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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Þráinn Bertelsson
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zurückhalten, fiel ihnen ins Wort und sagte:
    »Wollt ihr euch nicht mit mir unterhalten, oder was?«
    Dagný schaute ihn an, als hätte sie ihn gerade erst wahrgenommen und könne ihn nicht richtig einordnen.
    »Nur keine Hektik, mein Freund. Ich glaube nicht, dass ich dich noch irgendwas fragen muss.«
    Dann plauderte sie weiter mit Guðbjartur. Der Mordverdächtige saß schweigend und mit gerunzelter Stirn da, wie ein Kind, das nach Aufmerksamkeit giert.
    Mitten im Gespräch klingelte Dagnýs Handy. Sie ging ran:
    »Dagný.«
    Sie lauschte, nickte ab und zu, sagte am Ende »Danke« und schaltete das Handy aus.
    Dagný schaute Sveinbjörn an und sagte: »Jetzt ist alles klar. Der Anruf kam aus Þingvellir. Wir wissen jetzt, was du mit deiner Frau gemacht hast. Und deshalb wüsste ich nicht, wonach wir dich noch fragen sollten.« Anschließend blickte sie zu Guðbjartur und sagte: »Wo war ich stehen geblieben?«
    »Der Plastiktütenmann wurde festgenommen«, antwortete Guðbjartur.
    »Ja. Genau, vorgestern rief also wie gesagt eine Frau aus der Weststadt an und fragte, ob wir einen unwillkommenen Gast abholen könnten. Die Polizisten fahren also zu der Frau, und sie bittet die Beamten, einen Mann rauszuschmeißen, den sie dummerweise in ihre Wohnung gelassen hat. Er hat nicht randaliert, war nur stockbesoffen und wirklich unangenehm. Unsere Leute nehmen ihn mit auf die Wache. Er ist sternhagelvoll, unrasiert, schmutzig und zerzaust, macht aber keinen Ärger und hat immer diese Plastiktüte unterm Arm, eine ganz normale Einkaufstüte von Mínus.
    Und als der Beamte auf der Wache in die Tüte guckt, ist sie tatsächlich voller Dollarscheine, benutzte Scheine in dicken Päckchen. Und zwar nicht wenig.
    Der wachhabende Beamte fragt den Mann, woher er das viele Geld habe, und der behauptet, es am Morgen in der Bank gekauft zu haben, weil der Dollar gerade so gut stünde.
    Der Beamte wollte ihn in diesem Zustand mit der Tasche nicht rauslassen. Am Busbahnhof Hlemmur haben schon viele wegen wesentlich weniger Geld eine Kugel in den Kopf bekommen. Der Beamte fragt ihn also, warum er kein Devisenkonto eingerichtet und das Geld auf der Bank gelassen habe, anstatt damit durch die Gegend zu laufen.
    Der Mann sagt, er wüsste nichts von Devisenkonten. Er habe geglaubt, man müsse seine Devisen selbst aufbewahren.
    Daraufhin begleiten ihn zwei Polizisten zu der Bank, um zu überprüfen, ob der Kauf wirklich stattgefunden hat. Doch, doch, unglaublich, in der Bank erinnern sie sich an ihn und sagen, er könne selbstverständlich ein Devisenkonto einrichten. Dann wird das Geld gezählt, und was glaubst du, wie viele Dollars in der Plastiktüte waren?«
    »Tja, keine Ahnung. Bei solchen Typen weiß man nie«, antwortete Guðbjartur. »Vielleicht zehntausend Dollar?«
    »Einhundertachtundneunzigtausend Dollar«, sagte Dagný. »Nicht mehr und nicht weniger. Sechzehn Millionen isländische Kronen. In einer zerschlissenen Mínus-Tüte, die er stockbesoffen durch die ganze Stadt geschleppt hat.«
    »Wow«, sagte Guðbjartur. »Und wie ist er an das Geld gekommen?«
    »Er hatte genug Geld auf der Bank. Er ist Witwer. Hatte einen Fischkutter, hörte irgendwann auf und verkaufte die Quote. Dann starb die Frau, und jetzt wohnt er in einem Zimmer in der Snorrabraut und säuft.«
    »Entschuldigt mal«, warf Sveinbjörn ein. »Aber was hat das mit meinem Fall zu tun?«
    »Überhaupt nichts«, entgegnete Dagný. »Wir unterhalten uns nur.«
    »Ich bin zur Vernehmung herbestellt worden.«
    »Du hast uns deine Geschichte ja schon erzählt. Wir mussten nur noch die Leiche finden. Jetzt haben wir sie, und der Fall ist klar. Ich hab keine Lust, mir das Ganze noch mal anzuhören. Das mit den grünen Männchen kannst du dem Richter erklären. Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass er – oder sie, vielleicht ist es eine Richterin – dir glaubt. Es wird sich … äh … es wird sich schon alles so fügen, wie du es verdient hast.«
    »Ich ändere meine Aussage«, verkündete Sveinbjörn.
    »Das ist nicht nötig«, erwiderte Dagný. »Wir haben sämtliche Beweise in der Hand, und deine Aussage über die Marsmännchen wird vermutlich ausreichen, um den Richter davon zu überzeugen, dass du entweder vollkommen unschuldig oder ein besonders skrupelloser Mörder und Lügner bist.«
    »Ich habe das Recht, meine Aussage so oft zu ändern, wie ich will«, tönte Sveinbjörn und schaute zu seinem Rechtsanwalt, der nicht so aussah, als wolle er ihm beipflichten.

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