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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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klingt überhaupt nicht gut.«
    Björk sah ihn aufmerksam an. »Du denkst an ein Verbrechen?«
    Wallander zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht. Vielleicht. Aber es ist kein gewöhnliches Verschwinden. Da bin ich sicher. Deshalb sollten wir von Anfang an umfassende Maßnahmen ergreifen. Nicht nur die gewöhnliche abwartende Prozedur bei Vermißtenfällen in Gang setzen.«
    Björk nickte. »Du hast recht«, sagte er. »Wen willst du haben? Vergiß nicht, daß wir unterbesetzt sind, solange Hansson fort ist. Er hat sich genau zum falschen Zeitpunkt ein Bein gebrochen.«
    »Martinsson und Svedberg«, antwortete Wallander. »Übrigens, hat Svedberg das Bullenkalb zurückgebracht, das auf der E14 herumrannte?«
    »Ein Bauer hat es zum Schluß mit einem Lasso eingefangen«, sagte Björk düster. »Svedberg hat sich den Fuß verrenkt, als er in einen Entwässerungsgraben stürzte. Aber er ist im Dienst.«
    Wallander stand auf. »Ich fahre jetzt nach Skurup. Wir sollten uns um halb fünf treffen und zusammentragen, was wir haben. Aber die Fahndung nach dem Auto der Vermißten muß sofort beginnen.«
    Er legte einen Zettel auf Björks Tisch.
    »Toyota Corolla«, sagte Björk. »Ich werde mich darum kümmern.«
     
    Wallander fuhr von Ystad nach Skurup. Weil er Zeit zum Nachdenken brauchte, trödelte er die Uferstraße entlang.
    Es war windig geworden. Wolkenfetzen jagten über den Himmel. Eine Fähre aus Polen lief gerade in den Hafen ein.
    Als er nach Mossby Strand kam, fuhr er zu dem verlassenen Parkplatz hinunter und hielt an dem verrammelten Kiosk. Er blieb im Wagen sitzen und dachte an das vergangene Jahr, als an dieser Stelle ein Schlauchboot mit zwei toten Männern an Land |45| gespült worden war. Er dachte an die Frau, Baiba Liepa, die er in Riga getroffen hatte. Er dachte daran, daß er sie immer noch nicht vergessen konnte, obwohl er es versucht hatte.
    Nach einem Jahr dachte er immer noch ständig an sie.
    Was er am wenigsten brauchen konnte, war gerade jetzt ein Mord an einer Frau. Er brauchte Ruhe.
    Er dachte an den Vater, der heiraten wollte. An den Einbruch und an die Plattensammlung, die weg war. Es war, als hätte ihm jemand einen wichtigen Teil seines Lebens gestohlen.
    Er dachte an seine Tochter Linda, die in Stockholm eine Volkshochschule besuchte und zu der er, wie er meinte, langsam den Kontakt verlor.
    Es war zuviel auf einmal.
    Er stieg aus dem Auto, zog den Reißverschluß der Jacke hoch und lief zum Strand hinunter. Die Luft war kalt, und er fröstelte.
    Im Kopf ging er noch einmal durch, was Robert Åkerblom berichtet hatte. Wieder prüfte er verschiedene Theorien. Konnte es trotz allem eine natürliche Erklärung geben? Hatte sie vielleicht Selbstmord begangen? Er dachte an ihre Stimme am Telefon. Ihren Eifer.
     
    Kurz vor eins verließ Kurt Wallander den Strand und fuhr weiter in Richtung Skurup.
    Sein Entschluß stand fest.
    Jetzt war er sicher, daß Louise Åkerblom tot war.

3
    Kurt Wallander wurde von einem immer wiederkehrenden Alptraum geplagt, den er, wie er vermutete, mit vielen Menschen teilte. Er träumte, daß er einen Bankraub beging, der die Welt in Erstaunen versetzen würde. In diesem Traum fragte er sich auch, wieviel Geld eigentlich in einer normalen Bankfiliale verwahrt wurde. Weniger, als man glaubte? Aber mehr als genug? Wie er |46| genau vorgehen sollte, wußte er nicht. Aber der Traum vom Bankraub kam ständig wieder.
    Bei dem Gedanken lächelte er vor sich hin. Aber das Lächeln erstarb bald wieder, es bereitete ihm ein schlechtes Gewissen.
    Er war sicher, daß Louise Åkerblom nicht mehr am Leben war. Er hatte keine Beweise, keinen Tatort, kein Opfer. Er hatte absolut nichts. Dennoch wußte er es.
    Immer wieder mußte er an die Fotografie der beiden Mädchen denken.
    Wie erklärt man, was nicht zu erklären ist, dachte er. Und wie kann Robert Åkerblom weiter zu seinem Gott beten, der ihn und seine beiden Kinder so grausam im Stich gelassen hat?
    Wallander schlenderte durch den Schalterraum der Bankfiliale in Skurup und wartete auf den Angestellten, der Louise Åkerblom am Freitag nachmittag bei dem Immobiliengeschäft assistiert hatte. Er war gerade beim Zahnarzt. Zuvor hatte Wallander mit Bankdirektor Gustav Hallden gesprochen, dem er bei anderer Gelegenheit schon begegnet war. Er hatte ihm frei heraus gesagt, daß er Hinweise im Zusammenhang mit dem Verschwinden einer Frau benötigte. Aber gleichzeitig bat er Hallden, die Angelegenheit vertraulich zu

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