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Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Titel: Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Lastwagenfahrer, der schon um drei Uhr nachts zu einer Fahrt nach Göteborg gestartet war, war dem Auto in einer engen Kurve begegnet und fast von der Fahrbahn abgedrängt worden. Als er von dem Doppelmord erfuhr, hatte ihn das nachdenklich gemacht, woraufhin er die Polizei anrief. Nachdem er sich Bilder von unterschiedlichen Autos angesehen hatte, war er zögernd zu dem Ergebnis gekommen, daß es sich wahrscheinlich um einen Nissan gehandelt hatte.
    |95| »Vergeßt nicht die Leihwagen«, sagte Kurt Wallander. »Heutzutage sind Leute, die es eilig haben, bequem. Einbrecher leihen genausooft ein Auto, wie sie es stehlen.«
    Es war sechs Uhr, als die Besprechung zu Ende war. Kurt Wallander stellte fest, daß nun alle seine Mitarbeiter in der Offensive waren. Nach Lars Herdins Besuch herrschte ein augenscheinlicher Optimismus.
    Er ging in sein Büro und schrieb die Notizen, die er sich bei dem Gespräch mit Lars Herdin gemacht hatte, ins reine. Hansson hatte seine Notizen gebracht, so daß er vergleichen konnte. Er sah direkt, daß Lars Herdin sich nicht unklar ausgedrückt hatte. Die Aufzeichnungen stimmten überein.
    Kurz nach sieben Uhr legte er die Papiere zur Seite. Plötzlich fiel ihm ein, daß das Fernsehen sich nicht wieder gemeldet hatte. Er telefonierte mit der Zentrale und fragte, ob Ebba eine Nachricht hinterlassen hatte, bevor sie nach Hause gegangen war. Das Mädchen, das antwortete, war eine Aushilfe.
    »Hier liegt nichts«, sagte sie.
    Einer Eingebung folgend, die er selbst nicht richtig verstand, ging er hinaus in die Kantine und stellte den Fernseher an. Die regionale Nachrichtensendung hatte gerade begonnen. Er lehnte sich gegen einen Tisch und sah zerstreut einen Beitrag über die schlechten Finanzen der Stadt Malmö.
    Er dachte an Sten Widen.
    Und Johannes Lövgren, der während des Krieges Fleisch an die Nazis verkauft hatte.
    Er dachte über sich selbst nach, an seinen Bauch, der viel zu dick war.
    Er wollte den Fernseher gerade wieder abstellen, als eine Reporterin anfing, über den Doppelmord von Lenarp zu berichten.
    Bestürzt hörte er, daß die Polizei in Ystad ihre Arbeit auf die Suche nach bisher unbekannten ausländischen Mitbürgern konzentriere. Die Polizei sei auf jeden Fall davon überzeugt, daß es sich bei den Tätern um Ausländer handele. Es könne |96| auch nicht ausgeschlossen werden, daß die Täter unter asylsuchenden Flüchtlingen zu suchen wären.
    Zum Schluß sprach die Reporterin über Wallander.
    Trotz wiederholter Anfragen sei es unmöglich gewesen, einen der verantwortlichen Fahndungsleiter zu veranlassen, die anonymen, aber aus zuverlässiger Quelle stammenden Angaben zu kommentieren.
    Die Reporterin sprach vor dem Hintergrund des Ystader Polizeipräsidiums.
    Danach leitete sie zum Wetter über.
    Ein Unwetter nähere sich von Westen. Der Wind würde noch stärker werden. Aber es bestand keine Schneefallgefahr, die Temperaturen würden über null Grad bleiben.
    Kurt Wallander stellte den Fernseher ab.
    Er konnte sich nicht entscheiden, ob er entrüstet oder einfach nur müde war. Oder war es Hunger?
    Es hatte also jemand von der Polizei Informationen durchsickern lassen.
    Vielleicht wurde das Verbreiten von vertraulichen Informationen heutzutage gut bezahlt? Zahlte das staatliche Fernsehen Schmiergelder? Wer? dachte er.
    Es kann jeder außer mir selbst gewesen sein.
    Und warum?
    Gab es eine andere Erklärung als Geld?
    Rassismus? Angst vor Überfremdung?
    Er ging zurück in sein Zimmer und konnte schon im Flur das Klingeln des Telefons hören.
    Es war ein langer Tag gewesen. Am liebsten wäre er nach Hause gefahren, um etwas zu essen zu kochen. Mit einem Seufzer setzte er sich in den Stuhl und zog das Telefon zu sich heran.
    Dann werde ich den Stier wohl bei den Hörnern packen müssen und die im Fernsehen ausgestrahlten Informationen dementieren, dachte er.
    Und hoffen, daß in den nächsten Tagen keine neuen Holzkreuze brennen würden.

|97| 6
    Während der Nacht zog ein Sturm über Schonen hinweg. Kurt Wallander saß in seiner unaufgeräumten Wohnung, während der Sturm an den Dachziegeln zerrte. Er trank Whisky und hörte sich eine deutsche Einspielung der ›Aida‹ an, als plötzlich um ihn herum alles dunkel und still wurde. Er ging ans Fenster und sah in die Dunkelheit hinaus. Der Wind heulte, und irgendwo schlug ein Reklameschild gegen eine Hauswand.
    Die Leuchtzeiger seiner Armbanduhr wiesen auf zehn Minuten vor drei. Seltsamerweise war er überhaupt nicht

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