Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Titel: Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
Informanten besorgen«, meinte Kurt Wallander, als das Ganze vorbei war.
    »Vielleicht«, antwortete der Reporter und grinste.
    |120| Nachdem das Fernsehteam abgezogen war, schlug Kurt Wallander dem Mädchen vom Lokalradio vor, ihn in sein Arbeitszimmer zu begleiten.
    Vor einem Radiomikrofon war er längst nicht so nervös.
    Als sie fertig war, schaltete sie den Kassettenrecorder aus. Kurt Wallander wollte gerade anfangen, mit ihr über Linda zu reden, als Rydberg an die Tür klopfte und eintrat.
    »Wir sind gleich fertig«, sagte Kurt Wallander.
    »Wir sind eigentlich jetzt schon fertig«, meinte das Mädchen und stand auf.
    Kurt Wallander sah ihr enttäuscht hinterher. Mit keinem einzigen Wort hatte er Linda erwähnen können.
    »Neue Probleme«, sagte Rydberg. »Sie haben gerade vom Auffanglager hier in Ystad angerufen. Jemand ist mit einem Auto auf den Hof gebogen und hat einem alten Mann aus dem Libanon eine Tüte mit verrotteten Rüben an den Kopf geknallt.«
    »Verdammter Mist«, sagte Kurt Wallander. »Ist ihm was passiert?«
    »Er ist im Krankenhaus, in der Ambulanz, und bekommt einen Verband. Aber der hiesige Leiter ist natürlich beunruhigt.«
    »Hat jemand die Autonummer notiert?«
    »Dafür ging alles zu schnell.«
    Kurt Wallander überlegte eine Zeitlang.
    »Wir unternehmen im Moment noch nichts«, sagte er. »Morgen werden in allen Zeitungen eindeutige Dementis zu dem Ausländergerücht stehen. Im Fernsehen wird es heute abend schon gesendet. Wir können nur hoffen, daß sich die Lage dann beruhigt. Wir können ja ansonsten den Nachtdienst bitten, öfter als sonst dort vorbeizufahren.«
    »Ich werd’ Bescheid sagen«, sagte Rydberg.
    »Komm anschließend zurück. Dann können wir eine Zusammenfassung machen.«
    Es war halb neun, als Kurt Wallander und Rydberg schließlich aufbrachen.
    |121| »Was meinst du?« fragte Kurt Wallander, als sie ihre Papiere einsammelten.
    Rydberg kratzte sich am Kopf.
    »Es stimmt schon, daß diese Herdinspur gut ist«, sagte er. »Wir müssen nur diese geheimnisvolle Frau und den Jungen finden. Es scheint einiges dafür zu sprechen, daß die Lösung des Ganzen in allernächster Nähe liegt. So nahe, daß sie schon wieder schwer zu erkennen ist. Gleichzeitig aber   …«
    Rydberg unterbrach sich mitten im Satz.
    »Gleichzeitig?«
    »Ich weiß nicht«, fuhr Rydberg fort. »Irgend etwas ist eigenartig dabei. Nicht zuletzt die Sache mit der Schlinge. Ich weiß nicht, was es ist.«
    Er zuckte die Schultern und stand auf.
    »Wir machen morgen weiter«, sagte er.
    »Hast du bei Lövgren zu Hause eine alte, braune Aktentasche gesehen?« fragte Kurt Wallander.
    Rydberg schüttelte den Kopf.
    »Nicht, daß ich mich erinnern könnte«, erwiderte er. »Aber die Schränke quollen ja nur so über von altem Zeug. Ich frage mich, warum alte Menschen immer wie die Hamster werden?«
    »Schick morgen früh jemanden raus, um nach der Tasche zu suchen«, sagte Kurt Wallander. »Der Griff ist kaputt.«
    Rydberg ging. Kurt Wallander merkte, daß ihm sein krankes Bein schwer zu schaffen machte. Er dachte, daß er eigentlich nachfragen müßte, ob Ebba Sten Widen erreicht hatte, ließ es dann aber bleiben. Statt dessen schlug er in einem internen Adreßbuch Anette Brolins Privatadresse nach. Zu seinem Erstaunen stellte er fest, daß sie fast Nachbarn waren.
    Ich könnte sie einmal zum Abendessen einladen, dachte er.
    Dann fiel ihm ein, daß sie einen Ehering getragen hatte.
    Er fuhr durch das Unwetter nach Hause und nahm ein Bad. Anschließend legte er sich aufs Bett und blätterte in einem Buch über das Leben Giuseppe Verdis.
    Einige Stunden später wachte er davon auf, daß er fror.
    |122| Seine Armbanduhr zeigte auf kurz vor Mitternacht.
    Es deprimierte ihn, daß er noch mal aufgewacht war. Jetzt würde er wieder die ganze Zeit schlaflos herumliegen.
    Von seiner Mutlosigkeit getrieben, zog er sich an. Er dachte, daß er genausogut nachts ein paar Stunden in seinem Büro verbringen konnte.
    Als er auf die Straße hinauskam, merkte er, daß der Wind nachgelassen hatte. Es schien wieder kälter zu werden.
    Schnee, dachte er. Jetzt wird er bald kommen.
    Er fuhr auf die Umgehungsstraße. Ein einsames Taxi war in entgegengesetzter Richtung unterwegs. Er fuhr langsam durch die leergefegte Stadt.
    Plötzlich entschloß er sich, am Auffanglager vorbeizufahren, das an der westlichen Einfahrt zur Stadt lag.
    Das Lager bestand aus einer Anzahl Baracken, die in langen Reihen auf einem freien Feld

Weitere Kostenlose Bücher