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Walküre

Walküre

Titel: Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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anstellte.«
    »Entschuldigung«, unterbrach Steinbach stirnrunzelnd. »Vielleicht liegt es an meinem Englisch ...«
    »Die Oresundregion gehört teils zu Dänemark, teils zu Schweden«, erläuterte Vestergaard, die nun langsamer sprach. »Es ist die Umgebung der neuen Brücke zwischen Dänemark und Schweden. Historisch gesehen stand dieser schwedische Landesteil unter dänischer Herrschaft. Ähnlich wie früher Schleswig-Holstein.«
    »Warum war Halvorsen gerade an diesem Gebiet interessiert?«, fragte van Heiden.
    »Keine Ahnung. Es hat vielleicht keine besondere Bedeutung. Wie wir wissen, hatte Halvorsen ein Interesse an Euro-Regionen, also an Gebieten innerhalb der neuen EU, die nicht von nationalen Grenzen markiert werden. In dem Bereich Schwedens, der zur Oresundregion gehört, finden etliche soziale und linguistische Debatten statt. Die Mehrheit der Sprachwissenschaftler vertritt den Standpunkt, dass die Schonen einen ostdänischen Dialekt sprechen, während andere meinen, es sei ein südschwedischer Dialekt. Der entscheidende Punkt ist die in diesen Debatten vorherrschende Auffassung, dass sich Europa in von den Bewohnern selbst identifizierte Einheiten statt in traditionelle nationale Gebiete teilt. Man könnte zum Beispiel argumentieren, dass Hamburg hinsichtlich seiner Identität und Kultur mehr mit Dänemark als mit Bayern gemeinsam hat.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein sensationelles Thema für Halvorsen gewesen wäre, ob ein paar Schweden mit einem dänischen oder schwedischen Akzent sprechen«, bemerkte Fabel.
    »Ich auch nicht«, sagte Karin Vestergaard abschätzig. »Und seine Besuche in Kopenhagen und in der Region haben vielleicht überhaupt nichts mit seinem Tod zu tun. Aber Halvorsens Hauptinteresse galt dem Neofaschismus. Die Identitätsfrage der Schonen beschränkt sich nicht darauf, ob sie Dänen oder Schweden sind. Es gibt mehrere rechtsextreme Gruppen, die Autonomie für die Region anstreben und alle Muslime nach ›Schweden‹ ausweisen wollen.«
    Sie wurde durch das Klingeln des Telefons unterbrochen. Steinbach griff nach dem Apparat. »Es ist für Sie.« Er hielt Fabel den Hörer hin.
    »Herr Fabel, hier ist Möller. Ich bin gerade dabei, den Autopsiebericht über Jespersen an Ihr Büro zu schicken, aber ich dachte, dass Sie eine Zusammenfassung hören möchten.«
    »Dafür bin ich sehr dankbar, Herr Doktor. Ich nehme an, dass unser Verdacht gerechtfertigt war?«
    »Genau wie Ihre nicht sehr charmante dänische Kollegin vermutet hat ... Wussten Sie übrigens, dass sie direkt mit mir Kontakt aufgenommen und mich belehrt hat, worauf ich achten soll?«
    »Nein, das wusste ich nicht«, sagte Fabel und schaute Karin Vestergaard über den Konferenztisch hinweg wütend an. »Entschuldigen Sie bitte.«
    »Davon abgesehen«, fuhr Möller fort, »hatte sie recht. Ich habe die Einstichstelle einer Injektionsnadel gefunden. Meinem Eindruck nach ist es eine bewusst verborgene Einstichstelle. In seiner Leistengegend. Ich hätte sie übersehen, wenn ich nicht gezielt danach Ausschau gehalten hätte.«
    »Und was ist ihm eingespritzt worden?«
    »Wir müssen den vollständigen toxikologischen Befund abwarten, aber ich bin meinem Instinkt gefolgt und habe selbst eine Blutprobe getestet. Ich habe nach Anzeichen von Hyperkaliämie gesucht und sie auch gefunden.«
    »Und das bedeutet?«
    »Einen erhöhten Kaliumspiegel. Was immer ihm injiziert wurde, ließ den Kaliumgehalt in seinem Körper ansteigen. Das muss zur Hyperkaliämie, dann zur Arrhythmie und schließlich zum Herzstillstand geführt haben. Dafür könnte eine Reihe – oder eine Kombination – von Stoffen verantwortlich sein. Aber ich habe toxikologische Filter für Kaliumchlorid und Suxamethoniumchlorid einbezogen.«
    »Wir brauchen nicht mehr zu spekulieren«, sagte Fabel, nachdem er aufgelegt hatte. »Es sieht so aus, als würden wir nun bei einer Mordermitlung zusammenarbeiten, Frau Vestergaard.«
     
7.
    Ute Cranz inspizierte sich im Spiegel. Es war, als hätte sie eine Fremde vor sich. Sie war groß und schlank. Unter der hochwertigen Kleidung verbarg sich ein elastischer, glatter Körper. Sie hatte regelmäßig viele Stunden damit verbracht, ihn kräftig, geschmeidig und graziös werden zu lassen. Aber sie fühlte sich getrennt von ihrem Körper, losgelöst von der Person im Spiegel, die ihren Blick kalt und ausdruckslos erwiderte.
    Als kleines Mädchen war Ute, ebenso wie ihre Schwester, eine vorzügliche Turnerin

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