Wall Street Blues
als Sie Ihren beeindruckenden Auftritt hatten.«
»Herrgott«, sagte er mit einem unsicheren Grinsen und fuhr sich mit groben Fingern durch sein dickes Haar. »Sehen Sie, ich hatte ein wenig die Kontrolle verloren. Stört es Sie, wenn ich rauche?«
Sie schüttelte den Kopf. Er nahm eine Marlboro aus einem Päckchen und zündete sie mit einem goldenen Dunhill-Feuer-zeug an. »Kommen Sie ins hintere Büro«, sagte sie, indem sie ihm den Weg zeigte, und schloß die Tür. Das letzte, was sie wollte, war, daß Roberta Jake sah oder umgekehrt.
Jake sah sich neugierig um. »Das also ist die Höhle eines Headhunters.« Er hörte sich belustigt an. »Und wir sind endlich allein, Wetzon.« Er drehte sich nach ihr um und sah ihren Gesichtsausdruck. »Ich habe Sie wieder erschreckt«, sagte er und streckte den Arm aus.
Sie wich zurück und merkte, wie sich ihr Gesicht verkrampfte.
»Verflucht, ich bin wirklich kein schlechter Mensch«, sagte er einschmeichelnd. »Eine Menge Leute mögen mich. Ich will Ihnen nichts tun. Warum sollte ich?«
»Weil Sie glauben, daß Barry mir etwas gesagt hat, bevor er starb«, rief sie, aber noch während sie sprach, dachte sie: Du verhältst dich schon wieder dumm, Wetzon.
»Setzen Sie sich«, sagte er, indem er auf ihren eigenen Stuhl wies. Er setzte sich auf Smith’ Stuhl, der unter seiner Körperfülle verschwand.
Das Telefon läutete. Sie starrten darauf, als es wieder läutete, und Jake Donahue schüttelte den Kopf. Er entdeckte den Anrufbeantworter auf dem Arbeitstisch und drückte auf die Ein-Taste. Der Apparat klickte und antwortete beim vierten Läuten auf den Anruf.
»Hallo, Wetzon, hier ist Scott Fineberg. Rufen Sie mich bitte an. Ich bin bis sieben im Büro.« Der Apparat schaltete ab.
Donahue und Wetzon sahen sich an. Jake inhalierte tief und blies den Rauch langsam durch die Nase aus. »Dieses kleine Stück Dreck hat mich also mit Ihnen reingelegt.«
Sie sah auf die Uhr. Fast halb sechs. Sie fühlte sich langsam in die Enge getrieben. Wo war Roberta? Wo war Silvestri? Sie mußte rechtzeitig wegkommen, um Rick zu treffen.
»Ja«, sagte Jake, »ich möchte wissen, was Barry zu Ihnen gesagt hat. Er hatte ein paar Sachen, die mir gehören.«
»Ihnen und dem verstorbenen Georgie Travers.« Sie konnte die Verachtung in ihrer Stimme nicht unterdrücken.
»Georgie Travers interessiert mich nicht. Uber Stark will ich Bescheid wissen. Dieser Drecksack hat mich ausspioniert.«
Die Teile des Rätsels vermischten sich wieder in Wetzons Kopf in einem sonderbaren Durcheinander. Sie erwiderte nichts.
»Verdammt noch mal«, sagte Donahue ungeduldig. »Ich habe Stark nicht umgebracht. Ich hätte es gern getan, aber ich war es nicht. Ich wußte nicht einmal, daß er an dem Abend dort war — es ist nicht direkt sein Stammlokal — , und ich war längst weg, als Sie seine Leiche fanden.«
Wetzon bemühte sich, einen klaren Kopf zu behalten, aber immer wieder schlugen kleine Wellen der Panik über ihr zusammen. Sie versuchte, ihr Gewicht auf dem Stuhl zu verlagern, aber ihre Arme und Beine waren taub.
Jake Donahue hatte eben zugegeben, daß er an dem betreffenden Abend im Four Seasons war.
»Versuchen Sie bitte, sich in meine Lage zu versetzen«, sagte Donahue gerade. Er zog seinen Stuhl näher zu ihrem und nahm ihre Hand. Sie zog sie nicht zurück, sondern starrte auf ihre Hand, die von seiner großen verschluckt wurde. Sie spürte, wie seine Stimme sie einzulullen begann.
»Meine Frau war eine verbitterte, rachsüchtige Person. Sie versuchte, mich für immer aus dem Geschäft zu drängen. Stark war mein Angestellter. Er arbeitete für sie und schnitt meine Telefongespräche mit.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich habe eines der Bänder.«
Sie machte große Augen. »Sie haben den Diplomatenkoffer gestohlen«, beschuldigte sie ihn und zog ihre Hand zurück.
»Jemand hat es für mich getan«, gab er zu, ohne sich zu rühren. »Es sollte niemand dabei verletzt werden. Er hat bloß etwas den Überblick verloren.« Donahue zuckte die Achseln. »Stark verließ das Büro an dem Tag mit diesem großen Diplomatenkoffer, den er immer mit sich rumschleppte. Jemand im Four Seasons informierte mich über den Mord. Ich erfuhr, daß Sie mit einem großen Diplomatenkoffer weggingen. Ich brauchte diesen Koffer. Das ist alles. Es tut mir leid.«
»Leid?« Sie war wütend. »Ist das alles, was Sie zu sagen haben? Was bilden Sie sich eigentlich ein?«
Er stand auf, und sie zuckte zurück, weil
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