Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
Matilda plötzlich.
    |511| Scheepers sah, daß ihr Tränen über die Wangen liefen.
    Einen Menschen töten, dachte er. Wie sehr man auch haßt, und wenn man es auch in äußerster Verzweiflung tut, so entsteht doch ein Riß in der Seele, der nie geheilt werden kann. Außerdem war er ihr Vater. Gewiß, sie hat ihn sich nicht ausgesucht, aber sie kann ihn auch nicht vergessen.
    Er blieb nicht lange, weil er sah, daß sie vor allem einander brauchten, mehr als alles andere. Aber als Miranda ihn bat, wiederzukommen, versprach er es.
    »Wir ziehen hier weg«, sagte sie.
    »Wohin?«
    Sie hob die Hände. »Das kann ich nicht bestimmen. Vielleicht ist es besser, wenn Matilda die Entscheidung trifft.«
    Scheepers fuhr nach Hause und aß zu Abend. Er war in Gedanken und abwesend. Als Judith sich erkundigte, wie lange der spezielle Auftrag noch dauern würde, bekam er ein schlechtes Gewissen.
    »Bald ist es vorbei«, versprach er.
    Kurz vor Mitternacht rief Borstlap an. »Ich möchte dir nur mitteilen, daß Jan Kleyn Selbstmord begangen hat. Man wird ihn morgen früh auf einem Parkplatz zwischen Johannesburg und Pretoria finden.«
    Wer wird der nächste starke Mann sein? überlegte Scheepers, als das Gespräch vorüber war. Wer dirigiert jetzt das Komitee?
     
    Kommissar Borstlap wohnte in einem Haus in Kensington, einem der ältesten Stadtteile von Johannesburg. Er war mit einer Krankenschwester verheiratet, die ständig Nachtdienst in der größten Kaserne der Stadt hatte. Da ihre drei Kinder bereits erwachsen waren, verbrachte Borstlap an Wochentagen die meisten Abende allein im Haus. Meistens war er, wenn er nach Hause kam, so müde, daß er nur noch fernsehen konnte. Dann und wann ging er in eine kleine Werkstatt hinunter, die er sich im Keller eingerichtet hatte. Dort saß er dann und fertigte Scherenschnitte an. Er hatte die Kunst von seinem Vater erlernt, es aber nie zu einer vergleichbaren Meisterschaft gebracht. Aber es war eine entspannende Beschäftigung, vorsichtig, aber dennoch |512| bestimmt, Gesichter aus dem weichen schwarzen Papier zu schneiden. Gerade an diesem Abend, nachdem er Jan Kleyn zu dem schlecht beleuchteten Parkplatz gebracht hatte, den er wegen eines vor kurzem dort geschehenen Mordes kannte, war ihm das Abschalten schwergefallen, als er nach Hause kam. Er hatte sich hingesetzt und die Silhouetten seiner Kinder auszuschneiden begonnen. Dabei dachte er über die Zusammenarbeit mit Scheepers in den letzten Tagen nach. Es klappte gut mit dem jungen Staatsanwalt; Scheepers war intelligent und energisch, außerdem hatte er Phantasie. Er konnte zuhören und gestand eigene Fehler sofort ein. Aber Borstlap fragte sich, womit er sich eigentlich beschäftigte. Soweit er verstanden hatte, ging es um etwas Ernstes, um eine Verschwörung, einen geplanten Mord an Nelson Mandela, der verhindert werden mußte. Aber darüber hinaus wußte er nur wenig. Er ahnte eine mächtige Konspiration, ohne zu wissen, wer außer Jan Kleyn noch daran beteiligt war. Manchmal hatte er das Gefühl, mit verbundenen Augen an den Ermittlungen teilzunehmen. Er hatte sich auch Scheepers gegenüber dahingehend geäußert und war auf Verständnis gestoßen. Aber er konnte nichts tun. Sein Mandat war begrenzt, wenn es darum ging, die Geheimhaltung zu verletzen, die ihm auferlegt war.
    Als am Montag morgen das seltsame Fax aus Schweden auf seinem Tisch gelandet war, hatte Scheepers sofort mit einer intensiven Arbeit begonnen. Nach ein paar Stunden hatten sie Victor Mabasha im Register gefunden. Ihre Spannung wuchs, als sie feststellten, daß er bereits mehrfach unter dem Verdacht gestanden hatte, ein Berufskiller zu sein, der auf Bestellung mordete. Er war nie verurteilt worden. Zwischen den Zeilen konnten sie lesen, daß er sehr intelligent war und seine Aktionen geschickt tarnte und absicherte. Sein letzter bekannter Wohnort war Ntibane in der Nähe von Umtata, nicht weit von Durban entfernt. Das sprach natürlich für den 3.   Juli und Durban, was Datum und Ort des Attentats anging. Borstlap hatte sich sofort mit seinen Kollegen in Umtata in Verbindung gesetzt, die bestätigen konnten, daß sie Victor Mabasha ständig im Auge behielten. Am selben Nachmittag fuhren Scheepers und Borstlap |513| nach Ntibane. Mit Hilfe einiger Kollegen wurde eine überraschende Durchsuchung von Mabashas Haus in den frühen Morgenstunden des Dienstags vorbereitet. Die Hütte war jedoch verlassen. Scheepers konnte seine Enttäuschung kaum verbergen, während

Weitere Kostenlose Bücher