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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Zimmer, nur die Nachttischlampe brannte. Im Fensterglas gespiegelt, konnte er den Arzt eintreten sehen.
    »Guten Abend«, sagte van Heerden, ohne sich zu rühren.
    »Guten Abend, Pieter van Heerden«, hörte er eine Stimme antworten.
    Es war nicht Doktor Plitts Stimme. Aber er kannte sie. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er begriff, wer da hinter seinem Rücken stand. Und als er begriffen hatte, drehte er sich schnell um.
    |221| Jan Kleyn wußte, daß die Ärzte der Brenthurst Clinic selten weiße Kittel während ihrer Patientenbesuche trugen. Er wußte überhaupt alles, was er über die Routine im Krankenhaus wissen mußte. Die Rolle des Arztes zu spielen war sehr einfach zu arrangieren gewesen. Es geschah oft, daß Ärzte die Wache für andere übernahmen. Sie mußten nicht einmal im selben Krankenhaus arbeiten. Es war außerdem nicht ungewöhnlich, daß Ärzte ihre Patienten zu ausgefallenen Zeiten aufsuchten, besonders vor oder nach einer Operation. Als er dann noch herausgefunden hatte, zu welchem Zeitpunkt die Schicht der Krankenschwestern wechselte, war sein Plan klar gewesen. Er hatte seinen Wagen an der Vorderseite des Krankenhauses geparkt, die Rezeption passiert und den Wächtern mit der Legitimationskarte eines Transportunternehmens, das oft für Krankenhäuser und Laboratorien arbeitete, vor der Nase herumgewedelt. »Ich soll eine eilige Blutprobe holen. Ein Patient in Abteilung 2.«
    »Findest du hin?« fragte der Wächter.
    »Ich war schon einmal hier«, antwortete Jan Kleyn und holte per Knopfdruck den Fahrstuhl.
    Das war nicht gelogen. Am Tag zuvor hatte er das Krankenhaus mit einer Tüte voll Obst betreten. Er hatte behauptet, einen Patienten in Abteilung 2 besuchen zu wollen. Also wußte er sehr wohl, wie er hinfinden würde.
    Der Gang war leer, als er sich dem Zimmer näherte, wo, wie er wußte, van Heerden lag. Weit hinten am Ende des Flurs saß eine Nachtschwester, über ein Krankenhausjournal gebeugt. Er bewegte sich leise und stieß vorsichtig die Tür auf.
    Als sich van Heerden erschrocken umdrehte, hatte Jan Kleyn die schallgedämpfte Pistole bereits in der rechten Hand.
    In der linken hielt er das Fell eines Schakals.
    Kleyn erlaubte es sich von Zeit zu Zeit, sein Dasein mit makabren Einfällen zu würzen. In diesem Fall konnte das Fell eines Schakals außerdem als ablenkende Spur fungieren, um die Kriminalpolizisten zu verwirren, die den Fall später untersuchen würden. Ein Offizier des Nachrichtendienstes, der in einem Krankenhaus ermordet wurde, mußte für hektische Betriebsamkeit bei der Mordkommission von Johannesburg sorgen. Man |222| würde anfangen, nach Zusammenhängen zwischen dem Mord und der Arbeit Pieter van Heerdens zu suchen. Nicht zuletzt seine Kontakte zu Präsident de Klerk würden die Forderung nach Aufklärung des Mordes verschärfen. Jan Kleyn war deshalb darauf aus, die Polizei auf eine Fährte zu bringen, die sie mit Sicherheit in die falsche Richtung führen würde. Es kam vor, daß schwarze Kriminelle rituelle Komponenten ins Spiel brachten, wenn sie ihre Verbrechen begingen. Das galt vor allem für Raubmorde. Man begnügte sich nicht damit, Blut an die Wände zu schmieren. Oft hinterließen die Täter ein Symbol beim Opfer. Einen abgebrochenen Zweig, zu einem bestimmten Muster geordnete Steine. Oder das Fell eines Tieres.
    Kleyn hatte sofort an einen Schakal gedacht. In seinen Augen war das genau die Rolle, die van Heerden gespielt hatte. Er war es gewesen, der die Kenntnisse und Informationen anderer ausgenutzt und weitergegeben hatte. Das hätte er nicht tun sollen.
    Er betrachtete van Heerdens erschreckten Gesichtsausdruck.
    »Die Operation ist abgeblasen«, sagte Jan Kleyn mit seiner heiseren Stimme.
    Dann warf er das Fell des Schakals über van Heerdens Gesicht und gab drei Schüsse auf seinen Kopf ab. Das Kopfkissen begann sich zu verfärben. Kleyn steckte die Pistole in die Tasche und zog die Schublade des Nachttisches auf. Er nahm van Heerdens Brieftasche heraus und verließ das Zimmer. Genauso unbemerkt, wie er gekommen war, konnte er auch verschwinden. Die Wächter würden später keine eigentliche Personenbeschreibung des Mannes geben können, der van Heerden ermordet und beraubt hatte.
    Auch die Polizei bezeichnete die Tat als Raubmord, und diese Version wurde dann verbreitet. Aber Präsident de Klerk ließ sich nicht überzeugen. Für ihn war van Heerdens Tod dessen letzte Botschaft. Es gab keine Zweifel mehr. Die Konspiration war echt.
    Die hinter

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