Wallander 02 - Hunde von Riga
davon abhalten lassen, die Konfrontation zu suchen. Er nickte Björk zu, um das Wort zu bekommen.
»Es gibt hier allzuviel, was mir unklar erscheint«, sagte er. »Damit meine ich nicht den Stand der Ermittlungen an sich. Aber es will mir einfach nicht in den Kopf, warum es das Außenministerium für notwendig erachtet, Birgitta Törn nach Ystad zu schicken. Ich kann nicht glauben, daß uns das Außenministerium nur bei Kontakten, zum Beispiel zur russischen |79| Polizei, beistehen will, falls das überhaupt nötig sein sollte. Das könnte man auch durch ein Telex nach Stockholm regeln. Mir scheint vielmehr, als habe das Außenministerium beschlossen, unsere Ermittlungen zu überwachen. Deshalb möchte ich gerne wissen, was genau überwacht werden soll, und vor allen Dingen, warum das Außenministerium auf diese Idee gekommen ist. Ich kann nicht leugnen, daß ich den meines Erachtens naheliegenden Verdacht hege, daß das Außenministerium etwas weiß, wovon wir keine Ahnung haben. Aber vielleicht ist es auch gar nicht das Außenministerium, das auf diese Idee gekommen ist? Vielleicht ist es ja auch jemand anderer?«
Es war totenstill im Raum, als er verstummte. Björk starrte Wallander entsetzt an.
Schließlich war es Birgitta Törn, die das Schweigen brach.
»Es gibt keine Veranlassung, den von uns angegebenen Gründen für unsere Präsenz in Ystad zu mißtrauen. Die instabile politische Lage in Osteuropa verlangt von uns, daß wir den Entwicklungen genauestens folgen.«
»Aber wir wissen doch nicht einmal genau, ob die Männer wirklich aus Osteuropa stammen«, wandte Wallander ein. »Oder wißt ihr da etwas, was wir nicht wissen? Wenn dem so ist, würde ich nämlich gerne wissen, was es ist.«
»Vielleicht sollten wir uns jetzt wieder etwas beruhigen«, meinte Björk.
»Ich möchte Antwort auf meine Fragen bekommen«, protestierte Wallander. »Ich begnüge mich nicht mit leeren Phrasen über die instabile politische Lage.«
Birgitta Törns Gesicht verlor auf einmal seinen undeutbaren Ausdruck. Sie sah ihn mit Augen an, die deutlich von einer wachsenden Mißbilligung und Distanzierung zeugten. Ich bin lästig, dachte Wallander. Ich gehöre zum lästigen Fußvolk.
»Es verhält sich genau so, wie ich gesagt habe«, sagte Birgitta Törn. »Wenn Sie vernünftig wären, würden Sie einsehen, daß es überhaupt keinen Grund für Ihr Mißtrauen gibt.«
|80| Wallander schüttelte den Kopf. Dann wandte er sich an Lovén und Rönnlund.
»Wie sehen eure Instruktionen aus?« fragte er. »Stockholm schickt doch fast nie jemanden, es sei denn, es liegt ein offizielles Ersuchen um Hilfe vor. Und einen solchen Antrag haben wir nicht gestellt, soweit ich weiß. Oder haben wir das etwa?«
Björk schüttelte den Kopf, als Wallander sich ihm fragend zuwandte.
»Das hat Stockholm also eigenmächtig entschieden«, fuhr er fort. »Ich möchte gerne den Grund dafür erfahren, wenn wir wirklich zusammenarbeiten können sollen. Es kann doch nicht angehen, daß unserem Polizeidistrikt die Fähigkeit, seine Arbeit ordentlich zu erledigen, bereits abgesprochen wird, obwohl wir gerade erst mit ihr begonnen haben?«
Lovén rutschte unbehaglich hin und her. Schließlich blieb es Rönnlund überlassen zu antworten. Kurt Wallander hörte, daß in seiner Stimme Sympathie mitschwang.
»Der Landespolizeichef war der Ansicht, daß ihr Hilfe brauchen könntet«, sagte er. »Unsere Aufgabe ist es, euch zur Verfügung zu stehen, nichts anderes. Ihr leitet die Ermittlungen. Wenn wir euch helfen können, tun wir das gerne. Weder Bertil noch ich zweifeln an eurer Fähigkeit, diesen Fall auch ohne uns zu bearbeiten. Persönlich bin ich der Meinung, daß ihr eure Arbeit in diesen Tagen sowohl schnell als auch zielstrebig erledigt habt.«
Wallander nickte angesichts dieser Anerkennung. Martinsson saß da und lächelte, während Svedberg mit einem Holzstückchen, das er vom Konferenztisch abgebrochen hatte, gedankenverloren in den Zähnen herumstocherte.
»Dann können wir jetzt vielleicht überlegen, wie wir weitermachen«, sagte Björk.
»Ausgezeichnet«, sagte Wallander. »Ich habe da ein paar Theorien, zu denen ich gerne eure Meinung hören würde. Aber zunächst möchte ich euch von einem kleinen nächtlichen Abenteuer erzählen.«
|81| Sein Ärger war verflogen. Jetzt war er wieder ruhig. Er hatte seine Kräfte mit Birgitta Törn gemessen und war nicht besiegt worden. Er würde schon noch herausfinden, warum sie wirklich gekommen war.
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