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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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sind noch lange keine Garantien dafür, ein hervorragender Schachspieler zu werden.
    Am wichtigsten war jetzt, Victor Mabasha zu finden, dachte er. Ihn zu töten, das zu Ende zu bringen, was in der Diskothek und auf dem Friedhof schiefgegangen war.
    Mit einem leichten Gefühl der Unruhe dachte er an den vergangenen Abend zurück.
    Kurz vor Mitternacht hatte er die Sondernummer in Südafrika angerufen und mit Jan Kleyn gesprochen. Er hatte sich gut auf das Gespräch vorbereitet. Es gab keine akzeptablen Entschuldigungen mehr dafür, daß Victor Mabasha immer noch am Leben war. Also log er. Er sagte, Victor Mabasha sei am Tag zuvor getötet worden, und zwar durch eine Handgranate im Benzintank. Als das Benzin den Gummi, der den Zünder hielt, durchgefressen habe, sei der Wagen in die Luft geflogen. Victor Mabasha sei sofort tot gewesen.
    Trotzdem, so schien es Konovalenko, war Jan Kleyn unzufrieden. Ein Vertrauenskonflikt zwischen ihm und dem südafrikanischen Nachrichtendienst, den er sich nicht leisten konnte. Seine ganze Zukunft stand auf dem Spiel.
    Jetzt galt es für Konvalenko, keine Zeit mehr zu verlieren. Victor Mabasha mußte in den nächsten vierundzwanzig Stunden aufgespürt und getötet werden.
     
    |284| Die eigentümliche Abenddämmerung senkte sich sanft über das Land. Aber Victor Mabasha bemerkte es kaum.
    Dann und wann dachte er an den Mann, den er töten würde. Jan Kleyn würde es verstehen. Er würde ihm den Auftrag nicht entziehen. Eines Tages würde er den Präsidenten Südafrikas im Visier haben. Er würde nicht zögern, den Auftrag auszuführen, den er einmal akzeptiert hatte.
    Er fragte sich, ob dem Präsidenten wohl bewußt war, daß er bald sterben würde. Hatten weiße Menschen ihre eigenen
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, die in ihren Träumen zu ihnen sprachen?
    Er kam zu dem Schluß, daß es so sein mußte. Wie sollte ein Mensch denn leben können ohne Kontakt zur Geisterwelt, die über das Leben, über die Lebenden und die Toten herrschte? Aber diesmal waren die Geister ihm wohlgesinnt. Sie hatten ihm gesagt, was er tun mußte.
     
    Wallander erwachte morgens kurz nach sechs. Zum erstenmal, seit die Suche nach Louise Åkerbloms Mörder begonnen hatte, fühlte er sich richtig ausgeschlafen. Durch die halboffene Tür konnte er seine Tochter atmen hören. Er stand auf und stellte sich an die Tür, um sie zu betrachten. Er spürte plötzlich eine intensive Freude und dachte, daß der Sinn des Lebens ganz einfach darin bestand, sich um seine Kinder zu kümmern. In nichts anderem. Er ging ins Bad, duschte lange und beschloß, sich einen Termin beim Polizeiarzt geben zu lassen. Irgendeine Form der medizinischen Hilfe mußte es doch geben für einen Polizisten, der eingesehen hatte, daß er sein Körpergewicht verringern und seine Kondition verbessern mußte.
    An jedem Morgen erinnerte er sich daran, wie er im Jahr zuvor in der Nacht aufgewacht war, schweißgebadet, und gedacht hatte, daß das jetzt ein Herzinfarkt wäre. Der Arzt, der ihn untersucht hatte, war der Meinung gewesen, er habe eine ernste Warnung erhalten. Einen Hinweis, daß in seinem Leben etwas völlig falsch lief. Jetzt, nach einem Jahr, konnte er eigentlich nur konstatieren, daß er an seiner Lebensführung nichts geändert hatte. Außerdem war er mindestens noch drei Kilo schwerer geworden.
    |285| Er trank Kaffee am Küchentisch. Der Nebel lag dicht über Ystad an diesem Morgen. Aber der Frühling würde sich bald endgültig durchsetzen. Er beschloß, gleich am Montag mit Björk über die Urlaubsplanung zu reden.
    Viertel nach sieben verließ er die Wohnung, nachdem er seine Durchwahlnummer notiert und auf dem Küchentisch hinterlassen hatte.
    Auf der Straße hüllte ihn der Nebel ein. Er war so dicht, daß er kaum sein Auto erkennen konnte, das ein Stück vom Haus entfernt geparkt war. Er überlegte, ob er es nicht besser stehenlassen und zu Fuß zum Polizeigebäude gehen sollte.
    Plötzlich ahnte er eine Bewegung auf der anderen Straßenseite. Es war, als ob ein Lampenmast sich gerührt hätte.
    Dann entdeckte er, daß dort ein Mensch stand, wie er in den Nebel gehüllt.
    In der nächsten Sekunde wurde ihm klar, wer es war. Goli war nach Ystad zurückgekehrt.

19
    Jan Kleyn hatte eine Schwäche, die er vor der Öffentlichkeit sorgsam verbarg.
    Sie hieß Miranda und war schwarz wie ein Rabe.
    Sie war sein Geheimnis, der entscheidende Kontrapunkt in seinem Leben. Für alle, die Jan Kleyn kannten, wäre sie eine Unmöglichkeit gewesen. Seine

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