Wallander 07 - Mittsommermord
merkte er, daß sie Svedbergs Leben im Kopf schon hatte Revue passieren lassen, daß sie nach Erinnerungen und vielleicht auch nach einer Erklärung für das, was geschehen war, gesucht hatte. Nach dem Gespräch las er rasch noch einmal durch, was er geschrieben hatte, und notierte sich, mit welchen Personen er Kontakt aufnehmen wollte. Am meisten interessierte ihn ein Mann namens Jan Söderblom. Ylva Brink zufolge war Svedberg zu der Zeit, als er seinen Militärdienst leistete und Polizist wurde, |347| viel mit ihm zusammengewesen. Ihr Kontakt war abgerissen, nachdem Söderblom geheiratet hatte und umgezogen war. Ob nach Malmö oder Landskrona, wußte sie nicht genau. Was Wallander besonders interessierte, war auch der Umstand, daß Söderblom auf die gleiche Art und Weise Polizist geworden war wie Svedberg. Er wollte gerade das Polizeipräsidium in Malmö anrufen, als Nyberg wieder in der Tür auftauchte. Seinem Gesichtsausdruck war zu entnehmen, daß etwas passiert war.
»Jetzt kommt endlich Bewegung in die Sache«, sagte Nyberg und wedelte mit ein paar Faxseiten. »Wir können mit den Waffen anfangen. Die Pistole, die zusammen mit der Schrotflinte in Ludvika gestohlen wurde, kann die Waffe gewesen sein, die im Reservat benutzt wurde.«
»›Kann gewesen sein‹?«
»In meiner Sprache bedeutet das, daß es die Waffe ist.«
»Gut«, meinte Wallander. »Das war wichtig für uns.«
»Dann die Fingerabdrücke«, fuhr Nyberg fort. »Auf der Schrotflinte war ein guter rechter Daumen. Auf einem der Weingläser im Reservat fanden wir ebenfalls einen guten Daumen.«
»Denselben?«
»Ja.«
»Haben wir den schon von früher?«
»Nicht in den schwedischen Registern. Aber dieser Daumenabdruck wird um die Welt wandern, bevor wir uns geschlagen geben.«
»Also ist es ein und derselbe Mann«, sagte Wallander langsam. »Dann wissen wir auf jeden Fall das.«
»Auf dem Teleskop in Björklunds Schuppen waren keine Fingerabdrücke. Außer Svedbergs eigenen.«
»Muß das heißen, er hätte das Teleskop selbst dort versteckt?«
»Nicht unbedingt. Wer es getan hat, brauchte ja nur Handschuhe zu tragen.«
»Du sprichst von dem Daumen auf dem Schrotgewehr«, sagte Wallander. »Aber fand sich dieser Daumen auch an anderen Stellen in Svedbergs Wohnung? Wir müssen wissen, wer das Chaos dort angerichtet hat. Ob es der Täter war oder Svedberg selbst. Oder alle beide.«
|348| »Darauf müssen wir noch etwas warten. Aber sie sind dabei, es zu untersuchen.«
Wallander war aufgestanden und hatte sich an die Wand gelehnt. Er spürte, daß es noch mehr gab.
»Was für ein Fabrikat war die Pistole?«
»Die Marke heißt Astra Constable. Es dürfte hierzulande eine ganze Reihe solcher Pistolen geben. In Deutschland sind sie üblich.«
»In Ludvika gestohlen? Und man fand nie einen Verdächtigen?«
»Ich habe mehrmals mit Wester da oben geredet. Er spricht Dalmål und ist zuweilen ein bißchen schwer zu verstehen. Aber er hat alle dazugehörigen Papiere hergeschickt. Die Polizei hat die Sache schließlich ad acta gelegt. Es gab keine Spur. Dagegen verknüpften sie es mit einem anderen Waffendiebstahl ein paar Tage früher in Orsa. Aber auch da hat man keinen Täter gefunden.«
»Waffen sind leicht zu verkaufen.«
»Wir lassen die Pistole gerade durch verschiedene Register laufen, um zu sehen, ob sie vielleicht bei einer anderen Gelegenheit benutzt worden ist. Banküberfälle oder so. Vielleicht ergibt sich da etwas.«
»Auf jeden Fall können wir ausschließen, daß Svedberg in Ludvika und Orsa Einbrüche begangen hat«, meinte Wallander. »Entweder hat er die Waffen gekauft, oder sie gehörten nicht ihm.«
»Wir haben Svedbergs Fingerabdrücke nicht auf dem Schrotgewehr gefunden«, ergänzte Nyberg. »Das kann etwas zu bedeuten haben. Muß es aber nicht.«
»Trotzdem sind wir einen großen Schritt weiter«, sagte Wallander. »Wir wissen, daß wir es mit demselben Täter zu tun haben.«
»Vielleicht sollten wir dem Staatsanwalt einen Zettel schicken und ihm das mitteilen«, meinte Nyberg und lachte. »Dann freut er sich.«
»Oder er ist enttäuscht. Weil wir nicht dem schlechten Ruf entsprechen, den er uns anhängen möchte. Aber selbstverständlich bekommt er einen Bericht.«
Nyberg verließ das Zimmer. Wallander griff zum Telefon und |349| rief in Malmö an. Es gab dort tatsächlich einen Polizisten namens Jan Söderblom. Er war Kriminalinspektor und arbeitete hauptsächlich an Fällen, in denen es um Eigentumsdelikte
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