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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Straße traten, sah er Anette Fredman am Fenster stehen und ihnen nachsehen.
    »Die Schwester«, sagte er. »Louise Fredman. Was wissen wir von ihr?«
    |266| »Sie war auch gestern nicht da«, antwortete Forsfält. »Sie kann natürlich verreist sein. Sie ist siebzehn, soviel weiß ich.«
    Wallander stand einen Augenblick in Gedanken.
    »Ich möchte gern mit ihr sprechen«, sagte er dann.
    Die anderen reagierten nicht. Er war anscheinend der einzige, der den plötzlichen Umschwung von Freundlichkeit zu Wachsamkeit wahrgenommen hatte, als er nach ihr fragte.
    Er dachte an den Jungen, Stefan Fredman. An seine wachsamen Augen. Er tat ihm leid.
    »Das war alles bis auf weiteres«, sagte er, als sie sich vor dem Polizeipräsidium trennten. »Aber wir bleiben natürlich in Verbindung.«
    Sie gaben Forsfält zum Abschied die Hand.
    Dann fuhren sie zurück nach Ystad, durch eine schonische Sommerlandschaft, wie sie schöner nicht sein konnte. Ann-Britt Höglund hatte sich zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Wallander hörte sie eine improvisierte Melodie summen. Er wünschte sich, er hätte die gleiche Fähigkeit wie sie, von der Ermittlung, die ihn mit so großer Unruhe erfüllte, abzuschalten. Rydberg hatte häufig den Standpunkt vertreten, ein Polizeibeamter sei nie ganz frei von seiner Verantwortung. In einem Augenblick wie diesem konnte Wallander denken, daß Rydberg in diesem Punkt unrecht hatte.
    Kurz nachdem sie die Abfahrt nach Sturup passiert hatten, bemerkte er, daß sie eingeschlafen war. Er versuchte, so behutsam wie möglich zu fahren, um sie nicht zu wecken. Erst als er im Kreisverkehr vor der Einfahrt nach Ystad bremsen mußte, schlug sie die Augen wieder auf. Im selben Moment piepte das Autotelefon. Er nickte ihr zu, den Hörer abzunehmen. Er konnte nicht verstehen, mit wem sie sprach. Aber er erkannte sofort, daß etwas Ernstes passiert sein mußte. Sie hörte nur zu, ohne Fragen zu stellen. Kurz vor der Einfahrt zum Präsidium beendete sie das Gespräch. »Das war Svedberg. Carlmans Tochter hat einen Selbstmordversuch unternommen. Sie wird auf der Intensivstation künstlich beatmet.«
    Wallander sagte nichts, bis er den Wagen auf einen freien Parkplatz gefahren und den Motor abgestellt hatte.
    |267| Dann wandte er sich ihr zu. Da war noch etwas.
    »Was hat er noch gesagt?«
    »Sie wird wahrscheinlich nicht durchkommen.«
    Wallander starrte durch die Frontscheibe.
    Er dachte daran, wie sie ihn geschlagen hatte.
    Dann stieg er wortlos aus dem Wagen.

|268| 23
    Die Hitzewelle hielt an.
    Sie waren schon mitten im Hochsommer, ohne daß Wallander es wirklich bemerkt hatte. Er schwitzte, als er vom Polizeipräsidium zur Stadt hinunter und zum Krankenhaus ging.
    Als sie nach Svedbergs Anruf zum Präsidium zurückgekehrt waren, hatte Wallander nicht einmal die Anmeldung betreten, um zu sehen, ob Nachrichten für ihn dalagen. Reglos hatte er neben dem Wagen gestanden, als habe er jede innere Orientierung verloren, und dann langsam, fast schleppend zu Ann-Britt Höglund gesagt, daß sie die Kollegen über das Gespräch mit Fredmans Familie informieren müsse, während er zum Krankenhaus hinunterginge, in dem Carlmans Tochter im Sterben lag. Er hatte nicht auf eine Antwort von ihr gewartet, hatte sich nur umgewandt und war davongegangen, und hier, auf dem Weg hinunter zur Stadt, als er schon angefangen hatte zu schwitzen, war ihm zu Bewußtsein gekommen, daß er von einem Sommer umgeben war, der lang und heiß und trocken zu werden versprach. Er bemerkte Svedberg gar nicht, der an ihm vorbeifuhr und winkte. Wie immer, wenn er viel im Kopf hatte, und das war meistens der Fall, hielt Wallander den Blick aufs Straßenpflaster gesenkt. Diesmal wollte er die kurze Strecke bis zum Krankenhaus nutzen, um einen Gedanken zu verfolgen, der ihm eben erst gekommen war und den er noch nicht richtig einordnen konnte. Der Ausgangspunkt war jedoch sehr einfach. Innerhalb viel zu kurzer Zeit, genauer gesagt vor weniger als zehn Tagen, hatte ein Mädchen sich selbst angezündet und verbrannt, ein zweites hatte einen Selbstmordversuch unternommen, nachdem sein Vater ermordet worden war, und ein drittes, dessen Vater ebenfalls ermordet worden war, war auf eine unklare und teilweise mysteriöse Weise verreist und verschwunden. Sie waren unterschiedlich alt, Carlmans Tochter war etwas älter, aber |269| alle waren noch jung. Zwei der Mädchen waren indirekt Opfer desselben Täters, während das dritte selbst seinen Tod herbeigeführt

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