Wallander 07 - Mittsommermord
System wirklich effektiv zu nutzen.
Er starrte düster in den Papierkorb neben seinem Schreibtisch. Er las das Wort ZWENGDOKS auf einem Blatt Papier, das er kürzlich fortgeworfen hatte.
»Zwengdoks«, sagte er. »Hat das etwas mit diesem neuen System zu tun?«
»Kennst du es?« fragte Martinsson freudig überrascht. »›Zwangsmittel- und Eingreifdokumentationssystem‹?«
»Ich habe davon gehört«, erwiderte Wallander ausweichend.
»Wenn wir erst soweit sind, bringe ich dir alles bei«, beruhigte ihn Martinsson. »Es ist viel einfacher, als du glaubst.«
Martinsson verschwand. Nach ungefähr fünf Minuten kehrte er mit ein paar Schriftstücken in der Hand zurück.
»Sie lagen noch bei mir«, sagte er. »Ein Mißverständnis. Die Leute hören nicht zu.«
Martinsson hastete davon, um sich mit der amerikanischen Polizei in Verbindung zu setzen. Wallander vermutete, daß es via |370| Interpol gehen würde. Oder hatte Schweden direkte Kontakte mit dem FBI? Seine Kenntnisse der internationalen Polizeikontakte waren sehr gering, obwohl er in den letzten Jahren sowohl mit der südafrikanischen als auch mit der lettischen Polizei zusammengearbeitet hatte. Er setzte sich und las die Anzeige, die einmal gegen Karl Evert Svedberg erstattet worden war. Sie datierte vom 19. September 1985, war also mehr als zehn Jahre alt. Ein Mann namens Stig Stridh, wohnhaft in Ystad, hatte die Anzeige erstattet. Sie war mit einer Maschine geschrieben, auf der die E-Taste nicht funktionierte. Stig Stridh hatte folgendes vorgebracht: Am Abend des 24. August war er in seiner Wohnung von seinem Bruder tätlich angegriffen worden. Sein Bruder hatte periodisch Alkoholprobleme und war gekommen, um sich Geld zu leihen. Als Stridh dies ablehnte, war sein Bruder aufgebraust und hatte ihn tätlich angegriffen. Er hatte Stridh zwei Zähne ausgeschlagen und ihm eine tiefe Platzwunde über dem linken Auge beigebracht. Anschließend hatte er die Wohnung demoliert und eine Kamera gestohlen. Nachdem er die Wohnung verlassen hatte, rief Stridh die Polizei an. Zwei Polizisten, von denen einer Andersson hieß, kamen in seine Wohnung und nahmen die Anzeige auf. Dann war Stridh ins Krankenhaus gefahren, wo er behandelt wurde. Als die Anzeige an den Justiz-Ombudsmann geschrieben wurde, war Stridh bereits bei einem Zahnarzt in Behandlung, der ihm zwei Stiftzähne einsetzte. Am 26. August war Stridh zu einem Gespräch mit Karl Evert Svedberg ins Polizeipräsidium bestellt worden. Svedberg hatte ihm mitgeteilt, daß es kaum zur Aufnahme einer Ermittlung kommen würde, da keine Beweise gegen den Bruder vorlägen. Stig Stridh war empört und hatte heftig protestiert. Eine Kamera war gestohlen worden, das Wohnzimmer demoliert. Zwei Polizisten hatten gesehen, wie er zugerichtet worden war. Svedberg hatte jedoch darauf bestanden, daß es keine Ermittlung geben würde. Laut Stridh war der Polizeiassistent Svedberg allgemein unfreundlich gewesen und hatte ihn außerdem in drohendem Tonfall darauf hingewiesen, daß er die eventuellen hohen Kosten eines Verfahrens gegen seinen Bruder tragen müsse. Stridh hatte daraufhin einen Brief an den Polizeipräsidenten von Ystad, Björk, geschrieben und sich über die Behandlung, |371| die ihm zuteil geworden war, beklagt. Einige Tage später hatte der Polizeiassistent Svedberg ihn in seiner Wohnung aufgesucht und war wiederum drohend aufgetreten. Stridh hatte es mit der Angst bekommen. Doch nach einem Gespräch mit Freunden entschloß er sich, eine Anzeige gegen den Polizeiassistenten Svedberg beim Justiz-Ombudsmann zu erstatten. Was er hiermit getan und unterzeichnet hatte.
Wallander las mit wachsender Verwunderung. Daß Svedberg drohend aufgetreten sein sollte, konnte er nicht glauben. Außerdem kam ihm Svedbergs Verhalten ganz allgemein absonderlich vor. Es hatte alle Veranlassung vorgelegen, ein Verfahren einzuleiten und den Bruder vor Gericht zu bringen. Wallander blätterte weiter. Hier war die vom JO angeforderte Stellungnahme Svedbergs, datiert vom 4. November 1985. Sie war sehr kurz. Svedberg wies darauf hin, daß er routinemäßig vorgegangen sei. Er stritt außerdem entschieden ab, in irgendeiner Form drohend aufgetreten oder in anderer Weise von guter Polizeisitte abgewichen zu sein.
Schließlich kam Wallander zur Stellungnahme des JO. Er hatte keinen Grund für eine andere Entscheidung finden können, als die Klagen Stig Stridhs abzuweisen und die Einleitung eines Untersuchungsverfahrens
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