Wallander 03 - Die weisse Löwin
unbedingt gefaßt und über den Anlaß informiert werden. Ein gewisses Maß an Vorsicht kann angebracht sein. Dann wird er hierher überstellt. Ich dachte, daß ich der erste sein sollte, der mit ihm redet.«
»Zwei Personen, das scheint mir nicht genug«, sagte Björk. »Können wir nicht wenigstens einen Streifenwagen im Hintergrund haben?«
Wallander stimmte zu.
»Ich habe mit den Kollegen in Malmö gesprochen«, fuhr Björk fort. »Wir bekommen alle Hilfe, die wir brauchen. Ihr müßt selbst bestimmen, auf welche Weise euch die Paßkontrolle ein Signal geben soll, wenn er auftaucht.«
Wallander schaute auf die Uhr. »Wenn es keine weiteren Bemerkungen mehr gibt, dann brechen wir jetzt auf, damit wir rechtzeitig in Malmö sind.«
»Der Flug kann Verspätung haben«, sagte Svedberg. »Wartet, bis ich mich informiert habe.« Kurz darauf konnte er mitteilen, daß das Flugzeug von La Palma bereits zwanzig Minuten nach neun in Kastrup erwartet wurde.
»Es ist bereits in der Luft. Und sie haben Rückenwind.«
Sie fuhren nach Malmö, sprachen mit ihren Kollegen und verteilten die Posten. Wallander übernahm zusammen mit einem Polizeianwärter namens Engman den Terminal für Luftkissenfahrzeuge. Engman war als Ersatzmann für Näslund geschickt |117| worden, einen Polizisten, mit dem Wallander viele Jahre lang zusammengearbeitet hatte. Näslund war Gotländer und hatte nur auf eine Möglichkeit gewartet, in seine Heimat zurückzukehren. Als in Visby eine Stelle frei wurde, hatte er nicht gezögert. Wallander vermißte ihn manchmal, vor allem wegen seiner stets guten Laune. Martinsson und ein Kollege waren für Limhamn verantwortlich, während Svedberg an den Flugbooten stand. Sie hielten über Walkie-talkies Kontakt miteinander. Um halb zehn war alles organisiert. Wallander gelang es, von den Kollegen vom Terminal Kaffee für sich und den Polizeianwärter zu ergattern.
»Das ist der erste Mörder, bei dessen Ergreifung ich dabei bin«, verkündete Engman.
»Wir wissen nicht, ob er ein Mörder ist«, sagte Wallander. »In diesem Land hier ist man unschuldig, bis man überführt ist. Vergiß das nicht.«
Mit Unbehagen registrierte er seinen schulmeisterlichen Tonfall. Er dachte, daß er ihn durch eine freundliche Bemerkung wettmachen sollte. Aber ihm fiel nichts ein.
Um halb elf kam es bei den Flugbooten zu einer unspektakulären Aktion. Svedberg und seine Kollegen nahmen Stig Gustafson fest, einen kleinen, hageren Mann mit schütterem Haar, braungebrannt nach seinem Urlaub.
Svedberg teilte ihm mit, daß er des Mordes verdächtig sei und in Ystad verhört werden würde, und legte ihm Handschellen an.
»Ich verstehe nicht«, sagte Stig Gustafson. »Warum legen Sie mir Handschellen an? Warum soll ich nach Ystad gebracht werden? Wen soll ich getötet haben?«
Svedberg registrierte, daß der Mann ehrlich verwundert schien. Ganz kurz kam ihm der Gedanke, daß Stig Gustafson vielleicht unschuldig war.
Zehn Minuten vor zwölf nahm Wallander in einem Vernehmungszimmer im Polizeigebäude von Ystad Stig Gustafson gegenüber Platz. Vorher hatte er bereits Staatsanwalt Per Åkesson über die Ergreifung Gustafsons informiert.
Er begann damit, Stig Gustafson zu fragen, ob er Kaffee haben wolle.
|118| »Nein«, lautete die Antwort. »Ich will nach Hause. Und ich will wissen, weshalb ich hier bin.«
»Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten«, sagte Wallander. »Und Ihre Antworten werden entscheiden, ob Sie nach Hause fahren können oder nicht.«
Er begann ganz von vorn. Notierte sich Stig Gustafsons persönliche Angaben, daß er mit dem zweiten Vornamen Emil hieß und in Landskrona geboren war. Der Mann war offensichtlich nervös, und Wallander sah, daß er am Haaransatz zu schwitzen begann. Aber das mußte nichts bedeuten. Manche Leute hatten Angst vor der Polizei, andere vor Schlangen.
Dann begann das eigentliche Verhör. Wallander kam sofort zur Sache, gespannt auf die Reaktion seines Gegenübers. »Sie sind hier, um Fragen im Zusammenhang mit einem brutalen Mord zu beantworten. Dem Mord an Louise Åkerblom.«
Wallander merkte, wie der Mann erstarrte. Hat er nicht damit gerechnet, daß man den Körper so schnell finden würde? dachte Wallander. Oder ist er wirklich überrascht?
»Louise Åkerblom verschwand am vergangenen Freitag«, fuhr er fort. »Ihr Körper wurde vor einigen Tagen entdeckt. Wahrscheinlich wurde sie bereits in der zweiten Tageshälfte des Freitags ermordet. Was haben Sie dazu zu
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