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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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fort und bog Richtung Kåseberga ab. Der Nieselregen hatte aufgehört. Statt dessen war es windig geworden.
    In Kåseberga tankte er. Da er etwas früh dran war, fuhr er zum Hafen hinunter. Er parkte und trat in den Wind hinaus. Kein Mensch war zu sehen. Der Kiosk und die Fischräuchereien waren geschlossen.
    Wir leben in einer merkwürdigen Zeit, dachte er. Manche Gegenden dieses Landes sind nur während der Sommermonate geöffnet. Ganze Gemeinden hängen Schilder auf, auf denen »Geschlossen« steht.
    Obwohl er fror, ging er auf den steinernen Pier hinaus. Das Meer war wie leergefegt, nirgends war ein Schiff zu entdecken. Er dachte an die Leichen in dem Rettungsboot. Wer waren sie? Was war geschehen? Warum waren sie gefoltert und ermordet worden? Wer hatte ihnen die Jacketts angezogen?
    Er sah auf die Uhr, ging zum Auto zurück und fuhr auf direktem Weg zum Haus seines Vaters, das südlich von Löderup auf dem Land lag.
    Sein Vater stand wie immer in dem alten Schuppen und malte. Kurt Wallander schlug der satte Duft von Terpentin und Ölfarbe entgegen. Es kam ihm vor, als sei er wieder in seine Kindheit zurückgekehrt. Der seltsame Geruch, der seinen an der Staffelei stehenden Vater ständig umgab, gehörte zu den frühesten Erinnerungen seines Lebens. Nicht einmal das Motiv auf der Leinwand hatte sich im Laufe der Jahre verändert. Sein Vater malte immer wieder das gleiche Bild, eine Landschaft im Sonnenuntergang. Auf Wunsch der Auftraggeber |54| fügte er links im Vordergrund hin und wieder einen Auerhahn hinzu.
    Kurt Wallanders Vater malte Gebrauchskunst. Er hatte es in seinem Genre zu einer Vollendung gebracht, die darin bestand, nicht einmal mehr das Motiv wechseln zu müssen. Erst als Erwachsener hatte Kurt Wallander begriffen, daß die Gründe dafür nicht Faulheit oder Unfähigkeit waren. Es war eher so, daß das Unveränderliche seinem Vater jene Geborgenheit gab, die er offensichtlich brauchte, um mit seinem Leben zurechtzukommen.
    Sein Vater legte den Pinsel zur Seite und wischte sich die Hände an einem schmutzigen Handtuch ab. Er trug wie immer einen Overall und abgeschnittene Gummistiefel.
    »Ich bin fertig. Wir können fahren«, meinte er.
    »Willst du dich nicht umziehen?« schlug Wallander vor.
    Sein Vater sah ihn verständnislos an.
    »Warum sollte ich mich umziehen? Muß man heutzutage einen Anzug tragen, um Farbe kaufen zu können?«
    Wallander wußte, daß jede Diskussion sinnlos war. Sein Vater besaß eine grenzenlose Sturheit. Außerdem bestand die Gefahr, daß er wütend wurde und die Fahrt nach Malmö unerträglich machte.
    »Mach, was du willst«, sagte er deshalb nur.
    »Ja«, erwiderte sein Vater. »Ich mache, was ich will.«
    Sie fuhren nach Malmö. Sein Vater betrachtete die Landschaft, die am Autofenster vorbeizog.
    »Es ist häßlich«, sagte er unvermittelt.
    »Was ist häßlich?«
    »Schonen ist im Winter häßlich. Grauer Lehm, graue Bäume, grauer Himmel. Und das graueste von allem sind die Menschen.«
    »Vielleicht hast du recht.«
    »Natürlich habe ich recht. Das ist gar keine Frage. Schonen ist im Winter häßlich.«
    Das Farbengeschäft lag im Zentrum von Malmö. Kurt Wallander |55| hatte Glück und bekam direkt vor dem Geschäft einen Parkplatz. Sein Vater wußte genau, was er wollte. Leinwand, Farben, Pinsel und einige Palettenmesser. An der Kasse zog er ein zerknittertes Bündel Geldscheine aus seiner Tasche. Kurt Wallander hielt sich die ganze Zeit im Hintergrund. Er durfte seinem Vater nicht einmal helfen, die Utensilien zum Auto zu tragen.
    »Jetzt bin ich fertig«, meinte sein Vater. »Wir können wieder nach Hause fahren.«
    Plötzlich kam Kurt Wallander der Gedanke, daß sie unterwegs irgendwo einkehren und zusammen essen könnten. Zu seiner Verwunderung hielt sein Vater das für eine gute Idee. Sie hielten an dem Motel in Svedala und betraten das Restaurant.
    »Sag dem Oberkellner, daß wir einen guten Tisch wollen«, wies sein Vater ihn an.
    »Das hier ist ein Selbstbedienungsrestaurant«, antwortete Kurt Wallander. »Hier wird es keinen Oberkellner geben.«
    »Dann gehen wir woanders hin«, gab sein Vater kurz zurück. »Wenn wir schon essen gehen, will ich das Essen auch serviert bekommen.«
    Kurt Wallander warf mißmutig einen Blick auf den schmutzigen Overall seines Vaters. Dann fiel ihm ein, daß es in Skurup eine heruntergekommene Pizzeria gab. Dort würde der Aufzug seines Vaters sicher niemanden stören. Sie fuhren nach Skurup und parkten vor der Pizzeria.

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