. Die Einzelheiten kann sie selbst erläutern.«
    »Okay, Chef.«
     
    Fabel ging in sein Büro und rief seine E-Mails ab. Van Heiden erinnerte ihn daran, dass Politidirektor Vestergaard in zwei Tagen wegen des toten dänischen Polizisten Jespersen einfliegen werde. Der Kriminaldirektor hatte es sich nicht nehmen lassen, auch die Ankunftszeit des Fluges zu nennen.
    »Als hätte ich nichts Besseres zu tun«, knurrte Fabel. Zwar war er gern bereit, mit Jespersens Vorgesetztem zu reden, aber da er bis zum Hals in einem wichtigen Mordfall steckte, hätte van Heiden wenigstens die Abholung anders organisieren können.
    Er schaute auf seine Uhr. 2.30 Uhr. Er würde jetzt nach Hause fahren, vier oder fünf Stunden schlafen und dann ins Präsidium zurückkehren. Fabel gähnte. Allmählich wurde er zu alt für dieses Geschäft. Er dachte an Viola Dahlke, die möglicherweise hellwach und ängstlich in ihrer Zelle liegen und darüber grübeln würde, wie sich jede Faser ihres bisherigen Lebens auflöste. Was hatte sie sich bloß gedacht? Es stimmte: Er konnte sie nicht verstehen, genauso wenig wie er verstand, warum so viele Menschen, denen er in seiner Laufbahn begegnet war, so erstaunliche Taten begangen hatten. Die menschliche Sexualität war ein Rätsel. Zahlreiche Morde, die er untersucht hatte, enthielten ungewöhnliche sexuelle Elemente, und Fabel hatte im Laufe der Jahre einige dunkle und stürmische Meere befahren müssen. Zuweilen hatte er tatsächlich den Eindruck, dass Frauen für ihn immer noch von einem unbekannten Kontinent stammten.
    Er nahm seine englische Tweedjacke von der Stuhllehne und zog seinen Regenmantel vom Kleiderständer. Auf dem Weg zur Tür wartete er fast darauf, dass das Telefon klingeln würde.
    Und es klingelte tatsächlich.
     
6.
    Wenn man seinen Beruf bedachte, war es merkwürdig, dass sich Fabel nie ganz mit der plötzlichen Auslöschung von Menschenleben abfinden konnte. Er hatte gehört, dass Astronauten, wenn sie im Weltraum auf den Planeten Erde zurückblicken, in jenem Moment entweder den Glauben an Gott verloren oder ganz und gar von seiner Existenz überzeugt seien. Dazwischen gab es nichts.
    Unabhängig davon, ob die Dinge in der Realität wirklich so absolut waren, konnte Fabel diese Erfahrung verstehen. Er hatte jedes Mal, wenn er mit einem Toten konfrontiert war, ähnliche Gefühle. Eine Leiche hat nichts Menschliches mehr an sich. Sie sieht nicht aus wie ein schlafendes Individuum, sondern sie ist lediglich ein menschenähnliches Objekt. Eine leere Hülle. Die meisten Toten, mit denen Fabel sich beschäftigen musste, waren gewaltsam aus ihrer Hülle entfernt worden. Und wo manche ein von der entwichenen Seele verlassenes Behältnis sahen, vermochte Fabel nur Leere zu erkennen. Die endgültige Trennung und Auslöschung voneinander abhängiger biologischer Systeme. Das Ende eines nie mehr wiederkehrenden Universums.
    Wie immer Armin Lensch die Welt gesehen haben mochte, nun war ihm die Sicht genommen. Sein Körper lag auf einer mit niedrigen Büschen bewachsenen Fläche aus Gras und Geröll in der Nähe des Elbufers, unweit der Hafenstraße. Ein paar leere Bierflaschen und das Rad eines vor langer Zeit fortgeworfenen Kinder Spielzeugs dienten ihm als Kissen; das Gras, auf dem er lag, war von den zertrümmerten roten Backsteinen eines Dockgebäudes umrahmt, das einst hier gestanden hatte. Der Regen war zu Graupeln und dann zu Schnee geworden. Deshalb hatten die Techniker ein weißes Spurensicherungszelt errichtet, um den Tatort zu schützen. Er wurde durch Lampen auf Teleskopständern erhellt.
    Wie Westland war Lensch der Bauch

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