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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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ruhiger geworden, auch wenn er unangenehm davon berührt schien, sich in einem kalten und feuchten Grab aufhalten zu müssen. Hinter ihnen standen Särge, in steinerne Sarkophage eingeschlossen, übereinander gestapelt.
    »Hast du einen Namen?« fragte er.
    »Nenn mich Goli«, sagte Victor Mabasha. »Das reicht.«
    »Und du kommst aus Südafrika?«
    »Vielleicht. Aber das ist nicht wichtig.«
    »Für mich ist das wichtig.«
    »Für uns ist nur eines wichtig: Wo sich Konovalenko aufhält.« Die letzten Worte stieß er scharf hervor. Der Polizist verstand. Angst trat wieder in seine Augen.
    Im selben Augenblick erstarrte Victor Mabasha. Seine Wachsamkeit war während des Gesprächs mit dem Polizisten nicht erlahmt. Jetzt hatten seine empfindlichen Ohren einen Laut von draußen registriert. Er machte dem Polizisten ein Zeichen, sich nicht zu bewegen. Dann nahm er die Pistole in die Hand und drehte die Flamme der Gaslampe herunter.
    Jemand war draußen vor der Grabstätte. Und es war kein Tier. Die Bewegungen waren allzu bewußt vorsichtig.
    Er lehnte sich vor und packte den Polizisten an der Kehle. »Zum letzten Mal«, keuchte er. »Ist dir jemand gefolgt?«
    »Nein. Niemand. Ich schwöre es.«
    Victor Mabasha ließ ihn los. Konovalenko, dachte er wütend. Ich begreife nicht, wie du es geschafft hast. Aber ich verstehe jetzt, warum Jan Kleyn dich in Südafrika in seinen Dienst nehmen will.
    Im Grabgewölbe konnten sie nicht bleiben. Er schaute auf die Gaslampe. Das war ihre Chance.
    »Wenn ich die Tür aufmache, wirfst du die Lampe nach links«, befahl er dem Polizisten und nahm ihm gleichzeitig die Fesseln ab. Dann gab er ihm die Lampe, nachdem er den Lichtschein so weit wie möglich reduziert hatte.
    |275| »Renn nach rechts«, flüsterte er. »Duck dich und komm nicht in meine Schußrichtung.«
    Er sah, daß der Polizist protestieren wollte. Mit einer Handbewegung brachte er ihn zum Verstummen. Dann entsicherte er die Pistole und machte sich bereit. »Ich zähle bis drei.«
    Er stieß die Eisentür auf, und der Polizist schleuderte die Lampe nach links. Gleichzeitig schoß Victor Mabasha. Der Polizist stolperte hinter ihm her und hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. Gleichzeitig hörte er Schüsse aus mindestens zwei verschiedenen Waffen. Er warf sich zur Seite und kroch hinter einen Grabstein in Deckung. Der Polizist hechtete in eine andere Richtung. Die Gaslampe beleuchtete die Grabstelle. In einer Ecke bemerkte Victor Mabasha eine Bewegung und schoß. Die Kugel traf die Eisentür und verschwand als winselnder Querschläger im Grabgewölbe. Ein weiterer Schuß ließ die Lampe zersplittern und alles dunkel werden. Jemand floh über einen der Kieswege. Dann war alles wieder ruhig.
    Kurt Wallander spürte, daß das Herz in seiner Brust wie ein Kolben pumpte. Er meinte, keine Luft zu bekommen und getroffen zu sein. Aber er konnte kein Blut entdecken, und weh tat ihm auch nur die Zunge, auf die er sich vorher gebissen hatte. Vorsichtig kroch er zu einem hohen Grabstein. Dort blieb er ganz still liegen. Das Herz donnerte in seinem Brustkorb. Victor Mabasha war fort. Als er sicher war, allein zu sein, rannte er davon. Er stolperte die Kieswege entlang, den Lichtern der Hauptstraße und dem Brausen der Autokolonnen entgegen. Er rannte, bis er den Friedhofszaun hinter sich gelassen hatte. An einer Bushaltestelle blieb er stehen, und es gelang ihm, ein Taxi heranzuwinken, das leer von Arlanda kam.
    »Hotel Central«, stöhnte er.
    Der Fahrer betrachtete ihn mißtrauisch. »Ich weiß nicht, ob ich dich bei mir im Auto haben will«, sagte er. »Du machst mir ja die Polster dreckig.«
    »Ich bin Polizist«, röchelte Wallander. »Fahr los!«
    Der Fahrer schwenkte von der Bushaltestelle auf die Fahrbahn. Vor dem Hotel bezahlte Wallander das Taxi, und ohne auf Wechselgeld oder Quittung zu warten, holte er den Schlüssel |276| von der Rezeption, wo man ihn wegen seines Aufzugs verwundert anstarrte. Es war nach Mitternacht, als er die Tür hinter sich abschloß und sich aufs Bett fallen ließ.
    Als er sich beruhigt hatte, rief er Linda an.
    »Warum rufst du so spät an?« fragte sie.
    »Ich hatte bis jetzt zu tun. Konnte nicht früher.«
    »Warum klingst du so komisch? Ist etwas passiert?«
    Wallander hatte einen Kloß im Hals und war nahe daran, in Tränen auszubrechen. Aber es gelang ihm, sich zu beherrschen. »Es ist nichts.«
    »Bist du sicher?«
    »Wirklich nichts. Was sollte sein?«
    »Das mußt du doch selbst am besten

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