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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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teilnehmen. Wallander hörte zu und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie beunruhigt er darüber war, daß Linda im Begriff stand, ihren alten Traum fallenzulassen, Möbelpolsterei zu lernen und sich, wenn sie ausgelernt hatte, in Ystad selbständig zu |167| machen. Er spürte auch ein starkes Bedürfnis, mit ihr über seinen Vater zu sprechen. Er wußte von dem engen Verhältnis der beiden. Sie würde ihren Großvater sicher besuchen, da sie nun schon in Ystad war. Er benutzte die Gelegenheit, als Kajsa auf die Toilette ging.
    »Es geschieht so viel«, sagte er. »Ich muß einmal in Ruhe mit dir reden. Nur du und ich.«
    »Das ist das Beste an dir«, antwortete sie. »Daß du immer so froh bist, mich zu sehen.«
    Sie schrieb ihm ihre Telefonnummer auf und versprach zu kommen, wenn er sie anrief.
    »Ich habe die Zeitungen gelesen«, sagte sie. »Ist es wirklich so schlimm, wie sie schreiben?«
    »Es ist schlimmer«, erwiderte Wallander. »Ich habe so viel zu tun, daß ich nicht weiß, wie ich es schaffen soll. Es war reines Glück, daß du mich angetroffen hast.«
    Sie saßen zusammen und redeten bis nach acht. Dann rief Hansson an und sagte, daß er sich in Sturup befinde und der Psychologe aus Stockholm gerade gelandet sei. Sie verabredeten sich für neun Uhr im Präsidium.
    »Ich muß gleich gehen«, sagte er zu Linda.
    »Das werden wir auch tun«, antwortete sie.
    »Wie heißt denn das Theaterstück, das ihr aufführt?« wollte Wallander wissen, als sie auf die Straße hinauskamen.
    »Es ist kein Stück«, meinte Linda. »Es ist ein Sketch.«
    »Aha«, sagte er, während er versuchte, sich klarzumachen, was der Unterschied zwischen einem Sketch und einem Theaterstück war. »Und der hat auch keinen Namen?«
    »Noch nicht«, sagte Kajsa.
    »Kann man ihn denn sehen?« fragte er vorsichtig.
    »Wenn wir fertig sind«, antwortete Linda. »Vorher nicht.«
    Wallander wollte wissen, ob er sie irgendwohin fahren konnte.
    »Ich will ihr die Stadt zeigen«, sagte Linda.
    »Woher kommst du denn?« fragte er Kajsa.
    »Aus Sandviken. Ich bin noch nie in Schonen gewesen.«
    »Das gleicht sich aus«, sagte Wallander. »Ich war noch nie in Sandviken.«
    |168| Er sah sie um die Straßenecke verschwinden. Das schöne Wetter hatte sich gehalten. Heute würde es noch wärmer werden. Er war guter Stimmung, weil seine Tochter unerwartet aufgetaucht war. Auch wenn es ihm nie ganz gelang, sich daran zu gewöhnen, daß sie in den letzten Jahren heftig mit ihrem Aussehen experimentierte. Als sie an diesem Morgen vor der Tür gestanden hatte, war ihm zum erstenmal bewußt geworden, was viele ihm früher schon gesagt hatten. Linda sah ihm ähnlich. Er hatte plötzlich sein eigenes Gesicht in ihrem entdeckt.
    Als er ins Polizeipräsidium kam, merkte er, daß Lindas Auftauchen ihm neue Kraft gegeben hatte. Im Korridor schritt er kräftig aus, dachte selbstironisch, daß er drauflos stampfte wie der schwere und übergewichtige Elefant, der er war, und warf die Jacke von sich, als er in sein Zimmer trat. Er griff nach dem Telefonhörer, noch bevor er sich gesetzt hatte, und bat die Vermittlung, Sven Nyberg zu suchen. Kurz vor dem Einschlafen in der vergangenen Nacht war ihm ein Gedanke gekommen, dem er nachgehen wollte. Es dauerte fünf Minuten, bis das Mädchen in der Vermittlung Nyberg für den ungeduldigen Wallander ausfindig gemacht hatte.
    »Wallander hier«, sagte er. »Erinnerst du dich, daß du mit mir über eine Dose mit irgendeinem Tränengasspray gesprochen hast, die ihr vor der Absperrung am Strand gefunden habt?«
    »Natürlich erinnere ich mich«, erwiderte Nyberg.
    Wallander überhörte Nybergs offensichtlich schlechte Laune. »Ich dachte, wir sollten die Fingerabdrücke untersuchen«, fuhr er fort. »Und sie mit denen vergleichen, die du auf dem blutigen Stück Papier finden kannst, das ich in der Nähe von Carlmans Haus aufgelesen habe.«
    »Wird gemacht«, versprach Nyberg. »Aber wir hätten es wohl sowieso getan, ohne daß du uns darum hättest bitten müssen.«
    »Ja«, sagte Wallander. »Aber du weißt ja, wie es ist.«
    »Das weiß ich ganz und gar nicht«, erwiderte Nyberg. »Aber du bekommst Bescheid, sobald ich ein Ergebnis habe.«
    Wie zur Bekräftigung seiner wiedergefundenen Energie knallte Wallander den Hörer auf. Er trat ans Fenster und blickte zum alten Wasserturm hinüber, während er sich einen Plan zurechtlegte |169| für das, was er an diesem Tag schaffen wollte. Aus Erfahrung wußte er, daß fast

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