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Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Titel: Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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gib dem Lastwagenfahrer die Nummer und frag, ob er sie vielleicht wiedererkennt.«
    Er legte auf und ging zu Rydberg.
    »Kommst du voran?« fragte er.
    »Das hat nun wirklich keinen Spaß gemacht«, antwortete Rydberg düster.
    »Wer hat behauptet, daß Polizeiarbeit Spaß machen soll?«
    Aber Rydberg hatte seine Arbeit wie immer gründlich gemacht, genau wie Kurt Wallander vorausgesehen hatte. Die unterschiedlichen Unterkünfte waren eingekreist, und Rydberg hatte über jede einzelne eine kurze Beschreibung zusammengestellt. Als erste Maßnahme schlug er regelmäßige Nachtstreifen vor, die die Unterkünfte nach einem durchdachten Zeitschema abfahren sollten.
    »Gut«, sagte Kurt Wallander. »Sieh zu, daß die Streifen den Ernst der Lage begreifen.«
    Er gab Rydberg eine Übersicht über das, was bei seinem Besuch in Kristianstad herausgekommen war. Dann erhob er sich von seinem Stuhl.
    »Jetzt gehe ich nach Hause«, sagte er.
    »Du siehst fertig aus.«
    »Ich bekomme eine Erkältung. Aber im Moment läuft ja wohl auch alles wie von selbst.«
    Er fuhr direkt nach Hause, kochte Tee und kroch ins Bett. Als er ein paar Stunden später aufwachte, stand die Teetasse unberührt am Bett. Es war Viertel vor sieben. Er schüttete den kalten Tee weg und kochte Kaffee.
    Dann rief er seinen Vater an.
    Kurt Wallander begriff schnell, daß sein Vater von dem nächtlichen Brand nichts gehört hatte.
    |144| »Wollten wir nicht Karten spielen?« fragte der Vater wütend.
    »Ich bin krank«, antwortete Kurt Wallander.
    »Du bist doch nie krank!«
    »Ich bin erkältet.«
    »Das hat für mich nichts mit krank sein zu tun.«
    »Es können ja nicht alle deine unverwüstliche Natur haben.«
    »Was meinst du damit?«
    Kurt Wallander seufzte.
    Wenn er sich nicht schnell etwas einfallen ließ, würde das Gespräch mit seinem Vater unerträglich werden.
    »Ich komme morgen früh zu dir. Kurz nach acht. Wenn du dann schon aufgestanden bist.«
    »Ich schlafe nie länger als bis halb fünf.«
    »Ich schon.«
    Er machte Schluß und legte den Hörer auf.
    Gleichzeitig bereute er die Absprache mit seinem Vater. Den Tag mit einem Besuch bei ihm zu beginnen kam dem Akzeptieren eines Tages, der von Mißmut und Schuldgefühlen geprägt war, gleich.
    Er sah sich in der Wohnung um. Alles war von einer dicken Staubschicht bedeckt. Obwohl er oft lüftete, roch es muffig. Verlassen und muffig.
    Plötzlich fiel ihm die farbige Frau ein, von der er in der letzten Zeit geträumt hatte. Die Frau, die ihn Nacht für Nacht willig aufsuchte. Woher kam sie? Wo hatte er sie gesehen? War es ein Bild aus der Zeitung, oder war sie im Fernsehen aufgetaucht?
    Er fragte sich, woher es kam, daß er in seinen Träumen von einer ganz anderen erotischen Besessenheit erfaßt war, als er sie mit Mona erlebt hatte.
    Die Gedanken erregten ihn. Er überlegte noch einmal, ob er Anette Brolin anrufen sollte. Aber er konnte sich nicht dazu durchringen. Wütend setzte er sich auf das geblümte Sofa und |145| stellte den Fernseher an. Es war eine Minute vor sieben. Er suchte sich einen der dänischen Sender, auf dem die Nachrichten gerade anfingen.
    Der Nachrichtensprecher brachte eine Übersicht. Noch eine Hungerkatastrophe. Der Terror in Rumänien weitete sich aus. Eine große Beschlagnahme von Drogen in Odense.
    Er nahm die Fernbedienung und schaltete ab. Plötzlich konnte er keine Nachrichten mehr ertragen.
    Er dachte an Mona. Aber seine Gedanken nahmen ungeahnte Formen an. Plötzlich war er nicht mehr länger sicher, ob er wirklich wollte, daß sie zu ihm zurückkam. Wer sagte denn eigentlich, daß es dann besser werden würde?
    Genau: der Gedanke war reiner Selbstbetrug.
    Unruhig ging er in die Küche und trank ein Glas Saft. Dann setzte er sich und ging die Ermittlungslage noch einmal im Detail durch. Als er fertig war, breitete er seine Aufzeichnungen auf dem ganzen Tisch aus und betrachtete sie, als wenn sie Teile eines Puzzles wären. Plötzlich überkam ihn das Gefühl, daß sie einer Lösung vielleicht gar nicht mehr so fern waren. Obwohl noch viele Fäden in der Luft hingen, gab es doch eine Reihe von Details, die zusammenpaßten.
    Einen Täter hatten sie nicht. Es gab nicht einmal verdächtige Personen. Trotzdem hatte er das Gefühl, daß die Polizei nahe dran war. Das machte ihn gleichzeitig zufrieden und unruhig. Viel zu oft hatte er die Verantwortung für komplizierte Ermittlungsverfahren gehabt, die zwar vielversprechend angefangen hatten, dann aber in Sackgassen

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