Wallander 03 - Die weisse Löwin
der Alarmzentrale geweckt wurde. Man informierte ihn über alles gleichzeitig, über die Schüsse und den Brand in der Mariagata und über die Nachricht, die der Mann vom Militärgelände im Auftrag Wallanders übermittelt hatte. Er war sofort hellwach und zog sich an. Dabei wählte er Björks Nummer. Es schien ihm unbegreiflich lange zu dauern, bis seine Botschaft in Björks schlaftrunkenes Bewußtsein gedrungen war. Aber dreißig Minuten später waren die Beamten versammelt, die die Ystader Polizei in so kurzer Zeit |341| zu mobilisieren vermochte. Verstärkung aus den umliegenden Kreisen war unterwegs. Außerdem hatte Björk es geschafft, den Reichspolizeichef zu wecken, der verlangt hatte, informiert zu werden, wenn die Ergreifung Konovalenkos zu erwarten war.
Martinsson und Svedberg betrachteten mißvergnügt die große Ansammlung von Polizisten. Sie waren beide der Ansicht, daß eine kleinere Gruppe denselben Einsatz in bedeutend kürzerer Zeit leisten könnte. Aber Björk folgte den Anweisungen. Er wagte es nicht, das Risiko einzugehen, sich anschließend der Kritik aussetzen zu müssen.
»Das hier läuft doch schief«, sagte Svedberg. »Wir müssen uns darum kümmern, du und ich. Björk richtet nur ein Durcheinander an. Wenn Wallander allein da draußen ist und Konovalenko so gefährlich ist, wie wir glauben, dann braucht er uns jetzt.«
Martinsson nickte und ging vor zu Björk. »Während du die Leute sammelst, fahren Svedberg und ich schon mal vor.«
»Kommt nicht in Frage«, sagte Björk. »Wir müssen dem Reglement folgen.«
»Tu das. Svedberg und ich folgen dem gesunden Menschenverstand«, fauchte Martinsson und lief davon. Björk rief ihm hinterher. Aber Svedberg und Martinsson stiegen in ein Polizeiauto und fuhren los. Sie machten auch dem Streifenwagen von Norén und Peters ein Zeichen, ihnen zu folgen.
Sie verließen Ystad mit sehr hoher Geschwindigkeit. Der Streifenwagen fuhr an ihnen vorbei und setzte Sirene und Blaulicht ein. Martinsson saß am Lenkrad, Svedberg neben ihm fummelte an seiner Pistole herum.
»Wie sind die Fakten? Übungsgelände vor der Abzweigung nach Kåseberga. Zwei bewaffnete Männer. Der eine Konovalenko.«
»Eigentlich wissen wir nichts«, sagte Svedberg. »Ich kann nicht gerade behaupten, daß ich das Ganze überblicke.«
»Explosion und Schüsse in der Mariagata«, sagte Martinsson. »Wie hängt das alles zusammen?«
»Wir können nur hoffen, daß Björk das mit Hilfe des Reglements herausfindet«, bemerkte Svedberg giftig.
|342| Vor dem Polizeigebäude in Ystad ging das Geschehen rasch in ein Chaos über. Ununterbrochen kamen Anrufe aufgeregter Menschen aus der Mariagata. Die Feuerwehr war dabei, den Brand zu löschen. Nun war es Sache der Polizei herauszufinden, wer die Schüsse abgegeben hatte. Brandmeister Peter Edler teilte mit, daß die Straße vor dem Haus voller Blut sei.
Björk, der von verschiedenen Seiten bedrängt wurde, beschloß endlich, mit der Mariagata zu warten. Es galt vor allem, Wallander zu Hilfe zu eilen und Konovalenko und den anderen Mann zu ergreifen.
»Weiß jemand, wie groß dieses Übungsgelände ist?« fragte Björk.
Keiner wußte es, aber Björk hatte sich überlegt, daß es wohl von der Straße bis hinunter zum Strand reichte. Außerdem war ihm klar, daß sie viel zu wenig wußten, um etwas anderes zu tun, als das gesamte Militärgelände zu belagern.
Ununterbrochen trafen Wagen aus den umliegenden Kreisen ein. Weil es darum ging, einen Mann zu fassen, der unter anderem einen Polizisten getötet hatte, waren auch Beamte gekommen, die frei hatten.
Zusammen mit einem ranghohen Polizisten aus Malmö entschied Björk, daß der endgültige Belagerungsplan erst vor Ort erstellt werden sollte. Gleichzeitig schickte er einen Wagen zum Regiment, um zuverlässige Karten zu beschaffen.
Eine lange Karawane von Fahrzeugen verließ Ystad kurz vor ein Uhr. Einige private Verkehrsteilnehmer folgten neugierig. Der Nebel überzog nun rasch auch das Zentrum von Ystad.
Sie trafen am Übungsgelände auf den Mann, der zunächst mit Wallander und dann mit Martinsson und Svedberg gesprochen hatte.
»Ist etwas passiert?« fragte Björk.
»Nichts«, antwortete der Mann.
Im selben Augenblick klang ein Schuß von irgendwo weit draußen auf dem Militärgelände herüber. Kurz darauf knatterte eine ganze Serie. Dann war es wieder still.
»Wo sind Svedberg und Martinsson?« fragte Björk mit einer Stimme, die seine Angst erkennen ließ.
|343| »Sie
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