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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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wurde.
    »Stimmt irgendwas nicht?« Roberta hatte erstaunliche hellgrüne Augen mit dunklen Rändern — Katzenaugen mit dunklen Wimpern und Brauen. Unter dem rechten Auge war die blasse Haut durch eine Prellung blau und gelb gefärbt.
    »Nein, nein«, sagte Wetzon und sah weg. Sie hatte sie angestarrt. »Sie haben Sergeant Silvestri doch erreicht?«
    »Ja, natürlich, aber er meinte, es könne später werden.« Roberta ließ ihren Blick durch das Zimmer wandern, als mache sie Inventur.
    Später. Nicht sehr wahrscheinlich, daß er überhaupt kommen würde. Wetzons Gedanken überschlugen sich. Wie sollte sie sich verhalten? Doch sie sagte ruhig: »Möchten Sie nicht Platz nehmen?« Sie zeigte auf einen der zwei modernen Stühle, die mit einem schwarz, weiß und braun gemusterten Wollstoff von Jack Lenor Larsen gepolstert waren. Sie sah auf die Uhr. Zwanzig Minuten vor sechs. Jake war in dem anderen Zimmer und lauschte; davon war sie überzeugt. Konnte sie mit seiner Hilfe rechnen? Davon war sie weniger überzeugt. Sie warf noch einen Blick auf die Uhr. Robertas Katzenaugen verengten sich. »Ich habe noch eine Verabredung außerhalb des Büros«, erklärte Wetzon.
    »Meine Zeitplanung ist in letzter Zeit immer daneben«, murmelte Roberta. Ihre schmalen roten Lippen entblößten seltsam kleine Zähne. Katzenaugen, Rattenzähne.
    Wenn Roberta an jenem Tag im Four Seasons gewesen war, konnte sie Barry getötet haben. Langsam kroch Panik in Wetzon hoch. Behalte einen klaren Kopf, altes Mädchen. Du mußt mithalten. Sie setzte sich auf die Kante von Harolds Schreibtisch und fragte: »Warum glauben Sie, Ihr Leben sei in Gefahr? Und was hat das mit mir zu tun?«
    Roberta schien eigenartig heiter. Sie öffnete ihre schwarze Ledertasche, suchte darin und nahm eine lange dünne Zigarette heraus. Sie zündete sie demonstrativ mit einem Streichholz aus einem Four Season s-Heftchen an. »Aber, liebe Wetzon, es hat sehr viel mit Ihnen zu tun«, sagte sie und zog tief an der Zigarette.
    Schwarzer Ledertrenchcoat und geblümter Schal. Die Teile fügten sich allmählich zu einem Bild. Roberta war die Frau, die Buffie mit Barry im Zoo im Central Park gesehen hatte. Wie gut kannte Roberta Barry? War sie einfach nur Mildreds Verbindungsperson? »Hatten Sie ein Verhältnis mit Barry?«
    Roberta lachte tatsächlich auf. »Dieses Stück Dreck. Kaum. Es war Mildreds Einfall, daß ich die Vermittlerin spielen sollte. Ich tat es nicht gern, ich traute ihm nicht. Ich warnte sie, sich nicht mit ihm einzulassen. Warum fragen Sie?«
    »Barrys Freundin hat Sie mit ihm gesehen.«
    »Ha!« Sie hatte ein explosives Lachen, wie ein Bellen. Sie zeigte nur die Spitzen dieser Nagezähne. Sie inhalierte wieder tief und ließ langsam den Rauch ausströmen.
    Jake war im Four Seasons, Leon war dort, und Roberta war dort. Waren sie etwa alle zusammen gewesen? Hatte Barry sie vielleicht gesehen... »Mein Gott«, sagte Wetzon laut mit entsetztem Gesicht.
    »Tja«, sagte Roberta und stand auf. Sie sah sich nach einem Aschenbecher um.
    Wetzon, die sie argwöhnisch beobachtete, leerte eine kleine Metalldose aus, in der Harold Büroklammern aufbewahrte, und reichte sie Roberta, die ihre Zigarette umständlich ausdrückte.
    »Sie sind die einzige, glaube ich, die mich mit dort in Verbindung bringen kann.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte Wetzon, indem sie vom Tisch rutschte und die Büroklammern mitriß. Sie verteilten sich auf dem Holzboden. »Ich habe Sie nicht im Zoo gesehen.«
    Roberta sah Wetzon feindselig an. »Ich spreche nicht vom Zoo. Für wie dumm halten Sie mich? Barry sah mich im Four Seasons. Nachdem Sie mich gesehen hatten. Ich war mit Jake zusammen.« Sie kramte in ihrer schwarzen Ledertasche und suchte etwas. »Wir hatten kein Abkommen, verstehen Sie. Ich stimmte nur zu, ihm zu helfen, um Mildred zu schützen. Aber Barry wollte es Mildred sagen, und das konnte ich nicht zulassen.« Sie sah auf und lächelte Wetzon beruhigend an. »Es war kein Verlust. Ich hätte eine Medaille verdient.« Sie fand, was sie in der Handtasche gesucht hatte, und zog es heraus. Wetzon schnappte nach Luft. Es war ein Schweizer Jagdmesser, die Art, die sie immer bei Hoffritz angepriesen sah.
    Erst in diesem Augenblick wurde Wetzon die Gefahr voll bewußt. Sie hatte die seltsame Empfindung, aus ihrem Körper herauszutreten und sich ein wenig auf die Seite zu stellen, um das Geschehen zu beobachten. »Und Georgie?« fragte Wetzon, um Zeit zu gewinnen, aber sie mußte es auch

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