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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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die Sachen mußten eine Stange Geld gekostet haben, und er wunderte sich, daß ein Polizeioberst so gut verdiente. Bestechungsgelder, überlegte er, Bestechungsgelder und Korruption. Aber er verdrängte den Gedanken sofort wieder. Er kannte Oberst Putnis und seine Frau nicht. Vielleicht gab es in Lettland nach wie vor wohlhabende Familien, obwohl die Machthaber fast fünfzig Jahre Zeit gehabt hatten, sämtliche wirtschaftliche Normen zu verändern?
    Was wußte er schon darüber? Nichts.
    Sie aßen in einem von hohen Kandelabern erhellten Zimmer. Wallander konnte dem Gespräch entnehmen, daß auch Putnis’ Frau bei der Polizei arbeitete, aber in einer anderen Abteilung. Es kam ihm so vor, als sei ihre Arbeit streng geheim, und ihm fuhr der Gedanke durch den Kopf, daß sie vielleicht der lettischen Abteilung des KGB angehörte. Sie stellte ihm viele Fragen über Schweden, und der Wein machte ihn angeberisch, obwohl er versuchte, sich zurückzuhalten.
    |213| Nach dem Essen verschwand Ausma in der Küche, um Kaffee zu kochen. Putnis servierte Kognak in einem Wohnzimmer, das mit geschmackvollen Ledersitzgruppen eingerichtet war. Wallander dachte, daß er es sich nie im Leben leisten könnte, solche Möbel zu kaufen. Der Gedanke machte ihn plötzlich aggressiv. Er fühlte sich auf einmal persönlich verantwortlich. Als hätte er selbst durch mangelnden Protest zu den Bestechungsgeldern beigetragen, die Oberst Putnis’ Heim finanziert hatten.
    »Lettland ist ein Land mit scharfen Kontrasten«, sagte er und merkte, wie er über die englischen Worte stolperte.
    »Ist Schweden das nicht auch?«
    »Natürlich, aber sie fallen einem nicht so ins Auge. Für einen schwedischen Polizeibeamten wäre es undenkbar, in einem Haus wie dem Ihren zu wohnen.«
    Oberst Putnis breitete entschuldigend die Arme aus.
    »Meine Frau und ich sind nicht reich«, sagte er. »Aber wir haben viele Jahre sparsam gelebt. Ich bin über fünfundfünfzig. Ich möchte im Alter gerne bequem leben. Kann das ein Fehler sein?«
    »Ich spreche nicht von Fehlern«, erwiderte Wallander. »Ich spreche von Unterschieden. Als ich Major Liepa traf, war es das erste Mal, daß ich einen Menschen aus einem der baltischen Länder kennenlernte. Ich stellte mir vor, daß er aus einem sehr armen Land kam.«
    »Hier gibt es viele arme Menschen, das streite ich nicht ab.«
    »Ich möchte gerne wissen, wie es wirklich ist.«
    Oberst Putnis betrachtete ihn mit einem forschenden Blick.
    »Ich glaube nicht, daß ich Ihre Frage verstanden habe?«
    »Mit den Bestechungsgeldern, der Korruption, dem Zusammenhang zwischen kriminellen Organisationen und Politikern. Ich möchte gern die Antwort auf etwas, was Major Liepa erwähnte, als er mich in Schweden besuchte. Etwas, das er sagte, als er ungefähr so betrunken war, wie ich es jetzt bin.«
    Oberst Putnis sah ihn lächelnd an.
    |214| »Natürlich«, sagte er. »Ich will versuchen, Ihnen zu antworten, wenn ich kann. Aber zuerst muß ich wissen, was Major Liepa gesagt hat.«
    Wallander wiederholte seine Worte, das erlogene Zitat, mit dem er vor ein paar Stunden bereits Oberst Murniers konfrontiert hatte.
    »Selbstverständlich kommen auch bei der lettischen Polizei Unregelmäßigkeiten vor«, antwortete Putnis. »Viele Polizisten haben niedrige Löhne, die Versuchung, sich bestechen zu lassen, ist groß. Aber ich muß Ihnen sagen, daß Major Liepa leider dazu neigte, die herrschenden Verhältnisse zu übertreiben. Seine Ehrlichkeit und sein Fleiß waren natürlich bewundernswert. Aber er vermischte wohl Fakten und emotionale Wahnvorstellungen.«
    »Sie sind also der Ansicht, daß er übertrieben hat?«
    »Das hat er wohl leider getan.«
    »Auch mit seiner Behauptung, daß ein Polizist in hoher Position tief in kriminelle Aktivitäten verwickelt sei?«
    Oberst Putnis wärmte das Kognakglas zwischen seinen Händen.
    »Er muß also Oberst Murniers oder mich selbst damit gemeint haben«, sagte er nachdenklich. »Das erstaunt mich. Eine ebenso unglückliche wie unvernünftige Behauptung.«
    »Es muß aber doch eine Erklärung für seine Behauptung geben?«
    »Vielleicht fand Major Liepa, daß Murniers und ich zu langsam älter wurden«, sagte Putnis lächelnd. »Vielleicht war er unzufrieden, weil wir seiner eigenen Beförderung im Wege standen?«
    »Major Liepa erweckte nicht den Eindruck, unbedingt Karriere machen zu wollen.«
    Putnis nickte gedankenvoll.
    »Lassen Sie mich Ihnen eine denkbare Antwort geben«, begann er. »Aber das

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