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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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von seinem Ausflug in der vorangegangenen Nacht.
    Lange blieb er mit seiner Kaffeetasse am Küchentisch sitzen. Er versuchte sich vorzustellen, Rydberg säße ihm gegenüber und kommentiere die Ereignisse des Tages. Schritt für Schritt ging er mit seinem unsichtbaren Besucher die Ermittlung durch. Drei Tage waren nun vergangen, seit das Boot bei Mossby Strand an Land getrieben war. Solange es ihnen nicht glückte, die Identität der Männer festzustellen, würden sie |86| nicht weiterkommen. Dann würde das Rätsel mit großer Wahrscheinlichkeit für immer ungelöst bleiben.
    Er stellte die Kaffeetasse auf die Spüle. Eine vertrocknende Blume am Küchenfenster zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Er goß sie mit einem Glas Wasser, ging dann ins Wohnzimmer und legte eine Platte mit Maria Callas auf. Zu den Tönen von ›La Traviata‹ faßte er endgültig den Beschluß, das Fischerboot warten zu lassen.
    Später am Abend versuchte er, seine Tochter in der Volkshochschule bei Stockholm anzurufen. Er ließ es lange klingeln, ohne daß jemand abhob. Gegen halb elf legte er sich schließlich hin und schlief fast augenblicklich ein.
     
    Am nächsten Tag, dem vierten Tag der Ermittlungen, kurz vor zwei Uhr nachmittags, traf ein, worauf alle gewartet hatten. Birgitta Törn kam zu Wallander und reichte ihm ein Telex. Über ihre Vorgesetzten in Moskau hatte die Polizei im lettischen Riga dem schwedischen Außenministerium mitteilen lassen, daß es sich bei den Männern, die in einem Rettungsboot an der schwedischen Küste aufgefunden worden waren, höchstwahrscheinlich um lettische Staatsangehörige handelte. Um die weiteren Ermittlungen zu erleichtern, schlug Major Litvinov von der Moskauer Polizei seinen schwedischen Kollegen vor, direkten Kontakt mit der Mordkommission in Riga aufzunehmen.
    »Es gibt sie also«, sagte Wallander. »Die lettische Polizei.«
    »Hat etwa jemand das Gegenteil behauptet?« sagte Birgitta Törn. »Aber wenn Sie sich direkt an Riga gewandt hätten, wäre es unter Umständen zu diplomatischen Verwicklungen gekommen. Es ist noch nicht einmal sicher, ob wir überhaupt eine Antwort erhalten hätten. Ich nehme an, es ist Ihnen nicht entgangen, daß die Lage in Lettland im Augenblick äußerst gespannt ist.«
    Wallander wußte, was sie meinte. Es war nicht einmal ein Monat vergangen, seit jene sowjetische Elitetruppe, die auch |87| die »Schwarzen Barette« genannt wurde, das Gebäude des Innenministeriums im Zentrum von Riga beschossen hatte. Eine Reihe unschuldiger Zivilisten war dabei getötet worden. Auf den Zeitungsbildern hatte Wallander Barrikaden aus Steinblöcken und zusammengeschweißten Eisenrohren gesehen. Aber er verstand trotzdem nicht richtig, was dort wirklich vor sich ging. Er schien immer zu wenig darüber zu wissen, was um ihn herum geschah.
    »Was machen wir jetzt?« fragte er unsicher.
    »Wir nehmen Kontakt zur Polizei in Riga auf. Vor allem geht es wohl zunächst darum, eine Bestätigung dafür zu erhalten, daß die Männer tatsächlich lettische Staatsbürger waren.«
    Wallander las das Schreiben noch einmal durch.
    Offensichtlich hatte der Mann auf dem Kutter recht gehabt. Das Boot war tatsächlich aus einem der baltischen Länder angetrieben worden.
    »Wir wissen immer noch nicht, wer die Männer sind«, sagte er.
     
    Drei Stunden später wußte Wallander es. Ein Telefongespräch aus Riga war angekündigt worden, und die gesamte Fahndungsgruppe hatte sich im Konferenzraum versammelt. Björk war so aufgeregt, daß er seinen Anzug mit Kaffee bekleckerte.
    »Ist jemand hier, der Lettisch spricht?« fragte Wallander. »Ich kann es jedenfalls nicht.«
    »Das Gespräch wird auf englisch geführt werden«, sagte Birgitta Törn. »Darum haben wir gebeten.«
    »Du wirst das Gespräch übernehmen«, sagte Björk zu Wallander.
    »Mein Englisch ist nicht sonderlich gut.«
    »Seins bestimmt auch nicht«, meinte Rönnlund. »Wie hieß er noch? Major Litvinov? Das gleicht sich schon aus.«
    »Major Litvinov arbeitet in Moskau«, korrigierte Birgitta Törn. »Gleich werden wir mit der Polizei in Riga sprechen. Das liegt in Lettland.«
    |88| Neunzehn Minuten nach fünf kam das Gespräch. Die Leitung war erstaunlich gut, und Wallander hörte eine Stimme, die sich als Major Liepa von der Kriminalpolizei in Riga vorstellte. Wallander machte sich Notizen, während er zuhörte. Dann und wann antwortete er auf eine Frage. Major Liepa sprach ein sehr schlechtes Englisch. Wallander verstand nicht alles,

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