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Walküre

Walküre

Titel: Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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niederschlagen, wenn er herankommt.«
    »Und ist das geschehen? Habt ihr ihn vorschriftsmäßig gewarnt?«
    »Wir haben ihn aufgefordert zurückzutreten«, antwortete Werner. »Dieser Mann hat die anderen aufgehetzt. Anna hat sich ordnungsgemäß verhalten, Jan.«
    »Hast du deine Waffe gezogen?«
    »Ja«, erwiderte Anna.
    »Warum hast du dann keinen Bericht vorgelegt? Hast du ihn geschlagen?«
    »Naja ... sozusagen.« Ein Seufzen. »Ich habe ihm das Knie in den Unterleib gestoßen.«
    »Wunderbar! Einfach klasse, Anna. Du weißt doch hoffentlich, dass du eine vollständige Meldung über den Vorfall abgeben musst? Wenn du eine Schwellung verursacht hast, wird sie bestimmt im Autopsiebericht erwähnt. Um Himmels willen, Anna. Und du, Werner ... Ich dachte, du wärst vernünftig genug, sie an der kurzen Leine zu halten.«
    »An der kurzen was?« Anna funkelte Fabel an.
    »Schon gut, Anna, bleib ruhig«, intervenierte Werner. »Nein, als dieser Knabe hier kiebig wurde, dachten wir, vielleicht den Engel erwischt zu haben. Oder wenigstens Jake Westlands Mörderin. Und außerdem waren wir zahlenmäßig unterlegen. Ich finde, du solltest ein Auge zudrücken.«
    »Oh, tatsächlich?« Fabel atmete durch. »Anna, ich möchte, dass morgen ein vollständiger Bericht auf meinem Schreibtisch liegt.« Er betrachtete den Personalausweis, den Brauner ihm in der Plastiktüte ausgehändigt hatte. »Armin Lensch ... Habt ihr gesehen, wohin er nach dem Zusammenstoß mit euch gegangen ist?«
    »Er ist seinen Kumpeln gefolgt«, sagte Anna. »In Richtung Hans-Albers-Platz.«
    »Dann rate ich dir, hiervon eine Vergrößerung machen zu lassen.« Er warf ihr die Tüte mit Lenschs Personalausweis zu. »Danach kannst du die Kneipen abklappern, um herauszufinden, wo er wann war. Werner, sprich mit den nächsten Angehörigen. Apropos, habt ihr mit Frau Dahlkes Mann geredet?«
    »Noch nicht. Wir waren zu ihm unterwegs, als wir hierher gerufen wurden.«
    »Gut, Anna soll mit den Kneipen anfangen – ich werde dafür sorgen, dass ein Schutzpolizist sie begleitet –, und du setzt dich mit dem Ehemann in Verbindung.«
    »In Ordnung, Jan«, nickte Werner. »Aber ist das jetzt nicht ziemlich überflüssig? Schließlich ist es unmöglich, dass sie ihn umgebracht hat. Sie ist in Haft, seit wir ihn das letzte Mal lebendig gesehen haben.«
    »Trotzdem müssen wir ihr Alibi für Westland bestätigen.«
     
    Fabel ging den steilen Weg hinunter zur Hafenstraße, wo er sein Auto neben dem silberblauen Streifenwagen geparkt hatte. Er war übermüdet und gereizt und hätte fast die Strecke ins Stadtzentrum nach Pöseldorf eingeschlagen, wo er fünf Jahre lang eine Dachwohnung besessen hatte. Doch nun fuhr er in westlicher Richtung nach Altona: zu seiner neuen Wohnung, die er sich mit Susanne teilte.
    Hamburg ist eine Stadt, in der vornehme Lebensart und Lüsternheit unbehaglich Seite an Seite existieren. Die demonstrative Vulgarität von St. Pauli befindet sich direkt neben der gedämpften Würde eines der imposanteren Teile von Altona. In den Tagen, als Altona noch zu Dänemark gehörte, bildete St. Pauli das sumpfige Niemandsland zwischen Altona und dem deutschen Hamburg. Beide waren entschieden lutherisch. Katholiken, die ihren Glauben ungehindert ausüben wollten, mussten dies außerhalb der beiden Städte tun. Dadurch hat die Straße Große Freiheit ihren Namen erhalten. Aber St. Pauli war auch ein Ort der Gestrandeten, der im Spätmittelalter wegen seiner zwielichtigen Einwohner, seiner Armenhäuser und seiner Pestkrankenhäuser einen üblen Ruf hatte.
    Während Fabel die Breite Straße entlangfuhr, dauerte es nur ein paar Minuten, bis der primitive Glitzer von St. Pauli durch die von Bäumen gesäumte Palmaille mit ihren prächtigen Villen zu beiden Seiten abgelöst wurde. Es hatte zu schneien begonnen, und die nackten Aste funkelten im Scheinwerferlicht.
    Plötzlich hatte Fabel einen Einfall. Er stoppte am Straßenrand und schob die Hand zwischen seinen Beinen hindurch unter den Fahrersitz. Seine Fingerspitzen berührten einen kleinen metallischen Gegenstand.
    »Jetzt hab ich dich, du Miststück.« Nach einer kurzen Wühlerei holte er seinen MP3-Player hervor und deponierte ihn auf der Plastikablage hinter der Handbremse. Er schnallte sich erneut an, startete und setzte seine Fahrt fort. Dann verblasste sein Schmunzeln. An der nächsten Kreuzung bog er links in die Behnstraße und danach wiederum links in die Struenseestraße ab. Noch einmal nach

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