Walkueren
gerufen, um uns diese Dreiecksbeziehung, über die wir gerade nachgedacht haben, näher zu erläutern.«
»Welche Dreiecksbeziehung?«, fragte Teitur und witterte Neuigkeiten.
Víkingur zeigte ihm die Titelseite von ›Leute und Neues‹, die während der nächtlichen Hausdurchsuchung bei Guttormur Nielsson gefunden worden war, mit der Schlagzeile: DREIECKSBEZIEHUNG IN ALLER MUNDE und der Unterzeile: DAS HEISSESTE PAAR DER STADT: FREYJA HILMARS UND KONDITOREI-SIGRÚN.
»Wir würden gern mehr über diese Dreiecksbeziehung erfahren«, erklärte Víkingur und zeigte auf das zerrissene Titelfoto von Sigrún Freysdóttir und ihrem Mann Guttormur Nielsson, daneben Freyja Hilmarsdóttir, durch zwei verschlungene Herzen mit Sigrúns Gesicht verbunden.
»Das ist doch uralt und längst vorbei«, sagte Teitur. Er konnte seine Enttäuschung über die angestaubte Nachricht nicht verbergen. »Das mit Freyja und Sigrún war nie mehr als ein Abenteuer für eine Nacht, und der arme Gutti hat die Konditorei verkauft und sich in sein Schneckenhaus zurückgezogen. Er war allerdings schon immer ziemlich seltsam. Welcher Mann kommt schon auf die Idee, nach Kopenhagen zu fahren, um zu lernen, wie man Torten dekoriert?«
»Könnte ich mir durchaus vorstellen«, entgegnete Víkingur.
Teitur sah schon eine nette kleine Schlagzeile vor sich: »Kripo-Hauptkommissar wäre gerne Konditor geworden«, und dazu ein Foto von Víkingur neben einer Sahnetorte.
»Ich hätte nicht gedacht, dass du so feminin bist«, stellte Teitur fest.
»Man entdeckt ständig neue Seiten an sich«, erwiderte Víkingur.
Teitur fügte im Geiste eine Unterzeile hinzu: »Schön, seine femininen Seiten zu entdecken – sagt Víkingur Gunnarsson.«
»Ich kann sehen, woran du gerade denkst«, sagte Víkingur. »Untersteh dich, auch nur davon zu träumen.«
»Ich hab an nichts Bestimmtes gedacht«, sagte Teitur, »nur dass ein kleines Interview mit einem Hauptkommissar interessant sein könnte, so ein ›Der-Mensch-hinter-dem-Job-Gespräch‹ über die dunklen Seiten eines Polizisten.«
»Wenn du auch nur ein Wort ohne meine Erlaubnis über mich abdruckst«, drohte Víkingur, »hole ich nach, was die Geldeintreiber letztens gerne mit dir gemacht hätten, sich aber nicht getraut haben. Abgesehen davon habe ich keine dunklen Seiten. Ich bin hart wie Stahl. Aber du könntest versuchen, mich zu besänftigen, indem du mir erzählst, was du über diese Leute – Freyja, Sigrún und Guttormur – weißt. Und kennst du einen Stefán Hauksson?«
»Ich kenne ihn nicht, aber ich weiß alles über ihn«, antwortete Teitur. »Warum fragst du?«
Víkingur stöhnte, und Teitur beschloss, fürs Erste nicht nach weiteren Erklärungen zu bohren.
»Stefán Hauksson ist ein versoffener Bäcker, der Gutti die Konditorei abgekauft hat, als er und Sigrún sich getrennt haben.«
»Warum haben sie sich getrennt?«
»Glaub bloß nicht, was Gutti rumerzählt«, sagte Teitur. »Der war schon immer durchgeknallt.«
»Was erzählt Gutti denn rum?«, fragte Víkingur.
»Er erzählt, ›Leute und Neues‹ sei schuld daran, dass Sigrún ihn verlassen habe. Nur weil wir geschrieben haben, was eh schon alle wussten, nämlich dass sie mit Freyja Hilmars lesbische Spielchen getrieben hat. Du weißt doch, wer sie war: die ehemalige Frauenparteilerin, die sich vorgestern umgebracht hat.«
»Über die reden wir später«, sagte Víkingur. »Erzähl mir von Guttormur und Sigrún.«
»Es lief alles super bei ihnen, als Guttormur noch normal war, oder zumindest normal für seine Verhältnisse. Sie haben die Konditorei eröffnet und mit Kaffee und Sahnetorten gut verdient. Dann bekam Guttormur immer öfter solche Wahnvorstellungen. Ich weiß, dass ihre Ehe schon längst kaputt war, als Sigrún auf diesen Lesbentrip mit Freyja kam und sich von ihm trennte. Sie konnte die Bäckerei natürlich nicht mit ihrem verrückten Ehemann weiterführen, also hat Stefán Hauksson ihnen die Firma abgekauft. Sigrún war dann noch mit ein paar anderen Lesben zusammen, bis sie einen Schafzüchter aus dem Bárðardalur kennengelernt hat und zu ihm gezogen ist. Ich hab vor ein paar Wochen ein Interview mit den beiden abgedruckt. Ich weiß nicht mehr, wie der Bauer heißt, aber er ist ziemlich mystisch veranlagt, glaubt an Elfen und so. Sigrún fühlt sich offenbar zu Bekloppten hingezogen. Ich hab mehrmals versucht, Gutti wegen eines Interviews zu kontaktieren, aber er glaubt offenbar, George Bush sei der Messias –
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