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Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Titel: Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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hatten, daß auf Hageholm alles ruhig war. Obwohl sie im allgemeinen Wallanders Auto erkannten, wäre es ihnen nie in den Sinn gekommen, daß er es war, der da durch |173| die Nacht schlingerte. Außerdem war das Nummernschild so lehmverschmiert, daß es sich nicht mehr identifizieren ließ. Erst als sie das Auto gestoppt, an die Windschutzscheibe geklopft hatten und Kurt Wallander die Scheibe herunterdrehte, erkannten sie ihren stellvertretenden Chef.
    Keiner von ihnen sagte etwas. Norens Taschenlampe leuchtete in Wallanders blutunterlaufene Augen.
    »Alles ruhig?« fragte Wallander.
    Noren und Peters sahen sich an.
    »Ja«, sagte Peters schließlich. »Alles scheint ruhig zu sein.«
    »Dann ist ja alles bestens«, erwiderte Wallander und wollte die Scheibe wieder hochdrehen.
    Da trat Noren zu ihm heran.
    »Es ist wohl besser, wenn du aussteigst«, sagte er. »Jetzt sofort.«
    Kurt Wallander sah fragend zu dem Gesicht auf, das er im grellen Licht der Taschenlampe kaum ausmachen konnte.
    Dann gab er nach und gehorchte.
    Er stieg aus dem Auto.
    Die Nacht war kalt. Er merkte, daß er fror.
    Etwas war zu Ende gegangen.

|174| 9
    Kurt Wallander fühlte sich ganz und gar nicht wie der gutgelaunte Polizist, der in irgendeinem alten Schlager besungen wurde, als er am Freitag morgen kurz nach sieben durch die Türen des Hotels »Svea« in Simrishamn trat. Über Schonen fiel ein fast undurchdringlicher Schneeregen, und durch den kurzen Weg vom Auto bis zum Hotel waren seine Schuhe bereits durchgeweicht.
    Außerdem hatte er Kopfschmerzen.
    Er bat die Kellnerin um ein paar Kopfschmerztabletten. Sie kam mit einem Glas Wasser zurück, in dem ein weißes Pulver sprudelte.
    Als er seinen Kaffee trank, sah er, daß seine Hand zitterte.
    Es war gleichermaßen aus Angst wie aus Erleichterung.
    Als Noren ihm vor ein paar Stunden auf der Landstraße zwischen Svaneholm und Slimminge befohlen hatte, aus dem Auto zu steigen, hatte er gedacht, es wäre alles aus, seine Polizeilaufbahn beendet. Die Fahrt mit Alkohol am Steuer dürfte eine unmittelbare Suspendierung zur Folge haben. Selbst wenn er nach abgesessener Gefängnisstrafe wieder zum aktiven Polizeidienst zurückkehren würde, könnte er seinen früheren Kollegen nicht mehr in die Augen sehen.
    Er hatte flüchtig erwogen, vielleicht beim Sicherheitsdienst eines Unternehmens anzufangen. Oder sich durch die Kontrollen eines weniger wählerischen Überwachungsdienstes schummeln zu können. Aber seine zwanzigjährige Tätigkeit als Polizeibeamter würde zu Ende sein. Wo er doch Polizist und nichts anderes war.
    |175| Er hatte nicht einen Augenblick daran gedacht, Peters und Noren zu bestechen. Er wußte, daß dies unmöglich war. Seine einzige Chance war, sie eindringlich zu bitten, an den Teamgeist und die Kameradschaft zu appellieren, an die Freundschaft, die zwischen ihnen eigentlich nicht bestand.
    Aber dazu war es nicht gekommen.
    »Fahr mit Peters, dann fahre ich dein Auto nach Hause«, hatte Noren gesagt.
    Kurt Wallander erinnerte sich an seine Erleichterung, aber auch an die nicht zu überhörende Verachtung in Norens Stimme.
    Ohne ein Wort zu sagen, hatte er sich auf den Rücksitz des Streifenwagens gesetzt. Peters war während der ganzen Fahrt bis zur Mariastraße in Ystad stumm und verschlossen gewesen.
    Noren war ihnen hinterhergefahren, hatte den Wagen geparkt und ihm die Schlüssel gegeben.
    »Hat dich jemand gesehen?« hatte Noren gefragt.
    »Keiner außer euch.«
    »Da hast du verdammtes Glück gehabt.«
    Peters hatte zustimmend genickt. Und in diesem Augenblick hatte Kurt Wallander gewußt, daß nichts herauskommen würde. Um ihm zu helfen, hatten Peters und Noren ein grobes Dienstvergehen begangen. Warum, wußte er nicht.
    »Danke«, hatte er gesagt.
    »Ist schon in Ordnung«, hatte Noren geantwortet.
    Dann waren sie gefahren.
    Kurt Wallander war in seine Wohnung hinaufgegangen und hatte den Rest einer fast leeren Whiskyflasche ausgetrunken. Danach war er für einige Stunden auf dem Bett eingeschlummert. Ohne zu denken, ohne zu träumen. Um Viertel nach sechs hatte er sich nach einer schlampigen Rasur wieder ins Auto gesetzt.
    Er war sich natürlich darüber im klaren, daß er noch nicht wieder nüchtern war. Aber jetzt bestand nicht mehr die Gefahr, |176| Peters und Noren noch einmal zu begegnen. Sie hatten ihren Dienst um sechs Uhr beendet.
    Er versuchte, sich auf das nun Bevorstehende zu konzentrieren. Göran Boman würde gleich kommen, und sie würden sich zusammen

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