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Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Titel: Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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glaube ich nicht, daß er der Richtige ist.«
    »Warum nicht?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Ich dachte, du hättest etwas von guten Nachrichten gesagt?«
    »Das habe ich auch. Jetzt komme ich nämlich zu der dritten Frau. Ich dachte mir, daß du wohl nichts dagegen haben würdest, daß ich sie alleine aufsuche.«
    »Natürlich nicht.«
    »Wie du dich vielleicht erinnerst, heißt sie Ellen Magnusson. Sie ist sechzig Jahre alt und arbeitet in einer Apotheke hier in Kristianstad. Ich hatte übrigens schon einmal mit ihr zu tun. Vor ein paar Jahren hat sie bei einem Verkehrsunfall einen Straßenarbeiter tödlich verletzt. Sie hat damals behauptet, sie wäre von der Sonne geblendet worden. Das stimmte wohl auch. 1955 brachte sie einen Sohn zur Welt, dessen Vater als unbekannt angegeben wurde. Der Sohn heißt Erik und wohnt heute in Malmö. Er ist bei der Stadt angestellt. Ich bin zu ihr nach Hause gefahren. Sie wirkte verängstigt und etwas überdreht, ganz so, als habe sie auf einen Besuch der Polizei gewartet. Sie leugnete, daß Johannes Lövgren der Vater des Jungen war. Aber ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, daß sie lügt. Wenn du mich fragst, hätte ich große Lust, mich auf sie zu konzentrieren. Den Vogelhändler und seine Mutter werde ich deshalb natürlich nicht aus den Augen verlieren.«
    |206| »Die nächsten vierundzwanzig Stunden werde ich wohl zu nichts anderem kommen, als an dieser Sache hier weiterzuarbeiten«, sagte Kurt Wallander. »Ich bin dir für alles dankbar, was du mir abnehmen kannst.«
    »Ich schicke dir die Unterlagen rüber«, sagte Göran Boman. »Und die Geldscheine. Ich nehme an, daß du den Empfang quittieren mußt.«
    »Wenn das erst einmal alles vorbei ist, dann trinken wir einen Whisky zusammen«, erwiderte Kurt Wallander.
    »Im März soll es auf Snogeholms Schloß eine Tagung über die neuen Schmuggelpfade für Drogen im ehemaligen Ostblock geben«, meinte Göran Boman. »Wie wäre es denn damit?«
    »Klingt gut«, antwortete Kurt Wallander.
    Sie beendeten das Gespräch, und er ging zu Martinsson hinein, um nachzufragen, ob schon Hinweise auf den gesuchten Citroën eingegangen waren.
    Martinsson schüttelte den Kopf. Noch nichts.
    Kurt Wallander kehrte zurück in sein Büro und legte die Füße auf den Schreibtisch. Es war halb zwölf. Langsam sammelte er seine Gedanken. Zunächst ging er systematisch den Mord in der Nähe der Flüchtlingsunterkunft durch. War ihm etwas entgangen? Gab es eine Lücke in Rydbergs Ablauf der Ereignisse oder etwas, was man unmittelbar in Angriff nehmen mußte?
    Er war zufrieden damit, daß die Ermittlungen so effektiv angelaufen waren, wie man sich nur denken konnte. Jetzt galt es vor allem, die Ergebnisse der verschiedenen technischen Analysen abzuwarten und zu hoffen, daß das Auto gefunden wurde.
    Er änderte seine Stellung auf dem Stuhl, löste den Knoten seiner Krawatte und dachte an das, was Göran Boman berichtet hatte. Er verließ sich voll und ganz auf dessen Einschätzung.
    Wenn Boman den Eindruck hatte, daß die Frau log, dann war da sicher auch etwas dran.
    |207| Aber warum nahm er Nils Velander so auf die leichte Schulter?
    Er zog die Füße vom Schreibtisch herunter und griff nach einem leeren Blatt Papier. Dann machte er sich einen Merkzettel mit allen Sachen, die er in den nächsten Tagen unbedingt erledigen mußte. Er nahm sich vor, bereits am nächsten Tag etwas bei der Raiffeisenbank zu erreichen, obwohl es ein Samstag war.
    Als er mit seinem Merkzettel fertig war, stand er auf und reckte sich. Es war kurz nach Mitternacht. Im Flur hörte er Hansson mit Martinsson reden. Aber er konnte nicht verstehen, was sie sagten.
    Draußen vor dem Fenster schwankte eine Straßenlaterne im Wind. Er fühlte sich verschwitzt und schmutzig und überlegte, ob er nicht im Umkleideraum des Polizeipräsidiums eine Dusche nehmen sollte. Er öffnete das Fenster und sog die kalte Luft ein. Es hatte aufgehört zu regnen.
    Er merkte, daß er beunruhigt war. Wie sollten sie nur verhindern, daß der Mörder ein weiteres Mal zuschlug?
    Das nächste Opfer würde eine Frau sein, als Antwort auf Maria Lövgrens Tod.
    Er setzte sich wieder an den Schreibtisch und zog den Ordner mit der Übersicht über alle Unterkünfte für Asylbewerber in Schonen zu sich heran. Der Mörder würde wohl kaum nach Hageholm zurückkehren. Aber auch so gab es genug denkbare Alternativen. Und wenn der Mörder sein Opfer genauso zufällig wählen sollte wie beim letzten Mal, hatten sie noch

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