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Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Titel: Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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standen. Kräftige Scheinwerfer beleuchteten die grüngestrichenen, flachen Kästen.
    Er stellte den Wagen auf einem Parkplatz ab und stieg aus. Ganz in seiner Nähe schlugen die Wellen ans Land.
    Er betrachtete das Auffanglager.
    Noch einen Stacheldraht drum herum und es sähe aus wie ein Konzentrationslager, dachte er.
    Er wollte gerade wieder in den Wagen steigen, als er ein leises Klirren hörte.
    Im nächsten Augenblick hörte man einen dumpfen Knall.
    Dann schlugen hohe Flammen aus einer der Baracken.

|123| 7
    Wie lange er angesichts des Feuers, das in der Winternacht aufflammte, wie gelähmt stehenblieb, wußte er nicht. Vielleicht ein paar Minuten, vielleicht auch nur wenige Sekunden. Als es ihm schließlich gelang, seine Lähmung zu überwinden, hatte er genug Geistesgegenwart, sich das Autotelefon zu schnappen und Alarm zu geben.
    In dem rauschenden Telefon konnte man den Mann, der antwortete, nur schlecht verstehen.
    »Das Auffanglager in Ystad brennt!« rief Kurt Wallander. »Wir brauchen alle Einsatzwagen! Der Wind ist so stark.«
    »Wer spricht da?« fragte der Mann in der Notrufzentrale.
    »Hier ist Wallander von der Ystader Polizei. Ich kam zufällig vorbei, als es anfing zu brennen.«
    »Können Sie sich ausweisen?« fuhr die Telefonstimme fort.
    »Ach, Scheiße! 471121! Und jetzt beeil dich!«
    Er legte den Hörer auf, um nicht noch mehr Fragen beantworten zu müssen. Außerdem wußte er, daß die Notrufzentrale die Möglichkeit hatte, die Polizisten, die im Distrikt Dienst taten, zu identifizieren.
    Dann lief er über die Straße zu der brennenden Baracke. Das Feuer knisterte im Wind. Er fragte sich, was hätte passieren können, wenn das Feuer bei dem starken Sturm in der letzten Nacht ausgebrochen wäre. Aber auch so fing jetzt bereits die nächste Baracke Feuer.
    Warum geht kein Alarm los? dachte er. Er wußte auch nicht, ob in allen Baracken Flüchtlinge wohnten. Er fühlte die Hitze des Feuers in seinem Gesicht, als er an die Tür der Baracke schlug, an der die Flammen bisher nur leckten.
    |124| Die Baracke, in der das Feuer angefangen hatte, stand nun voll in Flammen. Er versuchte, sich der Tür zu nähern, aber das Feuer trieb ihn zurück. Er lief um das Haus herum. Dort entdeckte er ein einzelnes Fenster. Er klopfte an die Scheibe und versuchte hineinzusehen, aber der Rauch war so dicht, daß er nur in einen weißen Nebel starrte. Er sah sich nach etwas zum Schlagen um, fand aber nichts. Er riß sich die Jacke runter, wickelte sie um seinen Arm und schlug mit der Faust das Fenster ein. Er hielt die Luft an, um keinen Rauch einzuatmen und tastete nach den Fensterhaken. Zweimal mußte er sich zurückwerfen, um Atem zu holen, bevor es ihm gelang, das Fenster aufzubekommen.
    »Raus«, schrie er in das Feuer hinein. »Raus, raus!«
    In der Baracke standen zwei Doppelpritschen. Er zog sich am Fensterrahmen hoch und fühlte, wie Glassplitter in seinen Oberschenkel schnitten. Die oberen Pritschen waren leer. Aber auf einer der unteren lag ein Mensch.
    Er rief noch einmal, bekam aber keine Antwort. Dann kletterte er durch das Fenster hinein und schlug mit dem Kopf an eine Tischkante, bevor er auf dem Boden landete. Während er sich zum Bett vortastete, wäre er fast im Rauch erstickt. Zuerst glaubte er, einen leblosen Körper zu berühren. Dann stellte er fest, daß das, was er für einen Menschen gehalten hatte, nur eine zusammengerollte Matratze war. Im selben Augenblick fing seine Jacke Feuer, und er stürzte sich Hals über Kopf aus dem Fenster. Irgendwo in weiter Ferne konnte er Sirenen hören, und als er vom Feuer wegtaumelte, sah er, daß es vor den Baracken von halbnackten Menschen wimmelte. Das Feuer hatte jetzt auf zwei weitere flache Häuser übergegriffen. Er riß die Türen auf und sah, daß die Baracken bewohnt waren. Aber diejenigen, die dort geschlafen hatten, waren schon draußen. Sein Kopf und sein Oberschenkel taten ihm weh, und von all dem Rauch, den er in die Lungen bekommen hatte, war ihm übel. In diesem Moment kam das erste Feuerwehrauto und direkt danach ein Krankenwagen. Er sah, daß der diensthabende |125| Brandmeister Peter Edler war, ein Mittdreißiger, der seine Freizeit mit Drachenfliegen verbrachte. Über ihn hatte er nur Gutes gehört. Er galt als ein Mann, der niemals unsicher war. Er stolperte zu ihm hin und merkte gleichzeitig, daß er sich am Arm verbrannt hatte.
    »Die brennenden Baracken sind leer«, sagte er. »Wie es mit den anderen ist, weiß ich

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