Wallander 04 - Der Mann, der lächelte
waren, daß nicht einmal ich sie sehen durfte.«
Wallander lehnte dankend ab, als sie ihm Kaffee nachschenken wollte. »Können Sie sich daran erinnern, daß in den Papieren, die durch Ihre Hände gingen, ein Unternehmen namens Avanca erwähnt wurde?«
Er sah, daß sie angestrengt überlegte. »Nein. Aber es ist durchaus möglich.«
»Dann habe ich nur noch eine letzte Frage«, sagte Wallander. »Wußten Sie von den Drohbriefen?«
»Ja. Gustaf Torstensson hat sie mir gezeigt. Aber er sagte, wir sollten uns nichts daraus machen. Deshalb wurden sie auch nicht archiviert. Ich dachte, er hätte sie weggeworfen.«
»Sie wußten aber nicht, daß der Absender der Briefe, Lars Borman, ein Bekannter Gustaf Torstenssons war?«
|275| »Nein. Das überrascht mich.«
»Sie trafen sich in einem Verein zum Studium der Ikonenmalerei.«
»Ich kenne diesen Verein. Aber ich wußte nicht, daß der Verfasser der Drohbriefe dort Mitglied war.«
Wallander stand auf. »Dann will ich nicht länger stören«, sagte er.
Sie schaute ihn verwundert an. »Haben Sie mir sonst nichts zu sagen?«
»Wir wissen immer noch nicht, wer die beiden Anwälte ermordet hat. Auch ein Motiv haben wir bisher nicht. Aber der Anschlag in Ihrem Garten hängt mit allem zusammen.«
Sie packte seinen Arm. »Sie müssen sie kriegen.«
»Ja«, sagte Wallander. »Das werden wir.«
»Bevor ich sterbe, muß ich wissen, was wirklich geschehen ist.«
»Sobald ich ein Ergebnis habe, werde ich es Ihnen mitteilen«, versicherte er und war sich bewußt, wie hohl sein Versprechen in ihren Ohren klingen mußte.
Wallander fuhr zum Polizeigebäude und versuchte, Björk ausfindig zu machen. Als er hörte, daß sich dieser in Malmö aufhielt, ging er zu Svedberg und bat ihn zu ermitteln, warum Frau Dunérs Haus nicht bewacht wurde.
»Glaubst du denn wirklich, daß ihr etwas passieren könnte?« fragte Svedberg.
»Ich glaube gar nichts«, erwiderte Wallander. »Ich weiß nur, daß schon mehr als genug passiert ist.«
Als Wallander gehen wollte, reichte ihm Svedberg einen Zettel. »Eine Lisbeth Norin hat angerufen. Du kannst sie bis um fünf unter dieser Nummer erreichen.«
Wallander sah, daß es keine Göteborger, sondern eine Malmöer Telefonnummer war. Er ging in sein Büro und rief an.
Zuerst meldete sich ein Mann, er schien alt zu sein, dann war Lisbeth Norin am Apparat. Wallander stellte sich vor.
»Trifft sich gut, ich bin für ein paar Tage in Malmö«, sagte Lisbeth Norin. »Ich besuche meinen alten Vater, der sich den Oberschenkel gebrochen hat. Sie wollen mit mir sprechen?«
|276| »Ja, aber lieber nicht am Telefon.«
»Worum geht es?«
»Um einige Fragen im Zusammenhang mit einer Ermittlung. Ein Arzt in Lund namens Strömberg hat mich an Sie verwiesen.«
»Morgen hätte ich Zeit. Aber wir müßten uns hier in Malmö treffen.«
»Gut, ich komme hin. Wie wäre es mit zehn Uhr?«
»Geht in Ordnung.«
Sie gab ihm eine Adresse im Zentrum von Malmö.
Er merkte, daß er sehr hungrig war. Es war bereits später Nachmittag, und er beschloß, zu Hause weiterzuarbeiten. Einen großen Teil des Materials über Alfred Harderbergs Imperium hatte er noch nicht ausgewertet. Aus einer Schublade zog er eine Plastiktüte und stopfte Schnellhefter und Aktenordner hinein. Zu Ebba an der Anmeldung sagte er, daß er in seiner Wohnung zu erreichen sei.
An einem Laden hielt er an. Er kaufte ein paar Lebensmittel und am Tabakstand fünf Rubbellose.
Zu Hause briet er sich Würstchen und trank ein Bier. Vergeblich suchte er nach dem Glas Preiselbeeren, das noch irgendwo stehen mußte. Nach dem Essen spülte er das Geschirr und rubbelte seine Lose. Es waren fünf Nieten. Er beschloß, an diesem Tag keinen Kaffee mehr zu trinken, und legte sich statt dessen aufs Bett, um vor der Durchsicht der Unterlagen noch ein wenig auszuruhen.
Er wurde vom Telefon geweckt. Er hatte viele Stunden geschlafen – es war zehn Minuten nach zehn.
Sten Widén war am Apparat. »Ich rufe aus einer Telefonzelle an. Es wird dich sicher interessieren, daß Sofia den Job bekommen hat. Morgen fängt sie an.«
Plötzlich war Wallander hellwach. »Gut«, sagte er. »Wer hat sie eingestellt?«
»Eine Frau Karlén.«
Wallander erinnerte sich an seinen ersten Besuch im Schloß. »Aha, Anita Karlén.«
|277| »Zwei Reitpferde«, sagte Sten Widén weiter. »Sehr wertvoll. Um die soll sie sich kümmern. Auch über den Lohn kann man nicht meckern. Das Stallgebäude ist klein; darin befindet sich
Weitere Kostenlose Bücher