Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
arbeiten. Indizien weisen darauf hin, daß Transporte und illegale Verkäufe von menschlichen Organen dabei eine Rolle gespielt haben. Welche, ist noch ungewiß. Leider kann ich aus ermittlungstechnischen Gründen keine Details verraten.«
    Er merkte, daß er wie eine Maschine klang. Warum drücke ich mich nicht einfacher aus, dachte er wütend. Ich rede wie die Parodie eines Polizisten.
    »Dann verstehe ich, daß Lasse Strömberg Ihnen meinen Namen gegeben hat«, sagte sie, und Wallander registrierte das Interesse in ihrer Stimme.
    »Ich vermute, daß Sie sich auf diesem Gebiet gut auskennen, und hoffe, daß Sie mich umfassender informieren können.«
    »Das würde den ganzen Tag dauern. Und vielleicht noch den Abend dazu. Außerdem würden Sie merken, daß hinter jeder Aussage, die ich mache, ein unsichtbares Fragezeichen steht. An dieses lichtscheue Thema haben sich bisher lediglich ein paar amerikanische Journalisten gewagt. Ich bin sicher die einzige, die sich in Skandinavien damit beschäftigt.«
    |280| »Ich nehme an, daß es ziemlich riskant ist.«
    »Vielleicht nicht hier und für mich. Aber ich kenne einen der amerikanischen Journalisten, Gary Becker aus Minneapolis. Er fuhr nach Brasilien, um Gerüchten über eine Organisation nachzugehen, die in São Paulo tätig sein sollte. Nicht nur sein Leben wurde bedroht, eines Abends wurde sein Taxi vor dem Hotel, in dem er wohnte, beschossen. Er nahm das erste Flugzeug und floh außer Landes.«
    »Gab es jemals Hinweise auf schwedische Interessen in dieser Branche?«
    »Nein. Gibt es denn welche?«
    »Bitte, ich möchte die Fragen stellen.«
    Sie sah ihn schweigend an. Dann lehnte sie sich vor. »Wenn wir beide uns unterhalten, müssen Sie aber aufrichtig sein. Vergessen Sie nicht, daß ich Journalistin bin. Sie brauchen für die Informationen nicht zu bezahlen. Aber ich kann zumindest verlangen, daß Sie die Wahrheit sagen.«
    »Sie haben recht«, sagte Wallander. »Es gibt eventuell eine Verbindung. Mehr darf ich wirklich nicht verraten.«
    »Gut, dann verstehen wir einander. Aber eines müssen Sie mir versprechen: Sollte es wirklich eine Verbindung geben, möchte ich die erste Journalistin sein, die davon erfährt.«
    »Das kann ich nicht versprechen; es würde gegen unsere Bestimmungen verstoßen.«
    »Sicher. Aber ist es nicht viel schlimmer, daß Menschen getötet werden, damit man ihnen Organe entnehmen kann?«
    Wallander war sich bewußt, daß er ihr gegenüber Regeln und Verordnungen verteidigte, denen er seit langem kritisch gegenüberstand. Als Polizist hatte er in den letzten Jahren oft den Zweck die Mittel heiligen lassen und nicht nach den Vorschriften gefragt. Warum sollte er diese Einstellung nun plötzlich wieder ändern?
    »Also gut, Sie werden die erste sein, die etwas erfährt. Aber Sie dürfen sich nicht auf mich berufen; ich muß anonym bleiben.«
    »Ausgezeichnet. Wir verstehen uns immer besser.«
     
    |281| Wenn Wallander später an all die Stunden zurückdachte, die er mit Lisbeth Norin in der Küche verbracht hatte, mit der Katze, die zwischen den Blumentöpfen schlief, und den Sonnenstrahlen, die langsam über die Wachstuchdecke wanderten, um schließlich ganz zu verschwinden, wunderte er sich, wie schnell die Zeit vergangen, wie kurz der Tag gewesen war. Sie hatten ihr Gespräch Punkt zehn Uhr begonnen, und als er sich endlich auf den Heimweg machte, war es bereits Abend gewesen. Mit wenigen Unterbrechungen, die sie nutzte, um die Mahlzeiten zuzubereiten, während er von ihrem betagten Vater mit Geschichten aus seiner Zeit als Kapitän eines Küstenschiffes unterhalten wurde, hatte sie von ihrer Arbeit erzählt. Wallander beneidete sie. Beide stellten Ermittlungen an, verbrachten ihre Zeit im Umfeld von Verbrechen und menschlichem Elend. Der Unterschied bestand darin, daß sie etwas enthüllte, um vorzubeugen, während er dem bereits Geschehenen nachjagte.
    Im nachhinein würde ihm der Tag in der Küche als eine Reise in ein unbekanntes Land in Erinnerung bleiben, in ein Land, in dem sich menschliche Körperteile in Waren auf einem Markt verwandelten, der scheinbar keine moralischen Schranken mehr kannte. Er erfuhr, daß der illegale Organhandel, wenn sie mit ihren Vermutungen recht behielt, unvorstellbare Ausmaße angenommen hatte. Was ihn jedoch am meisten erschütterte, war die Tatsache, daß sie ein gewisses Verständnis aufzubringen schien für die, die gesunde, meist junge Menschen töteten, um deren Organe zu verkaufen.
    »Das

Weitere Kostenlose Bücher