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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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zu den Pferden hinausgegangen war. Wallander goß sich eine Tasse Kaffee ein und setzte sich an den Küchentisch.
    Am Abend zuvor hatte er versucht, wieder zu denken.
    Seine Situation war ziemlich eindeutig. Er wurde gesucht, man fahndete nach ihm. Niemand glaubte, daß er ein Verbrechen begangen hatte. Aber er konnte verletzt oder tot sein. Außerdem hatte er seine Kollegen mit der Waffe bedroht und damit klargemacht, daß er seelisch aus dem Gleichgewicht war. Um Konovalenko ergreifen zu können, war es also notwendig, Kommissar Wallander aus Ystad ausfindig zu machen. Soweit war seine Situation klar. Als Sten Widén ihm mitgeteilt hatte, was in den Abendzeitungen stand, hatte er sich entschlossen, die Rolle zu spielen, die ihm zugeteilt worden war. Das würde ihm Zeit verschaffen. Und die Zeit brauchte er, um Konovalenko zu finden und ihn zu töten, wenn er keine andere Wahl hatte.
    Wallander war klar, daß er ein Opfer anbot. Sich selbst. Er mißtraute den Möglichkeiten der Polizei, Konovalenko dingfest zu machen, ohne daß weitere Polizisten verletzt oder getötet wurden. Deshalb würde er es selbst übernehmen. Der Gedanke lähmte ihn. Aber er fühlte, daß er nicht davonlaufen konnte. Er mußte ausführen, was er sich vorgenommen hatte, ohne Rücksicht auf die persönlichen Konsequenzen.
    Wallander hatte versucht, sich in Konovalenkos Gedanken hineinzuversetzen. Ihm war klargeworden, daß seine eigene Existenz Konovalenko nicht gleichgültig sein konnte. Auch wenn Konovalenko ihn nicht als gleichwertigen Gegner ansah, mußte er doch begriffen haben, daß Wallander ein Polizist war, der eigene Wege ging und nicht zögerte, von der Waffe Gebrauch zu machen, wenn es darauf ankam. Das mochte ihm trotz allem einen gewissen Respekt verschafft haben, auch wenn |382| Konovalenko im Innersten ahnte, daß die Voraussetzungen andere waren. Wallander war ein Polizist, der niemals ein unnötiges Risiko einging. Er war sowohl ängstlich als auch vorsichtig. Seine Reaktionen zeigten jeweils an, daß er sich in einer verzweifelten Notsituation befand. Aber Konovalenko sollte ruhig mit der Vorstellung leben, daß ich ein anderer bin, hatte er gedacht.
    Er hatte auch versucht, sich Konovalenkos Pläne vorzustellen. Der Russe war nach Schonen zurückgekehrt und hatte seine Absicht verwirklichen können, Victor Mabasha zu töten. Wallander fiel es schwer zu glauben, daß er auf eigene Faust handelte. Er hatte Rykoff mitgenommen. Aber wie war es ihm danach gelungen, ohne fremde Hilfe zu entkommen? Rykoffs Frau Tania war sicher in der Nähe, vielleicht auch weitere Helfer. Bereits früher hatten sie ein Haus unter falschem Namen gemietet. Möglicherweise versteckten sie sich wiederum in einem abgelegenen Haus auf dem Lande.
    Als Wallander mit seinen Gedanken so weit gekommen war, merkte er, daß einige wichtige Fragen unbeantwortet geblieben waren.
    Was wird eigentlich aus dem Attentat, dem eigentlichen Mittelpunkt all dieser Geschehnisse, jetzt, nach dem Tod Victor Mabashas? Was wird aus der unsichtbaren Organisation, die alle Fäden in der Hand hält, auch den Faden, an dem Konovalenko hängt? Wird die Operation abgeblasen? Oder machen diese gesichtslosen Männer weiter?
    Er trank seinen Kaffee und dachte, daß ihm tatsächlich nur eine Möglichkeit blieb, nämlich die, dafür zu sorgen, daß Konovalenko ihn wirklich fand. Als sie die Wohnung angegriffen hatten, waren sie auch auf der Jagd nach ihm gewesen. Die letzten Worte Victor Mabashas waren gewesen, er wisse nicht, wo Wallander sich aufhalte. Nur das hatte Konovalenko interessiert.
    Schritte näherten sich. Sten Widén kam herein.
    Er trug einen schmutzigen Overall und lehmverschmierte Gummistiefel. »Wir haben heute Renntag in Jägersro. Hast du Lust, mitzufahren?«
    |383| Wallander war einen kurzen Augenblick versucht, darauf einzugehen. Er begrüßte alles, was seine Gedanken ablenken konnte.
    »Wird Nebel laufen?« fragte er.
    »Sie wird laufen und gewinnen«, antwortete Sten Widén. »Aber ich bezweifle, daß hohe Wetten auf sie abgeschlossen werden. Du kannst also ein wenig Geld verdienen.«
    »Wie kannst du so sicher sein, daß sie die Beste ist?«
    »Ihre Laune wechselt. Aber heute scheint sie Lust zu haben, ein Rennen zu laufen. Sie ist unruhig in der Box. Sie fühlt, daß es um etwas geht. Außerdem ist die Konkurrenz nicht sehr stark. Es sind ein paar Pferde aus Norwegen dabei, über die ich nicht viel weiß. Aber ich glaube, die schlägt sie auch.«
    »Wem

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