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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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beunruhigen. Er wußte, was es bedeutete, wenn die Polizei anrief. Besonders abends.
    »Ich nehme an, ich spreche mit Lena Normans Mutter?«
    »Ich bin Lillemor Norman.«
    Wallander erinnerte sich an den Namen. »Dieses Gespräch hätte bis morgen warten können«, fuhr er fort. »Aber da ist eine Sache, die ich gern wissen möchte. Die Polizei arbeitet leider zu ungewöhnlichen Tageszeiten.«
    »Womit kann ich Ihnen helfen? Oder wollen Sie vielleicht mit meinem Mann sprechen? Er sitzt bei Lenas Bruder und hilft ihm bei einer Mathematikaufgabe.«
    Wallander wunderte sich über die Antwort. Er hätte nicht gedacht, daß Schüler noch Hausaufgaben machen mußten.
    »Das ist nicht nötig«, sagte er. »Eigentlich möchte ich nur eine Handschriftenprobe von Lena sehen. Haben Sie vielleicht einen Brief von ihr zu Hause?«
    »Abgesehen von den Postkarten ist nichts gekommen. Ich dachte, die Polizei wüßte das.«
    »Ich meine, einen anderen Brief. Von früher.«
    »Warum wollen Sie den sehen?«
    »Eine Routinemaßnahme. Wir vergleichen Handschriften. Sonst nichts. Es ist nicht einmal besonders wichtig.«
    »Ruft die Polizei wirklich noch abends wegen so etwas an? Wenn es nicht wichtig ist?«
    Eva Hillström hat Angst, dachte Wallander. Lillemor Norman dagegen ist mißtrauisch.
    »Können Sie mir dabei behilflich sein?«
    »Ich habe viele Briefe von Lena.«
    »Einer reicht. Eine halbe Seite ist genug.«
    »Ich suche ihn raus. Kommt jemand, um ihn zu holen?«
    »Ich komme selbst vorbei. In zwanzig Minuten kann ich bei Ihnen sein.«
    Anschließend suchte Wallander weiter im Telefonbuch. In |53| Simrishamn gab es nur einen Eintrag mit dem Namen Boge. Einen Wirtschaftsprüfer. Wallander wählte die Nummer und wartete ungeduldig. Als er auflegen wollte, wurde doch noch abgenommen.
    »Klas Boge.«
    Es war eine junge Stimme. Wallander nahm an, daß es sich um Martin Boges Bruder handelte. Er sagte, wer er war.
    »Sind deine Eltern zu Hause?«
    »Ich bin allein. Sie sind bei einem Essen im Golfclub.«
    Wallander wußte nicht recht, ob er weiterfragen sollte. Doch der Junge machte einen wachen Eindruck.
    »Hat dein Bruder Martin dir vielleicht einmal Briefe geschrieben? Die du aufgehoben hast?«
    »Nicht jetzt im Sommer. Aus Hamburg oder so.«
    »Aber früher vielleicht?«
    Der Junge dachte nach. »Ich habe einen Brief, den er mir im letzten Jahr aus den USA geschrieben hat.«
    »Ist der mit der Hand geschrieben?«
    »Ja.«
    Wallander überlegte. Sollte er sich in den Wagen setzen und nach Simrishamn fahren? Oder bis morgen warten?
    »Warum wollen Sie einen Brief lesen, den mein Bruder geschrieben hat?«
    »Ich will nur die Handschrift sehen.«
    »Dann kann ich ihn ja rüberfaxen. Wenn es eilig ist.«
    Der Junge dachte rasch. Wallander gab ihm eine der Faxnummern des Polizeipräsidiums.
    »Ich möchte, daß du deinen Eltern von meinem Anruf erzählst«, sagte er dann.
    »Ich hoffe, ich schlafe, wenn sie nach Hause kommen.«
    »Du kannst es ihnen doch morgen früh erzählen?«
    »Der Brief von Martin war an mich.«
    »Es ist besser, du erzählst ihnen trotzdem davon«, wiederholte Wallander geduldig.
    »Martin und die anderen kommen sicher bald zurück«, sagte der Junge. »Ich versteh’ nicht, warum die Hillström sich so aufregt. Sie ruft jeden Tag hier an.«
    |54| »Aber deine Eltern sind nicht beunruhigt?«
    »Die finden es eher schön, daß Martin weg ist. Zumindest mein Vater.«
    Wallander wartete verwundert auf eine Fortsetzung. Aber es kam keine.
    »Vielen Dank für die Hilfe«, sagte er.
    »Das ist wie ein Spiel«, sagte der Junge.
    »Ein Spiel?«
    »Sie gehen in verschiedene Zeiten. Verkleiden sich. Wie man als Kind spielt. Obwohl man erwachsen ist.«
    »Ich glaube, ich verstehe nicht richtig, was du meinst«, sagte Wallander.
    »Sie spielen Rollen. Aber nicht in Theaterstücken. Sondern in der Wirklichkeit. Vielleicht sind sie nach Europa gereist, um irgend etwas zu suchen, was es nicht gibt.«
    »Also das haben sie gemacht. Gespielt? Aber ein Mittsommerfest ist kein Spiel. Da ißt man und tanzt.«
    »Und trinkt«, unterbrach der Junge. »Aber wenn man sich verkleidet, wird doch noch mehr daraus. Oder?«
    »Und das haben sie gemacht?«
    »Ja. Aber eigentlich weiß ich nichts davon. Es war geheim. Martin hat nicht viel erzählt.«
    Wallander ahnte mehr, als daß er verstand, was der Junge meinte.
    Er sah auf die Uhr. Lillemor Norman würde bald auf ihn warten.
    »Vielen Dank noch mal. Vergiß nicht, deinen Eltern zu

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