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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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gekommen? Oder zu zögernd? Er schärfte sogleich seine Aufmerksamkeit und fuhr seine unsichtbaren Antennen aus. »Ich kann mir vorstellen, wie sehr es sie getroffen haben muß«, sagte er vorsichtig.
    »Sie ist sehr sensibel«, antwortete ihr Bruder.
    Etwas stimmt hier nicht, dachte Wallander wieder. Aber gleichzeitig spürte er, daß er im Moment nicht weiterfragen durfte. Es war besser, später noch einmal auf das Mädchen zurückzukommen. Er warf Ann-Britt Höglund einen raschen Blick zu. Sie schien nichts bemerkt zu haben.
    »Die Fragen, auf die Sie schon geantwortet haben, will ich nicht wiederholen«, sagte Wallander und goß sich eine Tasse Kaffee ein, |264| wie um zu signalisieren, daß alles in Ordnung war. Er fing den Blick des Jungen auf, der ihm die ganze Zeit folgte. Seine Augen hatten eine Wachsamkeit, die Wallander an einen Vogel denken ließ. Er hatte allzufrüh eine Verantwortung übernehmen müssen, der er nicht gewachsen war. Der Gedanke machte ihn traurig. Nichts bedrückte Wallander mehr, als Kinder oder junge Menschen zu sehen, denen es schlechtging. Auch wenn er vielleicht kein guter Vater war, das jedenfalls hatte er Linda nie zugemutet, die Rolle der Frau des Hauses zu übernehmen, nachdem Mona ausgezogen war.
    »Ich weiß, daß keiner von Ihnen Björn in den letzten Wochen gesehen hat«, fuhr er fort. »Gilt das auch für Louise?«
    Diesmal antwortete die Mutter. »Als er das letzte Mal hier war, war Louise ausgegangen«, sagte sie. »Sie hat ihn wohl mehrere Monate nicht gesehen.«
    Wallander näherte sich langsam den schwierigsten Fragen. Auch wenn er sich bewußt war, quälende Erinnerungen kaum vermeiden zu können, versuchte er, so behutsam wie möglich vorzugehen.
    »Jemand hat ihn getötet«, sagte er. »Kann einer von Ihnen sich denken, wer es getan haben könnte?«
    Anette Fredman sah ihn mit einem verwunderten Blick an. Als sie jetzt antwortete, klang ihre Stimme schrill. Der leise Tonfall von vorhin war auf einmal verschwunden. »Sollte man nicht lieber fragen, wer es nicht getan hat?« erwiderte sie. »Ich weiß nicht, wie oft ich mir gewünscht habe, ich hätte die Kraft, ihn umzubringen.«
    Der Sohn legte den Arm um ihre Schulter und zog sie sacht an sich. »So hat er es wohl nicht gemeint«, sagte er beschwichtigend.
    Sie faßte sich schnell wieder. »Ich weiß nicht, wer es getan hat«, sagte sie. »Und ich will es auch nicht wissen. Aber ich will kein schlechtes Gewissen haben, weil ich große Erleichterung empfinde bei dem Gedanken, daß er nie wieder durch die Tür kommen wird.«
    Sie stand abrupt auf und ging ins Badezimmer. Wallander sah Ann-Britt Höglund einen Moment lang zögern, ob sie ihr folgen |265| sollte. Doch sie blieb sitzen, als der Junge auf dem Sofa zu sprechen begann.
    »Mama ist sehr aufgewühlt«, sagte er.
    »Das können wir verstehen«, sagte Wallander, dessen Sympathie für den Jungen immer mehr zunahm. »Aber ich habe den Eindruck, daß du dir deine eigenen Gedanken machst. Auch wenn sie unangenehm sind.«
    »Ich kann mir nichts anderes vorstellen, als daß es jemand aus Papas Bekanntenkreis war«, sagte der Junge. »Mein Vater war ein Dieb. Außerdem hat er Menschen mißhandelt. Ich weiß es zwar nicht genau, aber ich glaube, er war auch das, was sie einen Torpedo nennen. Er trieb Schulden ein. Hat Leute bedroht.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Du denkst nicht an jemand Speziellen?«
    »Nein.«
    Wallander schwieg und ließ ihn nachdenken.
    »Nein«, wiederholte der Junge. »Ich weiß nicht.«
    Anette Fredman kam aus dem Badezimmer zurück.
    »Kann einer von Ihnen sich erinnern, daß er Kontakt mit einer Person namens Gustaf Wetterstedt hatte? Einem ehemaligen Justizminister. Oder einem Kunsthändler, der Arne Carlman hieß?«
    Sie schüttelten beide den Kopf, nachdem sie einander, wie um Bekräftigung zu finden, angesehen hatten.
    Das Gespräch tastete sich voran. Wallander versuchte, ihnen zu helfen, sich zu erinnern. Dann und wann griff Forsfält behutsam ein. Schließlich sah Wallander ein, daß sie nicht weiterkommen würden. Er verzichtete auf erneute Fragen nach der Tochter. Statt dessen nickte er Ann-Britt Höglund und Forsfält zu. Er war fertig. Als sie sich im Flur verabschiedeten, sagte er jedoch, daß er sicher noch einmal gezwungen sein würde, sich bei ihnen zu melden, vermutlich bald, vielleicht schon am nächsten Tag. Er gab ihnen auch seine Telefonnummern, die dienstliche und die private.
    Als sie auf die

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