Walküre
links, und er war wieder auf der Palmaille.
Es war immer noch da.
Fabel hatte es zuerst bemerkt, als er nach der Auffindung seines MP3-Players weitergefahren war. Ungefähr sechzig Meter hinter ihm leuchteten Scheinwerfer, die ungefähr dreißig Sekunden später als er auf die Fahrbahn ausschwenkten. Trotz der Unsinnigkeit der letzten drei Manöver war das Auto ihm gefolgt. Vor allem ärgerte Fabel sich darüber, dass es ihm erst jetzt aufgefallen war. Sein Verfolger wusste genau, was er tat. Er mochte ihm schon wer weiß wie lange auf den Fersen sein: wenigstens vom Tatort an und vielleicht schon länger.
Fabel war nicht mehr weit von seiner gemeinsamen Wohnung mit Susanne entfernt, aber er würde noch nicht dorthin zurückkehren. Schließlich hatte er keine Ahnung, wer sich auf seine Spur gesetzt hatte und wie gefährlich der Verfolger war. Er schwenkte auf der Palmaille nach links und hielt auf Neumühlen und Ovelgönne zu. Dann klappte er sein Handy auf.
»Hier spricht Erster Hauptkommissar Fabel«, ließ er den Beamten in der Einsatzzentrale wissen. »Ich bin in Altona und fahre auf der Palmaille nach Westen. Gerade bin ich am Fischereimuseum vorbeigekommen. Wo ist der nächste Blitzer?«
»An der Kreuzung mit der Max-Brauer-Allee.«
»Ich habe einen dunkelblauen BMW der Dreierserie, altes Modell. Kaum jemand ist unterwegs, aber ich werde von einem Wagen verfolgt. Könnten Sie, wenn ich nach Norden in die Max-Brauer-Allee abbiege, sein Kennzeichen feststellen und überprüfen?«
»Jawohl, Herr Hauptkommissar. Brauchen Sie Hilfe? Ich könnte Ihnen einen Streifenwagen schicken.«
»Wahrscheinlich ist es nicht nötig, aber wenn einer zur Verfügung steht, schicken Sie ihn bitte zur Max-Brauer-Allee. Melden Sie sich auf dieser Nummer, wenn Sie den Fahrzeughalter ermittelt haben.«
Fabel bog an der Kreuzung in die Max-Brauer-Allee ein und vergewisserte sich, dass er weiterhin verfolgt wurde. Das weiße Barockgebäude des Altonaer Rathauses glitt zu seiner Linken vorbei, und am Ende der Straße, am Platz der Republik, erblickte er den wartenden silberblauen Streifenwagen. Sein Handy klingelte.
»Herr Hauptkommissar, hier ist die Einsatzzentrale des Präsidiums. Wir haben das Nummernschild. Der Wagen hinter Ihnen ist ein Mercedes CLK-Cabrio, gemeldet auf den Namen Sylvie Achtenhagen, Edgar-Ross-Straße, Altona. Ist das nicht... ?«
»Ja, genau. Vielen Dank. Der Streifenwagen soll sie anhalten.«
Fabel stoppte am Bordstein, sobald er sich im Rückspiegel überzeugt hatte, dass der Mercedes angehalten worden war. Er stieg aus und ging auf Sylvie Achtenhagen zu, die neben ihrem Auto stand und mit den beiden Schutzpolizisten debattierte.
»Danke, ich übernehme«, teilte er den Beamten mit.
»Das sieht mir nach einer polizeilichen Schikane aus«, protestierte Sylvie Achtenhagen mit halbherziger Empörung. »Ein Mitglied der Presse ohne gute Gründe anzuhalten. Abgesehen von der Tatsache, dass ich Sie in Verlegenheit bringe, weil ich die Öffentlichkeit auf Ihre Inkompetenz aufmerksam mache.«
»Sind Sie fertig?«, fragte Fabel matt. »Ich möchte wissen, warum Sie mir folgen.«
»Das stimmt nicht. Ich wohne in Altona.«
»Lassen Sie den Blödsinn, Frau Achtenhagen. Es ist fast 3.30 Uhr, und ich möchte nach Hause. Wir haben nun einen vollständigen Zirkel beschrieben, und Sie sind hinter mir hergefahren, seit ich den Mordschauplatz verlassen habe.«
»Hat sich noch ein Mord ereignet?« fragte die Journalistin. Ihre Überraschung war ungefähr so echt wie ihre frühere Empörung. Fabel verschränkte die Arme, um seine Ungeduld deutlich zu machen. »Schwamm drüber. Aber ich habe das Recht, überallhin zu fahren und zu folgen, wem ich will. Sie und Ihre Abteilung sind nicht gerade hilfreich. Deshalb habe ich beschlossen, Sie im Auge zu behalten. Und heute Nacht hat sich's hundertprozentig gelohnt. Wer war das Opfer?«
Fabel schwieg.
»Also, Herr Fabel, unsere Zusammenarbeit hat nicht besonders gut begonnen.«
»Sie hat überhaupt nicht begonnen. Es ist nicht meine Aufgabe, mich mit den Medien auseinanderzusetzen. Das wissen Sie doch. Und seien wir ehrlich, Frau Achtenhagen, das Satellitenfernsehen ist nicht gerade bekannt für seine gründlichen, hochwertigen Recherchen. Ich kenne Ihre Theorie, dass Fernsehjournalisten Nachrichten erzeugen und nicht nur darüber berichten sollten. Ihnen geht es bloß um Effekthascherei. Um blutige Einzelheiten und einen Comicschurken, mit dem Sie die Öffentlichkeit
Weitere Kostenlose Bücher