Wallander 03 - Die weisse Löwin
daß es zuwenig ist, wie lautet die Antwort dann?«
|146| »Wie zur Hölle kann eine Million Rand wenig sein?« warf Franz Malan böse ein.
Jan Kleyn hob beschwichtigend die Hand. »Laßt uns lieber sagen, daß es gut bezahlt ist für eine sehr konzentrierte Arbeit von kurzer Dauer.«
»Ihr wollt, daß ich jemanden töte«, wiederholte Victor Mabasha.
Jan Kleyn sah ihn lange an, bevor er antwortete. Victor Mabasha kam es plötzlich so vor, als wehe ein kalter Wind durch den Raum.
»Ganz recht«, bestätigte Jan Kleyn langsam. »Wir wollen, daß du jemanden tötest.«
»Wen?«
»Das erfährst du, wenn die Zeit reif ist.«
Victor Mabasha wurde plötzlich unruhig. Es gehörte zu den ungeschriebenen Spielregeln, daß er von Anfang an das Wichtigste erfuhr. Auf wen er seine Waffe richten sollte.
»Dieser Auftrag ist sehr speziell«, fuhr Jan Kleyn fort. »Er erfordert Reisen, eventuell monatelange Vorbereitungen, Proben und extreme Wachsamkeit. Ich will nur verraten, daß es ein Mann ist, den du beseitigen sollst. Ein sehr bedeutender Mann.«
»Ein Südafrikaner?«
Jan Kleyn zögerte einen Augenblick, bevor er antwortete. »Ja. Ein Südafrikaner.«
Victor Mabasha überlegte schnell, wer gemeint sein konnte. Aber noch tappte er völlig im dunkeln. Und wer war dieser fette und verschwitzte Mann, der schweigend im Schatten an der anderen Seite des Tisches saß? Victor Mabasha hatte den flüchtigen Eindruck, ihn wiederzuerkennen. War er ihm schon einmal begegnet? Und wenn ja, in welchem Zusammenhang? Hatte er sein Bild in einer Zeitung gesehen? Er kramte fieberhaft in seinem Gedächtnis, kam aber zu keinem Ergebnis.
Der Chauffeur verteilte Tassen und stellte eine Kaffeekanne mitten auf den grünen Tisch. Keiner sagte ein Wort, bis er den Raum verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatte.
»Wir wollen, daß du in ungefähr zehn Tagen Südafrika verläßt«, |147| sagte Jan Kleyn. »Du fährst von hier aus direkt nach Ntibane zurück. Allen, die du kennst, sagst du, daß du nach Botswana gehst, um bei einem Onkel zu arbeiten, der in Gaborone eine Eisenhandlung hat. Du wirst einen Brief erhalten, abgestempelt in Botswana, in dem du Arbeit angeboten bekommst. Diesen Brief wirst du vorzeigen, sooft es geht. In sieben Tagen, am 15. April, nimmst du den Bus nach Johannesburg. Auf dem Busbahnhof wird dich jemand ansprechen. Die Nacht wirst du in einer Wohnung verbringen, in der ich dir die letzten Instruktionen geben werde. Am Tag danach fliegst du nach Europa und dann weiter nach St. Petersburg. Laut Paß bist du aus Zimbabwe und hast einen anderen Namen. Du kannst ihn dir selbst auswählen. In St. Petersburg wirst du auf dem Flughafen erwartet. Ihr reist dann mit dem Zug nach Finnland und von dort mit dem Schiff weiter nach Schweden. Dort verbringst du einige Wochen, ein Mann wird dir die wichtigsten Instruktionen geben. An einem Tag, der noch nicht exakt feststeht, kehrst du nach Südafrika zurück. Wenn du wohlbehalten wieder hier bist, übernehme ich selbst die Verantwortung für den letzten Abschnitt. Spätestens Ende Juni ist alles klar. Du empfängst dein Geld, wo du auch willst auf der Welt. 100 000 Rand werden als Vorschuß gezahlt, sobald du eingewilligt hast, uns diesen kleinen Dienst zu erweisen.«
Jan Kleyn verstummte und betrachtete ihn mit forschenden Augen. Victor Mabasha fragte sich, ob er wirklich richtig gehört hatte. St. Petersburg? Finnland? Schweden? Erfolglos versuchte er, sich die Europakarte ins Gedächtnis zu rufen.
»Ich habe nur eine einzige Frage«, sagte er nach einer Weile. »Was bedeutet all das hier?«
»Daß wir vorsichtig und sorgfältig sind. Das solltest du würdigen, weil es eine Garantie ist für deine eigene Sicherheit.«
»Für die sorge ich schon selbst. Aber fangen wir von vorn an. Wen treffe ich in St. Petersburg?«
»Wie du vielleicht weißt, hat es in der Sowjetunion in den letzten Jahren große Veränderungen gegeben. Veränderungen, über die wir alle sehr erfreut sind. Aber das bedeutet auch, daß eine ganze Anzahl tüchtiger Männer arbeitslos geworden ist. |148| Das gilt natürlich auch für Offiziere der geheimen Polizei, des KGB. Es erreichen uns ständig Anfragen dieser Menschen, ob wir nicht an ihren Erfahrungen und Diensten interessiert wären. In vielen Fällen sind sie zu allem bereit, nur um eine Aufenthaltsgenehmigung für unser Land zu bekommen.«
»Mit dem KGB arbeite ich nicht zusammen«, erklärte Victor Mabasha. »Ich arbeite
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