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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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kommissarischer Polizeipräsident so schwer lastete, daß er das Präsidium nicht einmal in der Mittsommernacht zu verlassen gewagt hatte. Er hatte unentwegt versucht, abzuwägen, wo sein begrenztes Personal jeweils am dringendsten benötigt wurde. Um elf war es auf zwei verschiedenen privaten Festen zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen. In einem Fall handelte es sich um ein Eifersuchtsdrama. Im zweiten Fall war der schwedische Torwart Ravelli die Ursache einer Schlägerei gewesen. In einem von Svedberg später verfaßten Protokoll stand zu lesen, daß Ravellis Agieren bei Kameruns zweitem Tor den gewalttätigen Streit ausgelöst hatte, in dessen Folge drei Personen zur Behandlung ihrer Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden mußten. Aber als Hansson jetzt von dem Alarm aus Bjäresjö hörte, war eine der Streifen bereits wieder zurückgekommen. Im Normalfall war schlechtes Wetter der beste Garant für eine ruhige Mittsommernacht. Doch in diesem Jahr verweigerte die Geschichte eine Wiederholung.
    »Hat sie wirklich gesagt, einem Mann sei der Kopf gespalten worden?«
    |132| Der Polizist bejahte. Hansson überlegte.
    »Wir müssen Svedberg hinfahren lassen.«
    »Aber der ist doch bei dieser Schlägerei in Svarte.«
    »Das hatte ich vergessen. Dann mußt du Wallander anrufen.«
    Zum erstenmal seit über einer Woche hatte Wallander es geschafft, vor Mitternacht einzuschlafen. Einen Augenblick lang war er schwach geworden und meinte, sich mit dem Rest des schwedischen Volkes solidarisch zeigen zu sollen und die Übertragung des Fußballspiels gegen Rußland anzusehen. Doch noch während er darauf wartete, daß die Spieler den Platz betraten, war er eingeschlafen. Das Klingeln des Telefons riß ihn aus dem Tiefschlaf, und im ersten Moment wußte er nicht, wo er war. Er tastete nach dem Telefon, das neben dem Bett stand. Nach jahrelanger Saumseligkeit hatte er sich vor ein paar Monaten endlich dazu durchgerungen, einen zusätzlichen Anschluß an sein Bett legen zu lassen, damit er nicht aufstehen mußte, um den Hörer abzunehmen.
    »Habe ich dich geweckt?« fragte Hansson.
    »Ja«, antwortete Wallander. »Was ist?«
    Er wunderte sich darüber, daß er offen sagte, wie es war. Früher hatte er stets behauptet, er sei wach gewesen, ganz gleich, wann jemand anrief.
    Hansson berichtete in knappen Worten von dem Notruf, der eingegangen war. Später sollte Wallander viel darüber nachgrübeln, warum er nicht schon da gesehen hatte, daß das, was in Bjäresjö geschehen war, an die Geschichte mit Wetterstedt erinnerte. Hatte er den Gedanken von sich weisen wollen, daß sie es mit einem Serienmörder zu tun hatten? Oder konnte er sich einfach nicht vorstellen, daß ein Mord wie der an Wetterstedt etwas anderes sein konnte als ein einmaliges Vorkommnis? Das einzige, was er tat, war, Hansson zu bitten, eine Streife hinzuschicken, bevor er selbst hinausführe, nachdem er sich angezogen habe. Um fünf nach drei hielt er vor dem Hof in Bjäresjö, der ihm angegeben worden war. Im Autoradio hörte er, daß Martin Dahlin sein zweites Tor gegen Rußland köpfte. Er sah ein, daß Schweden gewinnen würde und er wieder einen Hunderter verlor. Als er Norén erblickte, der auf ihn zugelaufen kam, erkannte er sofort, daß |133| es ernst war. Doch erst nachdem er in den Garten kam und an einer Anzahl Menschen vorüberging, die entweder hysterisch oder stumm waren, wurde ihm wirklich bewußt, was passiert war. Dem Mann, der auf einer Bank in der Laube saß, war der Kopf buchstäblich in zwei Hälften gespalten worden. Auf der linken Kopfseite hatte außerdem jemand ein großes Stück der Haut mit dem Haar daran abgeschnitten. Wallander stand mehr als eine Minute vollkommen reglos. Norén sagte etwas, was er nicht verstand. Er starrte den Toten an und dachte, daß es sich um denselben Mörder handeln mußte, der vor ein paar Tagen Wetterstedt erschlagen hatte. Während eines kurzen Augenblicks empfand er eine schwer erklärbare Trauer. Später, im Gespräch mit Baiba, versuchte er, das unerwartete und wenig professionelle Gefühl, das ihn überkommen hatte, zu erklären. Ihm war, als berste ein letzter Damm, und dieser Damm war eine Illusion gewesen. Jetzt wußte er, daß es keine unsichtbaren Trennlinien mehr im Land gab. Die Gewalt, die früher auf die großen Städte konzentriert gewesen war, hatte ein für allemal auch seinen eigenen Polizeibezirk erreicht. Die Welt war geschrumpft und gleichzeitig größer geworden.
    Danach

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