Wallander 03 - Die weisse Löwin
beunruhigen.«
Wallander fuhr in die Stadt zurück.
Jetzt schlagen wir zu, dachte er. Ich werde Lovén und seiner Fahndungstruppe diese ganze seltsame Geschichte erzählen. Und wir werden Rykoff oder seine Frau zum Reden bringen.
Aber nun schnappen wir sie, dachte er. Nun schnappen wir sie.
Beinahe hätte Konovalenko Tanias Signal übersehen. Als er seinen Wagen vor dem Haus in Hallunda abgestellt hatte, warf er wie gewöhnlich einen Blick die Fassade hinauf. Sie hatten vereinbart, daß Tania ein Fenster offenstehen lassen würde, wenn er aus irgendeinem Grund besser nicht hinaufkommen sollte. Das Fenster war geschlossen. Als er auf dem Weg zum Fahrstuhl war, fiel ihm ein, daß er die Tüte mit den zwei Wodkaflaschen im Auto vergessen hatte. Er holte sie und schaute dabei noch einmal reflexartig an der Hauswand empor. Da entdeckte er das inzwischen geöffnete Fenster. Er lief schleunigst zum Wagen zurück und setzte sich hinters Lenkrad, um abzuwarten.
Als Wallander aus dem Haus kam, begriff er sofort, daß Tania ihn vor einem Polizisten hatte warnen wollen.
Tania konnte seine Vermutung nachträglich bestätigen. Der Mann hieß Wallander und war Kriminalkommissar. Sie hatte sich ebenso gemerkt, daß er seiner Legitimation zufolge aus Ystad kam.
»Was wollte er?« fragte Konovalenko.
»Er wollte wissen, ob ich jemanden kenne, der Konovalenko heißt«, antwortete Rykoff.
»Gut.«
Beide, Tania und Rykoff, sahen ihn verständnislos an.
»Natürlich ist das gut. Wer kann denn über mich geredet |250| haben, wenn ihr es nicht wart? Es gibt nur einen: Victor Mabasha. Durch diesen Polizisten werden wir ihn kriegen.«
Dann befahl er Tania, Gläser zu holen. Sie tranken Wodka.
Im stillen prostete Konovalenko dem Polizisten aus Ystad zu. Er war plötzlich sehr zufrieden mit sich.
Wallander kehrte nach seinem Besuch in Hallunda direkt ins Hotel zurück. Als erstes rief er seine Tochter an. »Können wir uns treffen?« fragte er.
»Jetzt? Ich dachte, du arbeitest.«
»Ich habe ein paar Stunden Zeit. Wenn du kannst.«
»Wo wollen wir uns treffen? Du wirst dich in Stockholm schlecht zurechtfinden.«
»Ich weiß, wo der Hauptbahnhof ist.«
»Wollen wir uns da treffen? In der großen Halle? In fünfundvierzig Minuten?«
»Ja, paßt mir gut.«
Sie beendeten das Gespräch. Wallander ging hinunter zur Rezeption.
»Für den Rest des Nachmittags bin ich nicht zu erreichen. Das gilt für jeden, der sich meldet, egal, ob persönlich oder am Telefon. Ich bin in einer wichtigen Angelegenheit unterwegs.«
»Bis wann?« fragte der Mann an der Rezeption.
»Bis auf weiteres.«
Als er dann zum Bahnhof hinübergeschlendert war und Linda in der großen Halle auf sich zukommen sah, hätte er sie beinahe nicht erkannt. Sie hatte sich die Haare kürzer geschnitten und schwarz gefärbt. Außerdem war sie stark geschminkt. Über einem schwarzen Overall trug sie einen knallroten Regenmantel. An den Füßen hatte sie Stiefel mit kurzem Schaft und hohen Absätzen.
Wallander sah, daß sich mehrere Männer nach ihr umdrehten, und war plötzlich wütend und verlegen zugleich.
Er hatte sich mit seiner Tochter verabredet. Es war jedoch eine selbstbewußte junge Frau gekommen. Ihre frühere Schüchternheit war offensichtlich verschwunden. Er umarmte sie mit dem Gefühl, daß irgend etwas nicht mit rechten Dingen zuging.
|251| Sie sagte, sie sei hungrig. Es hatte angefangen zu regnen, und sie rannten zu einem Café in der Vasagata, genau gegenüber dem großen Postgebäude.
Er betrachtete sie, während sie aß, und schüttelte den Kopf, als sie fragte, ob er für sich denn nichts bestellen wolle.
»Mama war vorige Woche hier«, sagte sie plötzlich zwischen zwei Bissen. »Sie wollte mir ihren neuen Kerl vorstellen. Hast du ihn schon mal gesehen?«
»Ich habe über ein halbes Jahr nicht mehr mit ihr gesprochen.«
»Ich glaube, ich kann ihn nicht besonders leiden. Es schien mir, als würde er sich mehr für mich interessieren als für Mama.«
»Ach ja?«
»Er importiert Werkzeug aus Frankreich. Aber am meisten hat er über Golf gesprochen. Du weißt doch, daß Mama angefangen hat, Golf zu spielen?«
»Nein«, sagte Wallander erstaunt. »Das wußte ich nicht.«
Sie sah ihn einen Augenblick an, bevor sie fortfuhr. »Es ist nicht gut, daß du nicht weißt, was sie macht. Trotz allem ist sie bisher die wichtigste Frau in deinem Leben. Sie kennt dich in- und auswendig. Sie weiß sogar von dieser Frau da in
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