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Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Titel: Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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eine Volkshochschule gehen?«
    »Das war ein Vorschlag von Herman.«
    Die Bedienung füllte ihre Weingläser nach. Kurt Wallander merkte, daß er anfing, betrunken zu werden.
    »Sie rief vor ein paar Tagen an«, sagte er. »Sie war in Ystad. Aber sie ist nicht zu mir gekommen, hat mich nicht besucht. Wenn du sie sehen solltest, dann richte ihr bitte aus, daß ich sie vermisse.«
    »Sie macht, was sie will.«
    »Ich bitte dich bloß darum, es ihr auszurichten!«
    »Das werde ich tun! Schrei nicht so!«
    »Ich schreie nicht!«
    In diesem Moment kam das Tartarbeefsteak. Sie aßen schweigend. Kurt Wallander fand, daß es nach nichts schmeckte. Er bestellte noch eine Flasche Wein und fragte sich, wie er nach Hause kommen sollte.
    »Dir scheint es gutzugehen«, sagte er.
    Sie nickte heftig und vielleicht auch ein wenig trotzig.
    »Und dir?«
    »Mir geht es beschissen. Aber sonst ist alles in Ordnung.«
    »Worüber wolltest du eigentlich mit mir sprechen?«
    Er hatte völlig vergessen, daß er sich ja noch eine Ausrede |171| für ihr Treffen einfallen lassen wollte. Jetzt hatte er keine Ahnung, was er sagen sollte.
    Die Wahrheit, dachte er ironisch. Warum versuche ich es nicht ganz einfach damit?
    »Ich wollte dich treffen«, sagte er. »Wovon ich sonst noch gesprochen habe, war eine Lüge.«
    Sie lächelte.
    »Ich bin froh, daß wir uns getroffen haben«, sagte sie.
    Plötzlich brach er in Tränen aus.
    »Ich vermisse dich so sehr«, murmelte er.
    Sie streckte die Hand aus und legte sie auf seine. Aber sie sagte nichts.
    Und genau in diesem Moment begriff Kurt Wallander, daß es vorbei war. Die Scheidung war durch nichts wieder rückgängig zu machen. Vielleicht würden sie hin und wieder gemeinsam essen gehen. Aber ihre Lebenswege liefen unweigerlich in unterschiedliche Richtungen. Ihr Schweigen trog nicht.
    Er begann, an Anette Brolin zu denken. Und an die farbige Frau, die in seinen Träumen zu ihm kam.
    Die Einsamkeit hatte ihn unvorbereitet getroffen. Nun mußte er sich dazu zwingen, sie anzunehmen, um dann vielleicht allmählich das neue Leben zu finden, für das niemand anders als er selbst die Verantwortung übernehmen konnte.
    »Beantworte mir nur eine Frage«, sagte er. »Warum hast du mich verlassen?«
    »Hätte ich dich nicht verlassen, hätte mich das Leben verlassen«, antwortete sie. »Ich wünschte, du könntest verstehen, daß es nicht dein Fehler war. Ich war es, die fühlte, daß ein Aufbruch notwendig war. Ich war diejenige, die sich dazu entschloß. Eines Tages wirst du verstehen, was ich meine.«
    »Ich möchte es jetzt verstehen.«
    Als sie gehen wollten, machte sie Anstalten, selbst zu bezahlen. Aber er bestand darauf, für sie beide zu bezahlen, und sie gab nach.
    »Wie kommst du nach Hause?« fragte sie.
    |172| »Es geht noch ein letzter Bus«, antwortete er. »Und wie kommst du nach Hause?«
    »Ich gehe«, sagte sie.
    »Ich begleite dich noch ein Stück.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Wir trennen uns hier«, sagte sie. »Es ist besser so. Aber ruf mich ruhig wieder an. Ich möchte, daß wir in Kontakt bleiben.«
    Sie küßte ihn hastig auf die Wange. Er sah sie mit energischen Schritten über die Kanalbrücke gehen. Als sie zwischen dem Savoy und dem Verkehrsamt verschwunden war, folgte er ihr. Früher an diesem Abend hatte er seine Tochter beschattet. Jetzt verfolgte er seine Frau.
    Neben dem Rundfunkgeschäft an der Ecke zum Marktplatz stand ein Auto. Sie stieg auf der Beifahrerseite ein. Kurt Wallander trat in einen Hauseingang, als das Auto an ihm vorbeifuhr. Für einen kurzen Moment sah er den Mann, der am Steuer saß.
    Er ging zu seinem eigenen Auto. Natürlich fuhr kein Bus mehr nach Ystad. Er suchte eine Telefonzelle und rief Anette Brolin an. Als sie abhob, legte er hastig den Hörer wieder auf.
    Er setzte sich in sein Auto, legte die Kassette mit Maria Callas ein und schloß die Augen.
    Mit einem Ruck wachte er davon auf, daß er fror. Er hatte fast zwei Stunden geschlafen. Obwohl er nicht nüchtern war, entschloß er sich, nach Hause zu fahren. Er würde eine Nebenstrecke über Svedala und Svaneholm nehmen. Dort würde er wohl kaum riskieren, einer Polizeistreife zu begegnen.
    Aber er begegnete einer. Er hatte völlig die Nachtstreife aus Ystad vergessen, die die Unterkünfte für Asylbewerber überwachen sollte. Und dabei hatte er es selbst so angeordnet.
    Peters und Noren entdeckten einen Schlangenlinien fahrenden Autofahrer zwischen Svaneholm und Slimminge, nachdem sie kontrolliert

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