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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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»Glaubst du, er hat begriffen, um wen es geht?«
    »Ich nehme an, er tippt auf Präsident de Klerk«, antwortete Jan Kleyn. »Das ist ziemlich unvermeidlich.«
    Franz Malan löste den Blick von den Sternen und sah Jan Kleyn an. »Das war Absicht von dir, oder? Ihn raten zu lassen?«
    »Natürlich«, sagte Jan Kleyn. »Ich tue nichts ohne Absicht. Und jetzt, glaube ich, ist es das beste, wenn wir uns trennen. Ich habe morgen ein wichtiges Treffen in Bloemfontein.«
     
    Am 17.   April flog Victor Mabasha unter dem Namen Ben Travis nach London. Nun wußte er, wer Franz Malan war. Auch das hatte ihn überzeugt, daß Präsident de Klerk sein Opfer werden sollte. In seiner Tasche hatte er einige Bücher über de Klerk. Er wußte, daß er ihn so gut wie möglich kennenlernen mußte.
    Am Tag darauf ging es weiter nach St. Petersburg. Dort wurde er von einem Mann erwartet, der Konovalenko hieß.
    Zwei Tage später legte eine Fähre am Kai in Stockholm an. Nach einer langen Autofahrt in Richtung Süden erreichten sie spätabends einen abgelegenen Hof. Der Mann, der den Wagen fuhr, sprach ein exzellentes Englisch, wenn auch mit leicht russischem Akzent.
    |151| Am Montag, dem 20.   April, wachte Victor Mabasha im Morgengrauen auf. Er ging auf den Hof hinaus und pinkelte. Ein regloser Nebel lag über dem Feld. Er sog die kühle Luft ein.
    Schweden, dachte er. Du begrüßt Ben Travis mit Nebel, Kälte und Schweigen.

9
    Außenminister Botha war es, der die Schlange entdeckte.
    Es war schon fast Mitternacht, und die meisten Mitglieder der Regierung Südafrikas hatten eine gute Nacht gewünscht und sich in ihre Bungalows zurückgezogen. Am Lagerfeuer hielten sich nur noch Präsident de Klerk, Außenminister Botha, Innenminister Vlok und sein Sekretär sowie einige ausgewählte Sicherheitsleute des Präsidenten und des Kabinetts auf. Es handelte sich ausschließlich um Offiziere, die ihren Treue- und Schweigeeid Präsident de Klerk persönlich geleistet hatten. Weiter entfernt, vom Feuer aus kaum sichtbar, warteten schwarze Diener in der Dunkelheit.
    Es war eine grüne Mamba. Sie war kaum zu erkennen, denn sie lag reglos am flackernden Rand des vom Feuer ausgehenden Lichtkreises. Außenminister Botha wäre wahrscheinlich nie auf sie aufmerksam geworden, hätte er sich nicht gebückt, um sich am Fußknöchel zu kratzen. Er zuckte zusammen, als er die Schlange entdeckte, und blieb dann reglos sitzen. Von Kindheit an wußte er, daß eine Schlange nur Ziele sehen und angreifen kann, die sich in Bewegung befinden.
    »Eine Giftschlange liegt vor meinen Füßen, zwei Meter entfernt«, sagte er mit leiser Stimme.
    Präsident de Klerk war in Gedanken versunken. Er hatte seinen Liegestuhl so eingestellt, daß er sich halb liegend ausstrecken konnte. Wie immer saß er ein Stück von seinen Kollegen entfernt. Er hatte sich längst klargemacht, daß dies so war, weil ihm seine Minister dadurch, daß sie ihre Stühle am Feuer nicht |152| in seiner unmittelbaren Nähe aufstellten, ihren Respekt bezeugen wollten. Es war ihm sehr recht. Präsident de Klerk war ein Mann, der oft das zwingende Bedürfnis verspürte, einsam zu sein.
    Langsam kam ihm die Bedeutung der Worte des Außenministers zu Bewußtsein. Er wendete den Kopf und sah in das von tanzenden Flammen beschienene Gesicht. »Hast du etwas gesagt?«
    »Vor meinen Füßen liegt eine grüne Giftschlange«, wiederholte Pik Botha. »Ich glaube, ich habe noch nie so eine große Mamba gesehen.«
    Präsident de Klerk setzte sich vorsichtig auf. Er verabscheute Schlangen. Überhaupt hatte er eine panische Angst vor kriechenden und sich schlängelnden Tieren. Die Angestellten im Sitz des Präsidenten wußten, daß sie täglich jeden Winkel nach Spinnen, Käfern und Insekten absuchen mußten. Das galt auch für die Büros und Autos des Präsidenten sowie für die Tagungsräume des Kabinetts.
    Er reckte vorsichtig den Kopf und entdeckte die Schlange. Sofort stieg Übelkeit in ihm auf. »Schlag sie tot«, sagte er.
    Der Innenminister war in seinem Stuhl eingeschlummert, sein Staatssekretär hörte Musik über Kopfhörer. Einer der Leibwächter zog vorsichtig ein Messer aus dem Gürtel und hieb mit großer Präzision nach der Schlange. Der Kopf der Mamba wurde glatt abgetrennt. Der Leibwächter packte den Schlangenkörper, der noch zuckte. Dann warf er ihn ins Feuer. De Klerk erschrak, als er sah, daß das auf dem Boden liegende Haupt der Schlange ebenfalls noch zu leben schien, denn der Kiefer

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