Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
umhergehen und die Arbeiten dirigieren. Er hatte einen Trainingsanzug an. Auf dem Kopf trug er eine Baskenmütze. Er hatte nicht vermeiden können, sich seine Schwester zusammen mit diesem Mann vorzustellen, und sofort war die Übelkeit in ihm aufgestiegen. Nachher brauchte er nichts mehr zu sehen. Er wußte, wie er vorgehen würde.
    Als er mit der Stirn und den Schatten um die Augen fertig war, zog er zwei kräftige weiße Striche auf beiden Seiten des Nasenbeins. Schon spürte er Geronimos Herz in seiner Brust schlagen. Er beugte sich nieder und stellte das Tonbandgerät an, das auf dem Fußboden stand. Die Trommeln dröhnten. Die Geister begannen in ihm zu sprechen.
    Erst spät am Nachmittag war er fertig. Er wählte die Waffen aus, die er mitnehmen wollte. Dann setzte er die vier Mäuse in eine große Kiste. Sie versuchten, an den Wänden hochzuklettern, aber ohne Erfolg. Er zielte mit der Axt, die er prüfen wollte, auf die größte der fetten Mäuse. Der Hieb trennte die Maus in zwei Teile. Es ging so schnell, daß sie nicht einmal schrie. Die anderen Mäuse begannen dagegen, an den Wänden zu kratzen, um sich zu befreien. Er ging zum Haken an der Wand, an dem seine Lederjacke hing, und griff in die Innentasche, um die Spraydose herauszuholen. Aber sie war nicht da. Er suchte in den anderen Taschen |123| der Jacke. Er konnte sie nirgends finden. Einen Moment lang stand er ganz still. War doch jemand hiergewesen? Er hielt es für unmöglich. Um klar denken zu können, setzte er sich wieder vor die Spiegel. Die Spraydose mußte aus seiner Jacke gefallen sein. Er versuchte, sich langsam und methodisch die Tage in Erinnerung zu rufen, nachdem er Gustaf Wetterstedt besucht hatte. Da begriff er, wie es passiert war. Er mußte die Dose verloren haben, als er vor der Absperrung gestanden und die Polizei bei der Arbeit beobachtet hatte. Er hatte einmal die Jacke abgelegt, um sich einen Pullover überzuziehen. So mußte es gewesen sein. Er sagte sich, daß dies keine Gefahr darstellte. Jeder konnte eine Spraydose verloren haben. Auch wenn seine Fingerabdrücke darauf waren, hatte die Polizei sie doch nicht in ihren Registern. Der FB I-Chef Hoover würde hilflos sein, wenn es darum ging, den Besitzer der Spraydose ausfindig zu machen. Er stand auf und ging wieder zu den Mäusen in der Kiste. Als sie ihn erblickten, begannen sie sofort, sich zwischen den Wänden hin und her zu werfen. Mit drei Hieben seiner Axt tötete er sie. Dann kippte er die blutigen Mäusekadaver in eine Plastiktüte, die er sorgfältig verknotete, bevor er sie in eine zweite Plastiktüte stopfte. Er wischte die Schneide ab und befühlte sie mit den Fingerspitzen.
    Kurz nach achtzehn Uhr war er endlich fertig. Die Waffen und die Plastiktüte mit den Mäuseleichen hatte er in seinen Rucksack gestopft. Weil es regnete und windig war, zog er Strümpfe und Turnschuhe an. Das Profil unter den Sohlen hatte er schon früher abgefeilt. Er löschte das Licht und verließ den Keller. Bevor er auf die Straße trat, setzte er den Helm auf.
    Kurz hinter der Abfahrt nach Sturup hielt er auf einem Parkplatz und warf die Plastiktüte mit den Mäuseleichen in einen Abfallbehälter. Dann fuhr er weiter nach Bjäresjö. Der Wind war abgeflaut. Das Wetter war plötzlich umgeschlagen. Es würde ein warmer Abend werden.
     
    *
     
    |124| Der Abend vor Mittsommer gehörte für den Kunsthändler Arne Carlman zu den großen Ereignissen im Jahr. Seit mehr als fünfzehn Jahren war es Tradition, daß er an diesem Tag zu einem Fest auf seinem Schonenhof einlud, wo er den Sommer über wohnte. Für Künstler und Galeriebesitzer war es wichtig, zu Carlmans Mittsommerfest eingeladen zu werden. Er hatte unter denen, die in Schweden Kunst kauften und verkauften, entscheidenden Einfluß. Er konnte einem Künstler, auf den er einmal gesetzt hatte, zu Ruhm und Reichtum verhelfen. Andere, die seine Ratschläge nicht befolgten oder nicht taten, was er wollte, konnte er stürzen. Vor mehr als dreißig Jahren war er in einem alten Auto als Hausierer mit Bildern durchs Land gefahren. Das waren magere Jahre gewesen. Aber sie hatten ihn gelehrt, welchen Typ von Bildern man an welche Kunden verkaufen konnte. Er hatte das Gewerbe gelernt und sich ein für allemal von der Vorstellung freigemacht, daß Kunst über die Wirklichkeit erhaben sei, die von Geld beherrscht wurde. Er hatte sich genug zusammengespart, um in der Österlånggatan in Stockholm ein mit einer Galerie kombiniertes Rahmengeschäft

Weitere Kostenlose Bücher