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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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werden.
    Die erste Sache war, daß er nicht das Risiko eingehen wollte, Sikosi Tsiki mit dem Wissen leben zu lassen, wen er getötet hatte. Er zweifelte nicht daran, daß Sikosi Tsiki schweigen würde. Aber so, wie die Pharaonen in Vorzeiten die Erbauer der geheimen Kammern in den Pyramiden hatten töten lassen, damit die Kenntnis ihrer Existenz verlorenginge, würde er Sikosi Tsiki opfern. Er selbst würde ihn töten und dafür sorgen, daß der Körper niemals wieder auftauchte.
    Das andere Geheimnis, das Jan Kleyn für sich behalten wollte, war, daß Victor Mabasha bis zum Nachmittag des vergangenen Tages noch am Leben gewesen war. Jetzt war er tot, daran gab es keinen Zweifel. Aber für Jan Kleyn war es eine persönliche Niederlage, daß Victor Mabasha so lange hatte entkommen können. Er fühlte sich verantwortlich für Konovalenkos Fehler und sein wiederholtes Unvermögen, das Kapitel Victor Mabasha abzuschließen. Der KG B-Mann hatte unerwartete Schwächen offenbart. Der Versuch, sein Versagen durch Lügen zu verbergen, war schlimmer als das Versagen selbst. Jan Kleyn fühlte sich immer persönlich angegriffen, wenn jemand seine Fähigkeit unterschätzte, die Informationen zu erlangen, die er benötigte. Erst wenn das Attentat auf Mandela ausgeführt war, würde er sich endgültig entscheiden, ob er bereit war, Konovalenko in Südafrika aufzunehmen oder nicht. Er bezweifelte nicht die Kompetenz des Mannes, Sikosi Tsiki optimal auf seine Aufgabe vorzubereiten. Es schien ihm, daß Konovalenko eine Art Instabilität gezeigt hatte, wie sie letztendlich auch zum Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums geführt hatte. Er schloß die Möglichkeit nicht aus, auch Konovalenko und seine Helfer Vladimir und Tania aus dem Weg räumen zu müssen. Die ganze Operation erforderte |335| es, daß danach ordentlich aufgeräumt wurde. Diese Aufgabe wollte er keinem anderen überlassen.
    Sie saßen am Tisch mit der grünen Decke und gingen den Plan noch einmal durch. In der vergangenen Woche hatte Franz Malan Kapstadt und das Stadion besucht, wo Nelson Mandela sprechen sollte. Er hatte außerdem einen Nachmittag an der Stelle zugebracht, von der aus Sikosi Tsiki sein Gewehr abfeuern würde. Den Videofilm, den er dabei aufgenommen hatte, sahen sie sich dreimal an. Das einzige, was noch fehlte, war der Bericht über die Windverhältnisse, die normalerweise im Juni über Kapstadt herrschten. Unter dem Vorwand, er vertrete einen Yachtklub, hatte Franz Malan Kontakt zum nationalen meteorologischen Institut aufgenommen. Dort hatte man versprochen, ihm die gewünschten Unterlagen zuzusenden. Der Name und die Adresse, die er genannt hatte, würden nie mit ihm in Verbindung gebracht werden können.
    Jan Kleyn hatte keinerlei Fußarbeit geleistet. Er leistete seinen Beitrag auf einem anderen Gebiet. Seine Aufgabe war das theoretische Durchdringen des Plans. Er hatte Eventualitäten erwogen und ein einsames Rollenspiel absolviert, bis er davon überzeugt war, daß nichts Unvorhergesehenes Probleme machen könnte.
    Nach zwei Stunden waren sie fertig.
    »Eine Sache bleibt uns noch«, sagte Jan Kleyn. »Wir müssen herausbekommen, welche Dispositionen die Polizei Kapstadts für den 12.   Juni treffen wird.«
    »Das übernehme ich«, sagte Franz Malan. »Wir werden einen Rundbrief an alle Polizeidistrikte im Land versenden, in dem wir darum bitten, Kopien aller Sicherheitspläne rechtzeitig vor politischen Veranstaltungen mit zu erwartender, großer Publikumsbeteiligung zu übersenden.«
    Sie gingen auf die Veranda hinaus und warteten auf die Ankunft der anderen Mitglieder des Komitees. Schweigend schauten sie übers Land. Am Horizont lag schwerer Rauch über einem Slumgebiet der Schwarzen.
    »Das wird ein Blutbad«, sagte Franz Malan. »Es fällt mir immer noch schwer, mir vorzustellen, was geschehen wird.«
    |336| »Betrachte es als einen Reinigungsprozeß«, sagte Jan Kleyn. »Dieses Wort weckt angenehmere Assoziationen als Blutbad. Außerdem trifft es das, was wir anstreben.«
    »Trotzdem. Manchmal fühle ich eine Unsicherheit. Werden wir das Geschehen unter Kontrolle halten können?«
    »Die Antwort ist einfach: Wir müssen.«
    Wieder dieser fatalistische Zug, dachte Franz Malan. Verstohlen musterte er den Mann, der einige Meter von ihm entfernt stand. Manchmal wurde er nicht schlau aus ihm. War Jan Kleyn ein Verrückter? Ein Psychopath, der die grausame Wahrheit über sich selbst unter einer stets beherrscht wirkenden Maske verbarg?
    Der

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