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Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Titel: Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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betrachtete düster die Glasscherben, die auf dem Boden lagen.
    »Merkwürdige Geschichte«, meinte Rydberg, als Kurt Wallander fertig war. »Und merkwürdig genug, um absolut wahr sein zu können.«
    »Ich werde mal eine Zusammenfassung versuchen«, fuhr Kurt Wallander fort. »Jemand wußte, daß Johannes Lövgren von Zeit zu Zeit eine große Summe Bargeld zu Hause hatte. Insofern scheint Raub als Motiv in Frage zu kommen. Und der Raubüberfall entwickelt sich zu einem Mord. Wenn Lars Herdins Beschreibung von Johannes Lövgren in der Hinsicht stimmt, daß dieser ein selten knauseriger Mensch war, hat er sich natürlich geweigert, das Versteck des Geldes zu verraten. Maria Lövgren, die von dem, was in der letzten Nacht ihres Lebens geschehen ist, nicht allzuviel verstanden haben kann, mußte Johannes auf der letzten Reise begleiten. Die Frage ist also, wer außer Lars Herdin von den zwar unregelmäßigen, aber großen Mengen Bargeld gewußt hat. Finden wir darauf eine Antwort, dann finden wir wohl auch eine Antwort auf alles andere.«
    |93| Rydberg saß nachdenklich da, nachdem Wallander geendet hatte.
    »Habe ich etwas vergessen?« fragte Wallander.
    »Ich denke an das, was sie sagte, bevor sie starb«, antwortete Rydberg. »›Ausländer‹. Und ich denke an das, was ich in der Plastiktüte habe.«
    Er stand auf und leerte den Inhalt der Tüte auf dem Schreibtisch aus.
    Es war ein Haufen Seilenden. Jedes einzelne mit einem kunstvoll ausgeführten Knoten.
    »Ich habe vier Stunden in der Wohnung des alten Segelmachers verbracht, in der es schlimmer roch, als du dir vorstellen kannst«, sagte Rydberg und verzog das Gesicht. »Es zeigte sich, daß dieser Mann fast neunzig Jahre alt und auf dem besten Weg zur kompletten Senilität ist. Ich überlege, ob ich nicht eine soziale Einrichtung einschalten soll. Der alte Mann war so verwirrt, daß er mich für seinen eigenen Sohn hielt. Einer der Nachbarn erzählte später, daß dieser Sohn schon seit dreißig Jahren tot ist. Aber Schlingen und Knoten konnte er. Als ich endlich gehen konnte, waren vier Stunden vergangen. Diese Seilenden waren ein Geschenk.«
    »Hast du denn herausbekommen, was du wolltest?«
    »Der alte Mann hat sich die Schlinge angesehen und gesagt, daß er den Knoten häßlich findet. Dann dauerte es drei Stunden, bis ich ihn soweit hatte, etwas über den häßlichen Knoten zu erzählen. Zwischendurch hat er geschlafen.«
    Rydberg steckte die Seilenden wieder in die Plastiktüte, während er weitererzählte: »Plötzlich fing er an, von seiner Zeit auf See zu erzählen. Und dann hat er gesagt, daß er den Knoten in Argentinien gesehen hat. Argentinische Seemänner machten diese Knoten als Halsbänder für ihre Hunde.«
    Kurt Wallander nickte.
    »Du hattest also recht«, sagte er. »Der Knoten war etwas Besonderes. Die Frage ist jetzt nur, wie das mit Lars Herdins Erzählung zusammenhängt.«
    |94| Sie gingen auf den Flur hinaus. Rydberg verschwand in seinem Zimmer, während Kurt Wallander zu Martinsson hineinging, um dessen Computerausdruck zu studieren. Dort zeigte sich, daß es eine verblüffend umfassende Statistik über Ausländer gab, die in Schweden ein Verbrechen begangen hatten oder dessen verdächtigt wurden. Martinsson hatte auch eine Kontrolle über frühere Raubüberfälle auf alte Menschen durchgeführt. Mindestens vier unterschiedliche Personen oder Banden hatten während des letzten Jahres in Schonen Überfälle auf alte, isolierte Menschen begangen. Aber Martinsson wußte auch zu berichten, daß diese Täter im Moment alle in unterschiedlichen Strafanstalten einsaßen. Er wartete immer noch auf die Nachricht, ob jemand von ihnen an dem fraglichen Tag Urlaub gehabt hatte.
    Sie hielten ihre Fahndungsbesprechung in Rydbergs Zimmer ab, weil eine der Schreibkräfte angeboten hatte, in Kurt Wallanders Büro den Boden zu saugen. Das Telefon klingelte fast ununterbrochen, aber sie ging nicht ran.
    Die Fahndungsbesprechung dauerte lange. Alle waren sich darüber einig, daß Lars Herdins Schilderungen einen Durchbruch bedeuteten. Gleichzeitig gingen sie noch einmal alles durch, was bisher bei den Gesprächen mit den Einwohnern von Lenarp und mit denjenigen, die die Polizei angerufen hatten oder auf die ausgeteilten Fragebögen geantwortet hatten, herausgekommen war. Ein Auto, das in der späten Sonntagnacht ein von Lenarp nur wenige Kilometer entfernt liegendes Dorf mit hoher Geschwindigkeit passiert hatte, zog besondere Aufmerksamkeit auf sich. Ein

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