Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
wissen.«
    »Erinnerst du dich nicht mehr? Als du noch zu Hause wohntest, habe ich doch auch zu den unmöglichsten Zeiten gearbeitet.«
    »Stimmt. Das habe ich fast vergessen.«
    Im selben Augenblick entschied er sich.
    »Ich komme zu dir nach Bromma. Frag nicht, warum. Ich erkläre es dir später.«
     
    Er verließ das Hotel und fuhr in einem Taxi nach Bromma, wo Linda wohnte.
    Dann saßen sie am Küchentisch und tranken Bier zusammen, und er erzählte, was passiert war.
    »Es soll ja gut sein, wenn Kinder Einblick in den Beruf ihrer Eltern erhalten«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Hast du keine Angst gehabt?«
    »Natürlich hatte ich Angst. Diese Leute haben überhaupt keinen Respekt vor Menschenleben.«
    »Warum benachrichtigst du nicht die Polizei?«
    »Ich bin selbst Polizist. Und ich muß nachdenken.«
    »Und wenn sie inzwischen noch mehr Menschen umbringen?«
    Er nickte. »Du hast recht. Ich fahr nach Kungsholmen rein. Aber ich hatte das Gefühl, erst mit dir reden zu müssen.«
    »Es ist gut, daß du gekommen bist.«
    Sie begleitete ihn in die Diele. »Warum hast du gefragt, ob ich |277| zu Hause bin?« erkundigte sie sich plötzlich, als er gerade gehen wollte. »Warum hast du nicht erwähnt, daß du gestern hier warst und mich gesucht hast?«
    Wallander verstand nicht, was sie meinte. »Wovon sprichst du?«
    »Ich habe Frau Nilson von nebenan getroffen, als ich nach Hause kam. Sie erzählte mir, daß du gestern hier warst und gefragt hast, ob ich zu Hause bin. Du hast doch einen Schlüssel?«
    »Ich habe mit keiner Frau Nilson gesprochen.«
    »Dann habe ich sie wohl mißverstanden.«
    Plötzlich lief es Wallander kalt über den Rücken. »Noch einmal. Du bist nach Hause gekommen. Du hast Frau Nilson getroffen. Sie sagte, ich hätte nach dir gefragt?«
    »Ja, und?«
    »Wiederhole genau, was sie gesagt hat.«
    »Dein Papa hat nach dir gefragt. Nur das.«
    Wallander bekam Angst. »Ich habe Frau Nilson nie getroffen. Wie kann sie wissen, wie ich aussehe? Wie kann sie wissen, daß ich ich bin?«
    Es dauerte eine Weile, bis sie begriff. »Meinst du, es ist jemand anders gewesen? Aber wer? Und warum? Wer würde sich für dich ausgeben?«
    Wallander sah sie ernst an. Dann schaltete er das Deckenlicht aus und trat vorsichtig an eines der Wohnzimmerfenster.
    Die Straße unten war leer.
    Dann ging er in die Diele zurück. »Ich weiß nicht, wer das war. Aber du fährst morgen mit mir nach Ystad. Ich will nicht, daß du gerade jetzt hier allein bist.«
    Sie merkte, wie ernst es ihm war. »Ja«, sagte sie nur. »Muß ich heute nacht Angst haben?«
    »Du brauchst überhaupt keine Angst zu haben. Du solltest nur nicht allein hier wohnen in den nächsten Tagen.«
    »Sag nichts mehr«, bat sie. »Jetzt will ich so wenig wie möglich wissen.«
    Sie machte ihm eine Matratze zurecht.
    Dann lag er im Dunkeln und lauschte ihren Atemzügen. Konovalenko, dachte er.
    |278| Als er sicher war, daß sie schlief, stand er auf und ging zum Fenster.
    Die Straße war so leer wie zuvor.
     
    Wallander hatte die Auskunft angerufen und von einer automatischen Ansage erfahren, daß drei Minuten nach sieben ein Zug nach Malmö ging. Sie verließen die Wohnung kurz nach sechs Uhr.
    Er hatte in der Nacht unruhig geschlafen, war nur dann und wann eingeschlummert, um dann mit einem Ruck wieder aufzuwachen. Er wollte ein paar Stunden Zugfahrt. Mit dem Flugzeug wären sie zu früh in Ystad. Er brauchte Ruhe und Zeit zum Nachdenken.
    Vor Mjölby blieben sie wegen eines Lokschadens fast eine Stunde stehen. Wallander war dankbar für die Verspätung. Ab und zu unterhielten sie sich. Aber ebensooft vertiefte Linda sich in ein Buch. Und er versank in seinen Gedanken.
    Vierzehn Tage, dachte er und betrachtete einen Traktor, der einen scheinbar endlosen Acker pflügte. Er versuchte, die Furchen zu zählen, die der Pflug hinterließ, aber es gelang ihm nicht.
    Vierzehn Tage sind vergangen, seit Louise Åkerblom verschwunden ist. Ihr Bild beginnt im Bewußtsein der beiden kleinen Kinder bereits zu verblassen. Er fragte sich, ob Robert Åkerblom weiter an seinem Gott festhalten würde. Welche Antwort konnte Pastor Tureson geben?
    Er sah seine Tochter an, die schlief, die Wange ans Fenster gelehnt. Wie sahen ihre geheimsten Ängste aus? Gab es eine Landschaft, wo sich ihre einsamen Gedanken trafen, ohne daß sie es wußten? Man kennt niemanden richtig, dachte er. Am wenigsten sich selbst.
    Hatte Robert Åkerblom seine Frau gekannt?
    Der pflügende

Weitere Kostenlose Bücher