Wallander 03 - Die weisse Löwin
mit niemandem zusammen. Ich erledige, was verlangt wird, aber allein.«
»Ganz recht«, sagte Jan Kleyn. »Du arbeitest allein. Aber unsere Freunde, die du in St. Petersburg triffst, werden dir wertvolle Erfahrungen vermitteln. Sie sind sehr geschickt.«
»Warum Schweden?«
Jan Kleyn nippte am Kaffee. »Eine gute und verständliche Frage. Zunächst einmal ist es ein Ablenkungsmanöver. Selbst wenn kein Außenstehender in diesem Land hier weiß, was vor sich geht, ist es angebracht, eine Tarnung zu benutzen. Schweden, ein unbedeutendes, neutrales kleines Land, ist immer sehr aggressiv gegen unser Gesellschaftssystem eingestellt gewesen. Keiner wird sich vorstellen können, daß sich der Wolf im Schafspelz verbirgt. Weiterhin haben unsere Freunde in St. Petersburg gute Kontakte in Schweden. Es ist sehr einfach, in das Land zu gelangen, weil die Grenzkontrollen eher zufällig und ganz harmlos sind. Viele unserer russischen Freunde haben sich bereits in Schweden etabliert, unter falschen Namen und Angaben. Drittens haben wir verläßliche Freunde, die uns geeignete Wohnungen in Schweden besorgen. Aber am wichtigsten ist, daß du dich von Südafrika fernhältst. Es gibt leider zu viele, die sich dafür interessieren, womit sich einer wie ich beschäftigt. Ein Plan kann verraten werden.«
Victor Mabasha schüttelte den Kopf. »Ich muß wissen, wen ich töten soll.«
»Wenn die Zeit reif ist«, erwiderte Jan Kleyn. »Vorher nicht. Ich möchte dich an ein Gespräch erinnern, das wir vor acht Jahren geführt haben. Damals sagtest du, daß man jeden töten könne, man müsse es nur richtig planen. Keiner hat eine Chance, wenn es hart auf hart kommt. Und jetzt warten wir auf deine Antwort.«
|149| In diesem Augenblick begriff Victor Mabasha, wen er töten sollte.
Der Gedanke war schwindelerregend. Aber es paßte genau zusammen. Jan Kleyns unversöhnlicher Haß auf die Schwarzen, die gegenwärtige Liberalisierung Südafrikas.
Ein bedeutender Mann. Sie wollten, daß er Präsident de Klerk erschoß.
Sein erster Impuls war, nein zu sagen. Das Risiko war zu groß. Wie sollte es möglich sein, an all den Sicherheitsleuten vorbeizukommen, die den Präsidenten ständig umgaben? Wie sollte er nach der Tat entkommen? Präsident de Klerk war ein Objekt für einen Attentäter, der bereit war, sein eigenes Leben in einer selbstmörderischen Aktion zu opfern.
Gleichzeitig konnte er nicht leugnen, daß sich seine Meinung in den acht Jahren nicht geändert hatte. Kein Mensch auf der ganzen Welt war vor einem geschickten Attentäter sicher.
Und eine Million Rand. Verführerischer Gedanke. Er konnte nicht nein sagen. »300 000 Vorschuß. Übermorgen, bei einer Bank in London. Ich will das Recht, den endgültigen Plan ablehnen zu dürfen, wenn er mir zu riskant erscheint. In diesem Falle könnt ihr von mir einen Alternativvorschlag fordern. Unter diesen Voraussetzungen sage ich ja.«
Jan Kleyn lächelte. »Ausgezeichnet. Ich wußte es.«
»Mein Name im Paß soll Ben Travis lauten.«
»Natürlich. Ein guter Name. Leicht zu merken.«
Aus einer Plastikhülle, die auf einem Tisch hinter seinem Stuhl gelegen hatte, nahm Jan Kleyn einen Brief, der in Botswana abgestempelt war, und reichte ihn Victor Mabasha. »Am 15. April geht morgens um sechs Uhr ein Bus von Umtata nach Johannesburg. Wir möchten, daß du diesen nimmst.«
Jan Kleyn und der Mann, der sich als Franz vorgestellt hatte, erhoben sich.
»Wir werden dich nach Hause fahren«, sagte Jan Kleyn. »Die Zeit ist knapp, deshalb fährst du am besten noch heute nacht. Du kannst auf dem Rücksitz schlafen.«
Victor Mabasha nickte. Er hatte es eilig, nach Hause zu kommen. Eine Woche war nicht viel für das, was er noch erledigen |150| mußte. Zum Beispiel herausfinden, wer dieser Franz eigentlich war.
Jetzt ging es um seine eigene Sicherheit. Das erforderte seine volle Konzentration.
Sie trennten sich auf der Veranda. Diesmal streckte Victor Mabasha die Hand nicht aus. Er erhielt seine Waffen zurück und nahm auf dem Rücksitz des Wagens Platz.
Präsident de Klerk, dachte er. Keiner kann entkommen. Nicht einmal du.
Jan Kleyn und Franz Malan blieben auf der Veranda stehen und sahen die Rücklichter verschwinden.
»Ich glaube, du hast recht«, sagte Franz Malan. »Ich glaube, er wird es schaffen.«
»Natürlich wird er es schaffen«, erwiderte Jan Kleyn. »Weshalb, meinst du, habe ich den Besten ausgewählt?«
Franz Malan sah nachdenklich zum Sternenhimmel hinauf.
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